Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Lory's Dracula: Draculas Todeskuss (The Witching of Dracula)

Lory's DraculaDraculas Todeskuss (Dracula's Lost World)

Graf Dracula ist die Figur des Vampirs schlechthin und diente als Vorlage für zahllose Filme, Romane und Kurzgeschichten. Wie bei Sherlock Holmes und den Drei Musketieren ist der Wiedererkennungswert beim Publikum sofort gegeben. Da ist es eigentlich kein Wunder, dass die Redaktion des »Vampir Horror Roman« auf der Suche nach Material für ihre neue Taschenbuchreihe »Vampir Horror Taschenbuch« eine amerikanische Serie über den untoten Blutsauger aus Transsylvanien einkaufte, die kurz zuvor 1973 auf den Markt gekommen war.

Draculas Todeskuss (The Witching of Dracula)In Band 7 der "Dracula Horror Series", der deutschen Nr. 6 dank der Auslassung des Vorbandes, geht es nach Südamerika. Das Ziel ist Eldorado, die sagenhafte Goldstadt.

Der wie immer gestrichene Prolog ist ein Auszug aus der Dokumentation von Sir Giles Stanby, verfasst 1716. In "Meine Abenteuer in den Wilden Neuen Ländern" erzählt Stanby von der Goldstadt, die er im Dschungel gefunden hat.

New York City. Der Historiker Thurlow und seine Frau werden in ihrer Wohnung ermordet. Die Täter sind die schöne Pala und ihre beiden Henkersknechte El Toro – im Original El Cobra - und Santos. Sie sind hinter einem seltenen historischen Manuskript her, dem Schatzbuch von Giles Stanby. Aber das hat Thurlow weitergegeben.

Kurz darauf wird Cameron Sanchez mal wieder zu Hause verhaftet. Wegen Mordes. Detective Navarre, der es schon ewig auf Sanchez abgesehen hat, (Bd.3) hält ihn für Thurlows Mörder. Denn er hat große Ähnlichkeit mit Santos. Während Professor Harmons Anwalt ihn rausholt, entdeckt Harmon, dass sich eine Ausgabe des Manuskripts bei ihm befindet. Es geht um Eldorado und finstere Wesen.

In der Zwischenzeit ist Pala hinter dem derzeitigen Besitzer von Thurlows Ausgabe her. Einem Schriftsteller. Sanchez und Ktara kommen zu spät, der Schriftsteller wird ermordet. Die Mörder können flüchten, dummerweise hat es den Anschein, als hätte Cameron die Tat begangen. Diesmal vor den Augen der Polizei, die ihn beschattet hat.

Harmon holt Graf Dracula aus dem Sarg. Nach der Lektüre des Manuskripts kennt er Stanbys unglaubliche Geschichte. Stanby erleidet 1680 Schiffbruch in Südamerika. Dank seiner für die Ureinwohner seltsamen Hautfarbe bringt man ihn in ein Dorf, das für die Stämme der Umgebung tabu ist. Hier wird Gold gehortet. Der Häuptling des Dorfes wird Kabaya genannt. Er hat hier die Macht, ist aber nur der Untertan eines anderen Weißen namens Dracu, der in Begleitung einer schwarz gekleideten Frau ist. Und Blut trinkt. Stanby gelingt zusammen mit einer schönen Indianerin namens Pala die Flucht. Ohne sein Wissen hat sie ein goldenes magisches Artefakt gestohlen. Die beiden werden getrennt, Jahre später schreibt Stanby wieder in Europa seine Erlebnisse nieder.

Harmon erkennt sofort, dass es erneut um Draculas gehortetes Gold geht, mit dem er Waffen gegen die ominösen Alten Götter schmiedet. Ktara hat den Tatort mit ihren Kräften ausgelesen und steuert den Rest der Geschichte bei. Pala ist Nachkomme der ursprünglichen Pala und im Besitz des Artefakts. Nun will sie Kabayas Dorf finden und dort die Macht ergreifen. Aber sie hat keine Ahnung, dass Kabaya noch immer derselbe Häuptling ist, der von Dracula als Wächter eingesetzt und unsterblich gemacht wurde.

