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Ein Roman der Grenzen sprengt - Frank Schätzings "Limit"

Frank Schätzings LimitEin Roman, der Grenzen sprengt
Anmerkungen zu Frank Schätzings neuem Thriller »Limit«

Ein Buch mit mehr als 1.300 eng bedruckten Seiten. Das ist sogar für jemanden, der so viel und so schnell liest wie ich, eine echte Herausforderung. Hätte mir zu Beginn der Lektüre jemand gesagt, dass ich den Roman – trotz einiger unaufschiebbarer Verpflichtungen sowie ausreichend Zeit für Schlafen, Essen und die sonstigen alltäglichen Bedürfnissen – innerhalb von gerade einmal vier Tagen komplett durchlesen würde, ich hätte laut gelacht.

Und doch ist genau das geschehen. Kaum hatte ich mich in Frank Schätzings neuen Thriller »Limit« vertieft, fiel es mir ungeheuer schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Ich habe nun wirklich schon eine ganze Menge gelesen, darunter viele erstklassige, bisweilen wahrhaft meisterliche Romane. Doch selten hat mich ein Werk derart in seinen Bann gezogen wie »Limit«. Der SF-Thriller ist zweifellos eines der fünf besten Bücher, die ich je lesen durfte.

Limit»Limit« – Inhalt
»Limit« gliedert sich im Großen und Ganzen in drei Handlungsstränge, die natürlich alle miteinander verbunden sind, lange Zeit jedoch weitestgehend unabhängig voneinander ablaufen. Allen gemein, so hat es zu nächst den Anschein, ist nur das Grundkonzept der Buchs.

Grundkonzept: Man schreibt das Jahr 2025. Neue Technologien haben das Bild der Welt, wie wir es heute kennen, tiefgreifend verändert. Auf dem Mond wurde eine Substanz namens Helium 3 entdeckt, welche die Energiebranche revolutionierte und den Markt der fossilen Energieträger quasi über Nacht zusammenbrechen ließ. Dank bahnbrechender Entwicklungen im Bereich der Raumfahrt ist es möglich, den kostbaren Rohstoff kostengünstig abzubauen und zur Erde zu transportieren. Zumindest für die Amerikaner, die einen Vertrag mit dem genialen Geschäftsmann Julian Orley geschlossen haben. Dieser besitzt eine Reihe von Patenten, angefangen mit dem für einen Weltraumfahrstuhl bis hin zu einem Patent auf die Reaktoren, in denen Helium 3 zum Einsatz kommt, dank derer er im Grunde ein Monopol auf die Energieerzeugung mit der Mondsubstanz hat. Vielen anderen Nationen, die ebenfalls versuchen, ihren Energiebedarf über Helium 3 zu decken, ist das natürlich gar nicht recht. Insbesondere den Chinesen ist Orleys Starrköpfigkeit, was die Geheimhaltung der von ihm patentierten Technologien anbelangt, ein Dorn im Auge.

So viel zum allgemeinen Hintergrund. Kommen wir zu den einzelnen Handlungssträngen. Diese lassen sich nochmal in eine Vielzahl miteinander verwobener kleinerer Geschichten unterteilen. Doch diese alle im Einzelnen aufzuführen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, weshalb ich im Folgenden nur einen groben Überblick geben möchte.

Storyline Nummer 1: Die Mond-Mission. Julian Orley mag die Weltenergieversorgung revolutioniert haben und sie in weiten Teilen regelrecht beherrschen, doch dem enthusiastischen Geschäftsmann ist das noch lange nicht genug. Sein immer weiter expandierendes Firmenimperium hat noch eine ganze Reihe weiterer Projekte realisiert, darunter auch den Bau eines Mondhotels, das im Mai 2025 endlich fertiggestellt wird. Zur Einweihung des Komplexes lädt Orley eine illustre Schar bekannter Persönlichkeiten und visionärer Milliardäre ein, die er als Fürsprecher und Finanziers für zukünftige Mondprojekte gewinnen will. Doch was als faszinierender Abenteuerurlaub beginnt, entwickelt sich bald zu einem furchtbaren Albtraum.

Storyline Nummer 2: Der Cyber-Detective. Dieser trägt den Namen Owen Jericho, lebt in Shanghai und geht hier kriminellen Machenschaften im weltweiten Netz auf den Grund. Als ihn ein alter Freund im Namen eines Bekannten bittet, dessen verschwundene Tochter zu suchen, ist Jericho zunächst ein wenig verwundert – warum soll gerade er, ein Spezialist für digitale Kriminalität, eine vermisste junge Frau aufstöbern? –, doch er willigt ein. Allzu bald allerdings wird ihm klar, dass der Auftrag, auf den er sich da eingelassen hat, weitaus größere Dimensionen besitzt, als er zunächst angenommen hat. Gejagt von eiskalten Killern und einer geheimnisvollen Schattenmacht, muss er, wenn er lebend aus der Sache herauskommen will, eine Verschwörung aufdecken, die einen geradezu ungeheuerlichen Plan verfolgt.

Storyline 3: Die Journalisten. Ihr Name ist Loreena Keowa, und eigentlich ist sie Star-Reporterin eines bekannten Umweltsenders. Als Sie allerdings die Möglichkeit bekommt, in einem unaufgeklärten Mordanschlag zu ermitteln, stellt sie sich der Herausforderung – und löst dadurch eine Reihe verhängnisvoller Entwicklungen aus.

Man schreibt den 19. Mai 2025. Es ist der Tag, an dem sich eine Gruppe von Weltraumtouristen zum ersten Urlaub auf dem Mond zusammenfindet. Es ist aber auch der Tag, an dem ein Desaster seinen Lauf nimmt, das das Antlitz der Welt für immer verändern könnte.

»Limit« – Ein Buch, das Grenzen sprengt
Als ich »Limit« das erste Mal zur Hand nahm, hatte ich allenfalls eine vage Vorstellung davon, was mich erwarten würde. Ich hatte mich auf einen packenden SF-Thriller voll interessanter Charaktere und fesselnder Storylines gefreut, auf einen dramatischen Spannungsroman vor der exotischen Kulisse einer nahen Zukunft.

All das bekam ich auch geboten – und wurde dennoch überrascht. Denn »Limit« ist weit mehr als „bloߓ ein SF-Roman. »Limit« ist ein Werk, das Grenzen sprengt. Und das nicht nur seines ungeheuren Umfangs wegen. Schätzing hat ein monumentales Epos über eine nahe Zukunft geschrieben, ein Meisterwerk, das an erzählerischer Dichte und Wucht seinesgleichen sucht.

Frank Schätzing»Limit« – Was den Leser erwartet
»Limit«, ein Buch für jedermann? Selbst ich als jemand, den der Roman in unnachahmlicher Art und Weise in seinen Bann geschlagen hat, kann da nur sagen: Mit Sicherheit nicht.

Alleine der gewaltige Umfang des Buchs sorgt schon dafür, dass »Limit« nicht für jeden Lesertyp geeignet ist. Eines sollte man sich von Beginn an bewusst machen: So ungemein gut und aufregend die erzählte Geschichte auch sein mag, sie ist zunächst einmal vor allem eines: lang. Wer nicht gewohnt ist, auch mal Romane zu lesen, die mehr als 500 Seiten umfassen, oder wer ganz allgemein eher selten zum geschriebenen Wort greift, der wird an »Limit« verzweifeln. Und auch all jene Freunde von Spannungsunterhaltung, die ausschließlich die kurzen Kapitel im Stile eines Dan Brown, rasante Szenenwechsel wie in »CSI« und anderen aktuellen TV-Serien, sowie neue Enthüllungen und Cliffhanger auf jeder zweiten Buchseite gewohnt sind, werden mit »Limit« ihre liebe Mühe haben.

Schätzing weiß, dass er Platz hat. Das nutzt er auch in vollem Umfang aus. Nicht etwa durch langatmige Beschreibungen von immer gleichen Mondlandschaften und ähnlichem, oh nein! Doch er rattert die Geschichte, die er erzählen möchte, nicht einfach einem Maschinengewehr gleich herunter, sondern nimmt sich Zeit, den Hintergrund eben dieser Geschichte auszugestalten.

Auf was also lässt man sich ein, wenn man sich an die Lektüre von »Limit« heranwagt? Im Folgenden möchte ich Euch einige der Besonderheiten des Romans kurz vorstellen:

  • Zeit für Hintergründe
    Wie gerade erwähnt, erzählt Schätzing nicht einfach eine x-beliebige SF-Story, die einzig und alleine auf kurzweilige Action und schockierende Thrillermomente baut. Versteht das nicht falsch, solche Passagen finden sich in »Limit« durchaus, und das alles andere als selten. Doch das, was man im Allgemeinen als „Handlung“ bezeichnet, macht nur einen Teil des Romans aus.
    »Limit«, das muss man sich klar machen, ist das Porträt einer zukünftigen Gesellschaft, mehr noch, das Porträt einer Welt voll erstaunlicher Technik und verblüffender Entwicklungen und Fortschritte, aber auch einer Welt voll Schatten und unlösbarer Probleme. Schätzing zeichnet ein ausführliches, stimmungsvolles Bild dieser Welt. Er fängt ihre dunklen Seiten dabei ebenso ein wie ihre faszinierenden Eigenheiten.
    Um diesen Eindruck adäquat zu vermitteln, bedient er sich einer Vielzahl unterschiedlicher Stilmittel. Mal webt er in spannender Art und Weise geschichtliche Ereignisse in die Handlung ein (wobei insbesondere die Geschehnisse zwischen 2010 und 2025 zu faszinieren wissen), mal verschafft er dem Leser Einblick in die Funktionsweise erstaunlicher Technologien. Schätzing gibt seinen Protagonisten ein Gesicht, indem er schildert, wie sie zu dem geworden sind, was sie bei Beginn der Romanhandlung eben sind. Er beschreibt Städte und Stadtviertel, setzt sich mit religiösen und philosophischen Fragen auseinander, und, und, und. Kurzum: Schätzing verschafft seiner Handlungen einen außergewöhnlich umfassenden Hintergrund. Ein derart vielschichtiges, sorgsam ausgestaltetes Bild eines Romanuniversums findet man selten.
    Die Art, wie Schätzing den Plot vermittelt, hat zur Folge, dass es im Roman trotz vielfältiger Actionszenen eben nicht ständig hoppla-hopp zur Sache geht. Zeitweilig kommt die eigentliche Handlung zugunsten von Background-Infos weitestgehend zum Erliegen. Störend wirkt dies aber ganz und gar nicht. Es sind vielmehr gerade diese Hintergründe, die »Limit« so einzigartig machen. Sie sorgen dafür, dass der Leser einen Eindruck von einem Kosmos erhält, der tiefgreifender und umfangreicher ist, als man es von anderen Geschichten her kennt. Der Atmosphäre des Romans ist dies natürlich äußerst zuträglich. Ich kenne kaum ein Buch, das es in dieser Hinsicht mit »Limit« aufnehmen kann.

  • Gewaltige Genrevielfalt
    Im Kern mag »Limit« ein SF-Thriller sein, doch eigentlich ist der Roman so viel mehr als das. Schätzing verknüpft die besten Aspekte aus einer Vielzahl unterschiedlicher Genres. »Limit« ist ebenso ein Krimi wie ein Cyberthriller, ein Katastrophen- wie ein Ensembledrama und noch vieles mehr. Was leicht zu einem unausgegorenen Gemenge hätte verkommen können, erweist sich bei Schätzing als erfrischender, dynamischer Mix, der den ohnehin schon vielseitigen Roman um weitere illustre Facetten bereichert.
    Viel zu oft erlebt man, dass das Verquicken von Genres in wildem Trash endet. Schätzing beweist, dass ein harmonisches Verschmelzen unterschiedlicher Literaturgattungen tatsächlich zu einer stimmigen Einheit führen kann – selbst dann, wenn man sich mehr als nur zweier oder dreier Genres bedient.

  • Komplexe Handlungsstränge
    Ebenso vielfältig wie der Einsatz von Elementen aus verschiedensten Genres gestaltet sich auch das Geflecht der einzelnen Storylines, aus denen sich die Handlung von »Limit« zusammensetzt.
    Zu Beginn habe ich ja bereits erwähnt, dass »Limit« im wesentlichen in drei Handlungsstränge untergliedert ist. In diesen tauchen wiederum eine Vielzahl von Personen auf, die allesamt eigene Erlebnisse haben, welche Schätzing mal mehr, mal weniger ausführlich in Szene setzt. Alles in allem ergibt sich so eine Fülle eigenständiger, letzten Endes aber doch miteinander verbundener, kleinerer und größerer Storyarcs.
    Das mutet auf den ersten Blick kompliziert an. An »Limit« lässt sich allerdings wunderbar festmachen, dass „komplex“ und „kompliziert“ nicht zwangsläufig dasselbe bedeuten. Denn während die Handlung des Romans zweifelsohne ersteres ist, kann man letzteres nicht von ihr behaupten. Mitunter undurchsichtig und unvorhersehbar, ja, aber nicht kompliziert.
    Im Laufe der Lektüre wird der Leser mit einer großen Menge unterschiedlicher Informationen, Personen und Ereignissen konfrontiert. Gerade zu Beginn, wenn man mit den Gegebenheiten noch nicht ganz so vertraut ist, kann man da leicht den Überblick verlieren, wer nun gerade wer ist und welche Bedeutung besagte Person für die Geschichte hat. Doch hat man sich (gelegentlich unter Zuhilfenahme des übersichtlichen Personenregisters am Endes des Buchs) erst einmal in die Story eingelesen, wird man keinerlei Mühe haben, der Handlung zu folgen und kann sich voll und ganz auf den durchdachten, vielschichtigen Plot einlassen, den Schätzing sich hat einfallen lassen und den er aus den verschiedensten Perspektiven zum Besten gibt.

  • Ironische Untertöne
    Wie schon »Der Schwarm« ist auch »Limit« hervorragend geschrieben. Schätzing versteht es, mit Worten umzugehen und einzig mit diesen ein vielschichtiges Universum lebendig werden zu lassen und eine spannungsvolle Atmosphäre zu erzeugen. Der Roman liest sich praktisch von alleine.
    Geradezu genial sind die ironischen Untertöne, die Schätzing mit schöner Regelmäßigkeit anschlägt. Wann immer die Sprache auf die Folgen menschlicher Idiotie kommt, würzt Schätzing diese Passagen mit einer wohl dosierten Prise Ironie. Ein echtes Highlight in diesem Zusammenhang findet sich gleich zu Beginn des Romans, wenn die Auseinandersetzungen zwischen China und Amerika infolge von Unstimmigkeiten bei der Erschließung der Rohstoffquellen auf dem Mond geschildert werden. Herrlich, wie Schätzing hier bissig Seitenhiebe austeilt. Wer intelligente Gesellschaftskritik zu schätzen weiß, wird seine helle Freude an »Limit« haben.

Dass »Limit« darüber hinaus über ein erstklassig durchdachtes Figurenensemble mit exzellent gezeichneten Charaktere verfügt, die Story mit so mancher überraschender Wendung und einer im Grunde schlichten, nichtsdestotrotz aber genialen Auflösung aufwartet und das Buch von der Aufmachung her vollends zu überzeugen weiß (Schutzumschlag, Lesebändchen, Lesezeichen, ansprechendes Cover, Mondkarte, ausführliches Personenregister), sei hier nur kurz noch hinzugefügt.

»Limit« - Eine ganz subjektive Einschätzung

Zu sagen, dass man an »Limit« nichts aussetzen könnte, wäre gelogen. Vielen dürfte der Roman schlichtweg zu lang sein, zu reich an Details, die nicht unmittelbar für ein Vorankommen der Handlung sorgen. Von der Struktur her erinnert das Buch den ein oder anderen vermutlich allzu stark an »Der Schwarm«, samt dem ausufernden Katastrophenszenario im letzten Viertel des Romans, das schon Schätzings vorherigem Bestseller einige kritische Worte eingebracht hat. Auch die Tatsache, dass der Roman im Mittelteil für viele hundert Seiten so gut wie gar nicht auf dem Mond spielt, sondern sich fast ausschließlich auf die Storyline um Owen Jericho konzentriert, dürfte manchem Leser sauer aufstoßen.

Mich persönlich allerdings hat das nicht gestört. Absolut nicht.

Wenn man von einem Roman derart begeistert ist, wie ich es von »Limit« bin, dann fällte es einem immer schwer, ein möglichst neutrales Urteil abzugeben. Aus diesem Grund versuche ich es diesmal gar nicht erst. Das, was Euch erwartet, habe ich Euch zuvor dargelegt. Ob Euch das anspricht, das kann ich natürlich nicht beurteilen.

Mich auf jeden Fall hat es angesprochen. Und wie es das hat!!!

»Limit« ist ein Meisterwerk. Ein Roman, der unter die Haut geht, ein Buch, das man nicht mehr vergessen kann und auch gar nicht mehr vergessen will. Schätzing hat ein bild- und wortgewaltiges Epos geschaffen, wie man es nur in Ausnahmefällen zu Gesicht bekommt.

Leichte Lektüre ist »Limit« auf keinen Fall. Doch wer bereit ist, sich auf dieses 1.300 Seiten starke Werk einzulassen, der wir es nicht bereuen. Ein atemberaubendes Abenteuer wartet auf den Leser, ein Trip in einen Kosmos, wie man ihn in dieser Vielschichtigkeit und diesem Detailreichtum nur selten zu sehen bekommen hat.

»Limit« ist fraglos das Highlight dieses Jahres. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mich in naher Zukunft ein anderes Buch derart packt und so sehr in Atem hält wie der neue Schätzing.

LimitWas! Für!! Ein!!! Roman!!!!

Daten zum Buch

Limit
von Frank Schätzing
erschienen: Herbst 2009 (Deutschland)
1320 Seiten; 26,00 €
ISBN: 978-3462037043
Kiepenheuer & Witsch

Kommentare  

#1 Christian Montillon 2009-10-13 07:22
Puh, Jochen, da kann man ja kaum widerstehen ...
#2 Cartwing 2009-10-13 08:11
Das sehe ich auch so.
Habe den Artikel zwar nur abschnittsweise gelesen, da ich noch nichts genaueres über den Inhalt wissen möchte, aber deine Begeisterung ist ja kaum zu übersehen.
Schade, habe gerade erst Clive Barkers "Weaveworld" angefangen. und wie lange ich für die "nur" 700 Seiten brauche, sag ich mal lieber nicht...
#3 Laurin 2009-10-13 20:52
Puhh...da schwingt Begeisterung Pur mit! ;-)
Also, ich habe bei Büchern mit 400 oder 500 Seiten nun auch kein Problem wenn sie mich zu fesseln wissen. Aber 1320 Seiten schrecken mich schon etwas. Wäre für mich eher was für einen ruhigen Urlaub, wo ich ausreichend Freizeit einbringen kann!
#4 Gabriel Adams 2009-10-13 21:27
Ja, so jeder Leser hat wohl eine Seitenzahl, ab der ihm Romane von vorne herein ein wenig suspekt werden. Bei mir liegt die Grenze zugegebenermaßen etwas hoch, bei 800 Seiten. Alles, was mehr Seiten hat, gehe ich stets mit äußerster Vorsicht an. Keine Ahnung, warum.
Bei ?Limit? war das seltsamerweise anders. Da habe ich mich gefreut, dass das Buch so dick ist. Und, wie der Artikel zeigt: Enttäuscht wurde ich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich glaube nicht, dass ich schon jemals ein Buch in einem derartigen Tempo verschlungen habe.
Aber, wie schon gesagt: Vorsicht. ?Limit? ist und bleibt ein echter Schinken. Wer Bücher gewohnt ist, die im Durchschnitt 300 bis 500 Seiten umfassen, der wird durchaus seine Probleme mit ?Limit? haben. Ging mir so, als ich ?Otherland? von Tad Williams das erste Mal las. Ich war Bücher von dieser Breite bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewohnt (hey, ich war 15 Jahre alt oder so), und hab irgendwann das Handtuch geschmissen. Einige Zeit und einige seitenstärkere Werke später habe ich mich dann noch mal an Williams' Epos gewagt ? und alle vier Romane in Windeseile durchgelesen.
Zu ?Limit? kann ich nur noch mal sagen: Ein geniales Buch. Unbedingt reinlesen! Klar, die Seitenzahl mag abschreckend wirken. Doch es lohnt sich, dem Buch eine Chance zu geben.
#5 Mainstream 2009-10-15 12:44
-
WOW - was für ein Lobpreis.
Also, bei der Hälfte angekommen, muss ich ehrlich sagen,
das die zweite Hälfte ganz erheblich besser werden muss,
damit ich wenigstens teilweise dieser Rezension zustimmen
kann.

Meine anfängliche Begeisterung ist ganz schön am kippen.
Und lange Bücher schrecken mich eigentlich nicht.
#6 Laurin 2009-10-15 13:37
*Gabriel Adams (#4):
Es ist nicht nur die Seitenzahl an sich, die ich meine. Ich lese nun mal gerne ein Buch ohne große zeitliche Lücken dazwischen. Da ist es auch eine Zeitfrage (Arbeitgeber, Ehefrau und Schlafperioden fordern auch ihre Zeit). Im Urlaub dürfen es dann auch mal mehr als 500 Seiten sein! ;-)

*Mainstream (#5):
Gib doch mal deinen Eindruck zum Buch bis jetzt
hier ein. Wäre ganz interessant denn Geschmäcker sind ja stets verschieden und vieleicht rundet es das Gesamtbild bezüglichst des Buches für Leute die es noch nicht besitzen ab!
#7 Mainstream 2009-10-16 08:56
-
Morgen Laurin:

Nun, leicht über die Hälfte angekommen ist es natürlich schwer eine brauchbare Einschätzung zu geben. Zudem bin ich mit zirka 50 Seiten in der Stunde ein sehr langsamer Leser. Und damit es Sonntags Fleisch in die Suppe gibt, muss noch ordentlich gearbeitet werden. Auch Wochenends.

Bin nach fünf Tage also halb durch. Mir gefällt extrem gut, dass die Charaktere einfach wunderbar getroffen sind. Dialoge sind geschliffen und schlichtweg realistisch. Manchmal ließt es sich so zügig, das man sich vorkommt wie in einem Robert-Altman-Film, wo Dialoge überlappen. Auch die erste Shanghai-Szene ist sehr gut verfasst. Hat schon etwas bildliches, das man bei lesen unweigerlich die Figuren sehen kann, wie sie sich geben und reden. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich sehr beeindruckt. Es waren ja auch schon 300 Seiten.

Ab der 300sten tut sich etwas in der Handlung und da sind meines Erachtens Schnitzer drin, die bei einer solchen Darstellung einer Zukunft nicht sein müssten. Ein bis dahin vermeintlich Böser macht plötzlich Dinge, wo ich mir sage, "nein, dorthin kann er nicht gehen, ohne dass es registriert wird". Mag unspektakulär und von meiner Seite aus überzogen klingen, die Szene ist aber eklatant wichtig.

Der Mittelteil spielt dann hauptsächlich auf der Erde und gibt ein überzeugend realistisches Bild eines Großstadtmolochs wieder. Das Ganze ist allerdings mit Actionszenen durchsetzt. Da ist ein Bösewicht, der geradezu das Abziehbild eines Klischees darstellt. Und - ich muss das jetzt einfach sagen, also wegschauen, wer nichts verraten haben will - es gibt immer und immer wieder Situationen diesem Typen das Garaus zu machen. Ganz einfach ganz schnell, aber nein, ganz absurde Szenerien spielen sich da ab, die man aus den schlechtesten Actionfilmen kennt. Aus den Schlechtesten!

Vielleicht konnte man lesen, wie ich zum Ende hin immer lauter wurde. Aber habe jetzt wieder in die Plastiktüte geatmet. Wenn aber für solche Szenerien der Roman auf die unmögliche Seitenzahl aufgeblasen wird, dann fühle ich mich in Schätzings Welt nicht mehr wohl. Wo andere Romane einen schönen Schluss bereit halten, beginnt hier die Aneinanderreihung von Stereotypen und Klischee.

Gut, das ist bis jetzt. Das kann sich ja noch schnell ändern. Wer weiß. Und wenn ich so ein fliegender Leser wäre, würde es mich vielleicht nicht stören. Ich möchte aber Bücher genießen, wenn ich schon so langsam lese, und nichts überfliegen oder quer lesen müssen. Der schlechteste Teil von einem phantastischen SCHWARM waren die hundertfünfzig Seiten an dem der Flugzeugträger untergeht. Daran fühle ich mich stark erinnert.

Schätzing schreibt ganz bewusst so ausladend, also nimmt er seinen Lesern auch ganz bewusst diese Zeit ab. Und mich persönlich ärgert es dann, wenn solche oben erwähnten Dinge in eine sonst erstaunliche Welt Einzug halten.

Das soll es jetzt gewesen sein. An diesem Punkt würde ich niemanden das Buch empfehlen. Aber auf keinen Fall würde ich jemanden von diesem Buch abraten. Ich glaube das Frank Schätzing einfach eine Erfahrung ist, die jeder selbst machen muss.
#8 Laurin 2009-10-16 13:32
Danke Mainstream,
damit weiß ich doch mal etwas mehr. Auf der anderen Seite glaube ich, das es faßt schon unmöglich ist 1320 Seiten ohne "Durststrecke" für den einen oder anderen Leser hin zu bekommen. Auf der anderen Seite liegt ja noch der halbe Roman vor einem und der kann ja wieder viel Spannung erzeugen! Und was gefällt und was nicht, diese Erfahrung muß jeder nun mal für sich selbst machen, denn jeder Leser ist anders gestrickt.
#9 Mainstream 2009-10-17 09:52
-
Da gebe ich Dir absolut recht. Und wer nicht weiß, auf was er
sich einlässt, wenn er 1320 Seiten in die Hand nimmt ist doch
selber Schuld.
Es ist nur erstaunlich, das so eine Durststrecke in einem einzigen
Roman solange anhalten kann, wie die Seitenzahl eines anderen
Romans.
Mich hat neben meinem selbst eingeredeten Ärger über die von
mir aufgeführten 'Schnitzer' nur gewundert, das ein derart aufwendig
recherchiertes Buch in solche halbgaren Schablonen verfällt.

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