»Das Haus Zamis« revisited - Teil 13 - Der Merlin - Zyklus (7)
»Das Haus Zamis« revisited
Teil 13 - Der Merlin - Zyklus (7)
“Das letzte Siegel“ / „Flucht aus dem Centro Terrae”
Mit diesen beiden Romanen endet nun also ein Zyklus, der vor über vierzig Jahren abrupt unterbrochen und erst dreißig Jahre später fortgesetzt wurde. Dass es überhaupt dazu kam, verdanken wir zum einen Dennis Erhardt, der die Coco Zamis - Serie im Zaubermond - Verlag startete und dabei sehr akribisch alle zuvor erschienenen Romane berücksichtigte, und zum anderen Ralf Schuder, der sich hier einer Herausforderung stellte, die man nur als gewaltig bezeichnen kann.
Nachdem ihm die direkte Fortsetzung des Zyklus ja bereits mit Bravour gelungen ist, durfte der Leser gespannt sein, wie oder ob der Autor es geschafft hat, ihn nicht nur zu einem Ende zu bringen, sondern auch die noch verbliebenen Rätsel zu lösen, die Ernst Vlcek damals ungelöst lassen musste.
Da wäre, um mit dem letzten Punkt zu beginnen, etwa das Rätsel um den Gnom Oirbsen, der Coco in dreifacher Gestalt und in verschiedenen Zeiten bzw. Realitäten begegnete, was doch zu einiger Verwirrung führte. Dass hier Merlin seine Hand im Spiel hatte, schien offensichtlich, ebenso wusste man, dass er mit den Zeiten / Zeitebenen jonglierte, um seinen Plan zu verwirklichen, demzufolge war es nur noch ein kleiner Gedankensprung zur Lösung: Um seinen treuen Gefährten nicht zu verlieren, wurde seine Persönlichkeit halt auf drei verschiedene Figuren aufgeteilt. Wäre Oirbsen also bereits zu einem früheren Zeitpunkt gestorben, hätte sein Alter Ego Ralf Winter übernommen.
Eine verhältnismäßig einfache, aber schlüssige Lösung. Ein anderes Problem, das gelöst werden musste war der Plan der Zentrumsdämonen, sich an die Oberwelt zu begeben, um den ganzen Planeten in eine schwarzmagische Sphäre zu hüllen. Auch hier hat man sich einer einfachen aber wirkungsvollen Lösung bedient: Die Zentrumsdämonen benötigen nämlich unbedingt eines der Siegel, um diesen Plan in die Tat umzusetzen, insofern liegt auch hier natürlich die Lösung auf der Hand. Das Siegel muss vernichtet werden, und nachdem es Coco und Oirbsen gelungen ist, die Flammenwand zu beseitigen (ebenfalls mithilfe eines Siegels) und Merlin wieder voll einsatzfähig ist, dürfte hier niemand mehr daran gezweifelt haben, dass ihm das auch gelingen würde, womit wir bei der kritischen Betrachtung wären.
Bis zum Schlusskampf in der Burg hat man hier nämlich nie wirklich den Eindruck, Coco und ihr Gefährte könnten sich im ach so gefährlichen centro terrae wirklich in ernster Gefahr befinden.
Zum einen verfügt man mit dem Runenschwert über eine mächtige Waffe, die passenderweise sehr wirkungsvoll im Kampf gegen die Zentrumsdämonen ist, zum anderen kommt natürlich auch hier wieder Cocos Lieblingszauber, der schnellere Zeitablauf zum Einsatz, mit dem sie sich aus beinahe jeder ausweglosen Situation retten kann.
So sehr der Autor sich auch bemüht, die Dämonen des Zentrums noch böser, gefährlicher und grausamer darzustellen, als die Kollegen von der Oberwelt, wirklich überzeugt ist man davon eher nicht, zumal sich die Grausamkeiten ironischerweise auch eher im Kampf der Dämonen untereinander zeigen. Denn natürlich gibt es auch hier Intrigen und Rangeleien um die Herrschaft. Immerhin lässt man so am Ende noch ein Hintertürchen für eine mögliche Rückkehr zu diesem Thema offen.
Allerdings ist es eher fraglich, ob es dazu kommt, da der weise Merlin schließlich beschlossen hat, Coco und auch ihre Familie alles vergessen zu lassen, was mit seiner Rettung zu tun hat. Insofern könnte man auch davon ausgehen, dass die Macher diesen ganzen Themenkomplex hier endgültig abschließen wollten.
Ebenso fragt man sich, ob Cocos Begegnung mit einem gewissen Dorian Hunter nun unbedingt sein musste. Zwar bot sich ein Crossover hier durchaus an, weil der gute Mann sich im zeitgleich erschienen Dorian Hunter - Buch am selben Ort aufhielt, aber letztlich wirkt er hier nur wie ein Fremdkörper und in der Handlung völlig deplatziert.
Unterm Strich bleiben jedoch noch mehr als genug positive Aspekte und Eindrücke hängen. Schuder versteht es wie schon im vorherigen Band ausgezeichnet, die Figuren darzustellen, auch Coco selbst agiert längst nicht mehr so blauäugig und naiv wie in früheren Bänden, und anstatt den Leser einfach mit einer Fülle von namenlosen Dämonen zu langweilen, erschafft er noch ein hierarchisches System im centro terrae, das in sich stimmig wirkt, wenn man mal das schon erwähnte Fehlen einer echten Bedrohung durch diese Kreaturen außer Acht lässt.
Auch Merlin selbst wird so dargestellt, wie man ihn bereits erlebt hat, wobei der Autor es schafft, diese “Überfigur” mit einer gewissen Würde auftreten zu lassen, die ihrem eigentlich unverständlichen Jonglieren mit Zeiten und Realitäten immerhin einen Hauch Glaubwürdigkeit verleiht.
Letztlich hat Ralf Schuder es geschafft, alle losen Handlungsfäden dieses zwar nicht unbedingt komplexen aber durch die Spielereien mit verschiedenen Zeiten und Realitäten doch recht verworrenen Zyklus zu entwirren und ihn zu einem zwar vorhersehbaren, aber annehmbaren und konsequenten Ende zu bringen. Ohne Übertreibung darf man sagen, dass seine Beiträge dabei nicht die schlechtesten, sondern nach Vlceks “Das kalte Herz” tatsächlich sogar die besten waren.
Kommentare
Das ist schade. Gerade, wo es interessant wird und die neue Ära anfing. Ich habe die Bücher damals eine Weile gekauft, fand sie aber meist sehr mäßig - nett ausgedrückt. Insofern wäre ein anderer Blickwinkel nicht übel gewesen. Aber ich kann's gut verstehen.
Ich habe es gern gelesen. Danke für deine Mühe.
Zitat: Das freut mich...
Die Dorian Hunter revisited - Artikelreihe geht auf jeden Fall weiter...