Das Harmon-Team macht sich auf nach Südamerika. Dracula will sein Geheimnis wahren, Harmon will Pala zurück nach New York bringen, um seinen Assistenten von der Mordanklage zu befreien. Unterwegs stellt sich heraus, dass Pala durch das Artefakt übernatürliche Kräfte entwickelt. In der Zwischenzeit hat sich Kabaya aber weiterentwickelt und schützt sich mit goldenen Kreuzen vor seinem Meister. Eine besonders große Ausgabe steht auf der Pyramide, von der er regiert.

Pala scheitert kläglich bei dem Versuch, Kabaya umzubringen. Der Hüne erweist sich als unverletzlich. Ohne zu zögern wechselt sie die Seiten und wirft Santos, der ihr Mann ist, in einen Brunnen mit Piranhas, um dann Kabayas Gefährtin zu  werden.

Harmon, Sanchez und Ktara werden gefangen genommen. Nach dem üblichen Gerangel kann Sanchez flüchten, aber Kabaya hat sich auch gegen Ktaras Fähigkeiten geschützt. Er will Dracula in die Falle locken und vernichten. Seine Leute finden den versteckten Sarg und pfählen den Vampir, den sie dann ins Dorf bringen. Harmon wird in den Piranhabrunnen gehängt und Ktara muss mit ihren Kräften dafür sorgen, dass er nicht hineinstürzt.

Sanchez gerät mit El Toro zusammen, der ihn fangen soll. Er überwältigt ihn, dann stößt er auf den Trupp, der den Sarg ins Dorf bringt. Schwer verletzt durch einen vergifteten Speer tötet er die Indianer und kann den Pflock aus Draculas Brust entfernen. Der Vampir erwacht und tötet El Toro, bevor er den sterbenden Sanchez zurücklässt.

Dracula fliegt zum Dorf, aber das Goldkreuz wehrt ihn ab. Mit letzter Kraft sorgt Ktara für einen Wolkenbruch, ein Blitz zerstört das Kreuz. Dracula bestraft Kabaya, indem er ihm die Unsterblichkeit nimmt. In Sekunden verwandelt er sich in ein Häufchen Staub. Ktara rettet den Professor und Sanchez.

Zurück in New York legt Pala ein Geständnis ab. Sanchez wird entlastet. In der Zelle erhält Pala einen Besuch von Dracula, den sie nicht überlebt.

Draculas Todeskuss (The Witching of Dracula)Bewertung:
Im siebten Band der Dracula-Serie folgt Robert Lory weiter dem zuvor eingeschlagenen Pfad. Erneut geht es um eine Altlast aus Draculas Vergangenheit, diesmal um sein Goldversteck in Eldorado. Das von einem Unsterblichen beschützt wird. Es ist eine natürliche Entwicklung in der Serie, nach der Voodoo-Geschichte und der übernatürlichen Sabor/Bathory konnte der Autor thematisch unmöglich wieder zu irgendwelchen Gangstern zurückkehren. Das Thema war endgültig abgegrast.

So fadenscheinig der Aufmacher mit Pala und ihren Plänen auch ist, gibt sich Lory dennoch große Mühe, eine spannende Geschichte daraus zu basteln. Mit Kommandounternehmen in der Wildnis hatte er bereits Erfahrung; schließlich war das das Konzept von Protoagent John Eagle, wie er auf Deutsch hieß, eine weitere Serie aus dem Haus Engel. In den Jahren schrieb Lory sowohl die Dracula-Serie wie auch Romane für John Eagle, Expeditor.

"Dracula's Lost World" – der Titel ist im Original eine nette Anspielung an die diversen Pulpromane um verschollene Zivilisationen irgendwo im Dschungel, wie sie vor allem E.R.Burroughs populär gemacht hat – hat die gleichen Stärken und Schwächen wie die vorherigen Romane.

