Ein Backstein aus Papier - »Facing Goliath«
Ein Backstein aus Papier
»Facing Goliath«
In dieser Welt trifft der Leser auf Emilia, Anna, Mark und Sven – ein Grüppchen, das charakterlich unterschiedlicher nicht sein könnte. Dennoch finden sie zusammen und müssen versuchen gemeinsam in diesem apokalyptischen Umfeld zu überleben.
Zuerst einmal, sei erwähnt, dass man sich mit diesem Buch problemlos gegen die Kannibalen würde verteidigen können, denn es ist mit seinen 600+ Seiten ein wahrer Backstein aus Papier.
Als zweites mag dann sicherlich die Frage aufkommen „Wie will man so eine Story über so viele Seiten strecken, ohne sich zu wiederholen? Und es gibt auch noch Teil 2, der genau so umfangreich ist!“.
Die Antwort auf diese Frage ist relativ einfach: Indem man eine ausgewogene Mischung aus Action, Weltenerschaffung und Charakterbildung anbietet.
M.E. Pandura nutzt den Umfang des Buches geschickt aus, um den Leser zuerst an die Figuren emotional andocken zu lassen – denn da ist für jeden Geschmack etwas dabei – um dann mit den Protagonisten und Kannibalen ein angenehmes Katz- und Maus-Spiel zu veranstalten.
Auch spart sie sich das Vorgeplänkel auf, denn bereits auf Seite Vierzehn macht man mit dem ersten Kannibalen Bekanntschaft. Danach teilt sich die Erzählung in zwei Ebenen auf. Die eine wird von Emilia, einer Österreicherin mit eigenem Bauernhof, bestritten, und die zweite von Mark, einem Sozialarbeiter aus NRW, den es nach Österreich verschlägt. Ebenfalls spielt auf Emilias Ebene deren beste Freundin Anna eine große Rolle, welche auf Marks Ebene von dessen bestem Freund Sven ausgefüllt wird.
Zwar ist „Facing Goliath“ eine Dystopie, doch möchte ich sie nicht zur denen mit härterer Gangart zählen. Sicherlich werden Menschen gefressen was das rennende Büffet nur hergibt, es werden Kinder getötet und auch sonst ist M.E. Pandura nicht zimperlich mit der Darstellung von Gewalt. Doch schafft sie es vollkommen ohne Splatter und Gore auszukommen, indem sie sich mehr auf die soziale Komponente des Weltuntergangs konzentriert, statt auf das heraufbringen des Mageninhaltes des Lesers.
Emilia erinnerte mich mit ihren beiden Äxten ein wenig an Lady Sybil Ramkin von der Wache aus Terry Pratchetts Discworld. Und die Fantasy ist ein fester Bestandteil der ganzen Geschichte, denn immer wieder lesen die Figuren Fantasy-Bücher, oder das Genre wird irgendwie erwähnt. Auch scheint mir Emilia autobiographische Züge zu haben, denn gerade dieser Charakter ist extrem ausgearbeitet. Nicht dass es den restlichen drei Hauptprotagonisten an Tiefe fehlen würde, ganz im Gegenteil, aber gerade Emilia wirkt besonders lebendig und kann mit ihrer Gedankenwelt sehr leicht nachvollzogen werden.
Man sollte sich also bewusst darüber sein, dass man hier keine kurz angebundene Zombiehatz mit viel Splatter und Gore angeboten bekommt, sondern eine gut durchdachte und eindrucksvoll durchdachte Darstellung eines Lebens nach dem Untergang der Zivilisation. Wer sich jedoch die Zeit nimm, zusammen mit dem Quartett durch das apokalyptische Österreich zu streifen, der wird mit guter Unterhaltung bis zur letzten Seite belohnt.
Fortsetzung folgt…