Es ist actionreich und mit netten, farbigen Ideen. Eldorado als weiterer Goldhort des Vampirs ist originell. Es bleibt effektiv, dass der Autor Draculas Fähigkeiten nicht übererklärt, der hier sogar auch ohne Vampirbiss Unsterbliche produziert. Es ist eine gelungene Dracula-Version, die den Vampir aus dem üblichen Gothic-Umfeld holt und ihn praktisch zu einem Einsamen der Zeit mit einem Auftrag macht. Sie funktioniert vor allem, weil die Nebencharaktere so gelungen sind. Vor allem Ktara ist eine gleichbleibend starke Figur, die einerseits die Handlung fast schon dominiert, andererseits aber unaufdringlich für die nötige Exposition sorgt. Sein Ensemble hat Lory im Griff.

Ein Problem ist wie immer die Übermacht der Vampirfigur, sie reduziert ihn letztlich zu einem eher langweiligen Deus ex machina. Um dem entgegenzusteuern werden immer kompliziertere Handlungskniffe nötig, um trotzdem wenigstens für etwas Spannung zu sorgen. Auch die sadistischen Spielchen des Vampirs mit seinen Opfern fangen langsam an, eher ermüdend zu wirken. Auch wenn Lory hier noch einmal die Kurve kriegt, indem er sich Dracula an dem armen Cameron Sanchez austoben lässt. "Ich wünsche Ihnen einen guten Abend, Mr. Sanchez! Vielleicht sollte ich auch noch sagen: sterben Sie wohl, aber das klingt zu traurig, und ich möchte meine Zeit lieber erfreulichen Gedanken widmen", sagt da Dracula zu dem sterbenden Sanchez, der ihn gerade gerettet hat. Als alter Genre-Fan hört man im Geist da Vincent Price süffisant sprechen. Sanchez ist hier endgültig zum Sandsack der Serie geworden, obwohl man durchaus auch der Ansicht sein könnte, dass der Zug schon vor ein paar Bändern abgefahren ist. Zwar wird er hier einmal nicht von seinen Gegnern überwältig, dafür darf er beinahe an Indianergift sterben.

Diesmal kann sich die deutsche Ausgabe nicht davor drücken, die Motivation für Draculas Goldhorterei zu präsentieren. Aber das verpufft völlig, da dem Leser die Informationen aus den Vorbänden fehlen. Lory hält sich nicht mit langen Erklärungen auf, sondern verlässt sich darauf, dass der Leser die Vorbände kennt, und erwähnt es eher nebenbei. Für den deutschen Leser ist das alles neu, aber es wirkt an dieser Stelle so lapidar, dass es keine Dramatik mehr hat.

Ansonsten sind die nötigen Umfangskürzungen nicht erwähnenswert. Schon das Original ist bei der Gewalt ziemlich zurückhaltend, auch da gab es nicht viel zu kürzen.

Das deutsche Titelbild ist mutmaßlich Nikolai Lutohins erster Verkauf an Pabel. Zwar absolut beliebig passt es zufällig zur letzten Szene im Roman, also ist es nicht schlecht gewählt. Dafür ist der Titel genauso beliebig. Offenbar war "Draculas Verlorene Welt" der Redaktion nicht knackig genug.

Der Erfolg der Serie schien auch nachzulassen. In England war mit dem Vorband Schluss gewesen, damit erschienen die Romane nur noch in Amerika und Deutschland.

Das Original:
Dracula's Lost World
The Dracula Horror Series #7
Robert Lory
Copyright 1974 by Lyle Kenyon Engel
(Dezember 1974)
181 Seiten
Pinnacle Books, New York

Pabel:
Draculas Todeskuss
Vampir Horror Taschenbuch 35
von Robert Lory
(Mai 1976)
145 Seiten
Pabel, 1976

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles