Aufstieg, Ängste und Seemannsgarn - Hammerharte Horror Schocker 13
Aufstieg, Ängste und Seemannsgarn
Hammerharte Horror Schocker 13
Rabizus Reich
Einst wurde der Dämon Rabizu in die Tiefen der Unterwelt verbannt und wird nun durch den Hofmagus des Königs beschwört. Rabizu lässt sich durch den kleinen Magier allerdings nicht binden und tötet ihn. Die Lebensenergie des Magus stärkt den Dämon, der daraufhin die Palastwache niedermetzelt und damit immer stärker wird.
Es gelingt ihm, den König zu töten und die Macht im Königreich an sich zu reißen. Er versklavt die Einwohner des Königreiches und sichert sich seine Herrschaft durch einige wenige menschliche Helfer, denen er besondere Privilegien verleiht. Sein Machthunger ist damit nicht gestillt und er macht sich an, andere menschliche Königreiche zu überfallen und die Herrschaft dort an sich zu nehmen.
Schließlich fallen seine Horden über die ganze Welt her und es gelingt ihm, sämtliche Reiche zu besetzen. Rabizu ist zum alleinigen Herrscher über die Welt geworden.
Am Ende stellt sich schließlich heraus, dass Rabizu gar nicht beschwört worden ist. Er ist nach wie vor in der Unterwelt gefangen und schlummert dort vor sich hin. Die Eroberung der Welt passierte nur in seinen Träumen.
Der Leser erlebt in dieser Geschichte den Aufstieg des Dämons Rabizu mit, der nach einer Beschwörung die Lebensenergie des Magus absaugt und mit jedem Mord, den er begeht, immer stärker wird. Der Dämon gibt sich erst zufrieden, als er sich alle Menschen zu Untertanen gemacht hat und alle Königreiche dieser Welt beherrscht.
Nur leider ist dieser Aufstieg nicht real und findet nur in den Träumen des Dämons statt. Rabizu ist ein altersschwacher Dämon, der sich nach wie vor in den Tiefen seiner Verbannung befindet. Er träumt diesen Traum, in dem er sich zum Herrscher über die Welt aufschwingt. In Wirklichkeit haben ihn die Menschen längst vergessen. Es existieren keine Aufzeichnungen und keine Erinnerung an ihn und so wird auch nie beschworen werden können, sondern weiterhin in seinem Verlies vor sich hin darben.
Die Zeichnungen von Klaus Schwerwinski sind außergewöhnlich gut gelungen. Sie wirken an vielen Stellen wie kleine Malereien und fügen sich schön in den Gesamtkontext der Geschichte ein.
Kaltes Laub
Eine junge Frau befindet sich an einem dunklen Herbstabend auf dem Weg nach Hause. Sie hat Angst in der Dunkelheit und bereut jetzt schon, dass sie sich kein Taxi genommen hat.
Im nassen Laub am Wegesrand erkennt sie auf einmal ein helles Leuchten. Sie geht näher an die Stelle heran und entdeckt mit Grausen eine abgetrennte Hand. Sie möchte am liebsten von dem finsteren Ort verschwinden, aber irgendetwas scheint sie hier festzuhalten. Sie begibt sich in ein kleines Waldstück und findet dort weitere Leichenteile. Zuerst einen Fuß, dann ein Bein, die zweite Hand und andere Körperteile, die alle zu ein und demselben Menschen gehören. Völlig verängstigt läuft sie weiter durch den Wald und findet schließlich den Torso der Leiche. Weitere leuchtende Flecken führen zu weiteren Leichenteilen und schließlich findet sie einen Plastiksack. Darin findet sie den Kopf der Leiche und muss erschreckt feststellen, dass es ihr eigener Kopf ist. Die Leiche und die verteilten Körperteile, das ist sie selbst. Sie wandelt jetzt nur noch als Geist umher.
Der Leser erlebt die Geschichte aus der Perspektive der jungen Frau. Vom ersten Panel an ist er mit den persönlichen Ängsten und den Gedanken der Protagonistin konfrontiert, die in narrativen Texten ausgeführt sind. Da nur die Junge Frau Teil der Handlung ist, kommt die Geschichte gänzlich ohne Dialoge aus.
Nach dem Fund der ersten Hand kann sie sich nicht aus dem Waldstück wegbewegen. Sie wird durch das Leuchten magisch angezogen. Nach Abschluss der Geschichte erkennt der Leser, dass bereits an dieser Stelle auf den Handlungstwist vorbereitet wird. Der Leser folgt nicht einer lebenden Person, sondern dem Geist der Frau, die dort zerstückelt im Wald herumliegt.
Der Aufbau der Geschichte und die Zeichnungen von Levin Kurio gehen wunderbar einher. Die erste der drei von vier Seiten der Geschichte besteht aus 4 größeren Panels, die in die Story einleiten. Die verbliebenen drei Seiten bestehen jeweils aus neun gleich großen Panels, die allesamt in dunklen Farben gehalten sind. Die Panelränder sind mit freier Hand und nicht mit einem Lineal gezeichnet; das verleiht dem Bildfluss eine besondere Beweglichkeit, die den Handlungsverlauf sehr gut unterstützen. Es entsteht eine dunkle und düstere Atmosphäre. Die Gedanken der jungen Frau setzen sich von Panel zu Panel fort, um schließlich auf den grauenhaften Twist hinzuarbeiten, dass die Junge Frau selbst die Leiche ist und die leuchtenden Körperteile im Wald ihre eigenen waren.
Sie ist das Opfer einer Gewalttat geworden und selbst als Geist sind diese Ängste noch vorhanden, indem sie durch die Gegend streift und ihr eigenes Schicksal zuerst nicht erkennt.
Das Haiherz
Ein Segelschiff gerät im Jahre 1910 auf hoher See in eine Flaute und einige der Matrosen vertreiben sich die Zeit mit Angeln. Ein Hai beißt an einen Köder und wird an Bord gezogen. Die abergläubischen Seemänner schneiden dem Tier die Flosse ab und nageln sie als Warnung für die anderen Haie an den Klüver. Dem lebendigen Tier wird das Herz herausgeschnitten und in ein Glas mit Spiritus getan. Das soll Glück bringen. Trotzdem scheint der Fisch noch zu leben und beißt einem der Matrosen ins Bein. Der vermeintliche Kadaver wird über Bord ins Meer geschoben. Der verletzte Seemann stirbt und erhält ein Seemannsbegräbnis. Dabei löst sich wie von Geisterhand der Anker und kracht in das Wasser, kann aber wieder hochgezogen werden.
Die Mannschaft verbringt auf ihrem Schiff eine weitere Nacht in der Flaute. Am nächsten Morgen wird der wachhabende Matrose vermisst. Einer der Seemänner findet ihn aufgehängt an der Rah. Der Mann lebt noch, aber eine Hand wurde ihm abgetrennt. Ein anderer Matrose findet die Hand, die am Klüver angenagelt ist. Dabei wirft er einen Blick auf den Anker. Darauf sitzt ein furchterschreckendes Wesen, das daraufhin an Bord krabbelt.
Die Mannschaft verrammelt sich aus Angst in der Kombüse. Dort befindet sich das Glas mit dem Herzen des Hais. Einer der Seemänner schmeißt es auf das Wesen zu. Es stopft sich das Herz in den Rachen und springt über Bord. Das Wesen ist weg und taucht nicht wieder auf. Die Flaute löst sich auf und das Schiff kann seine Fahrt fortsetzen.
Haiherz ist eine Geschichte, die besten Seemannsgarn entsprungen zu sein scheint. Die Geschichte spielt im Jahre 1910. Der Zeitraum ist gut gewählt für eine derartige Geschichte. Zu dieser Zeit bestanden keine Möglichkeiten bei Schwierigkeiten auf See, Kontakt mit der Heimat aufzunehmen und sich Hilfe zu organisieren. So wird das Bedrohungsszenario intensiviert.
Die Seemänner folgen einem Ritual und zerlegen den gefangenen Hai. Die Flosse wird an den Klüver genagelt und das Herz des Fisches wird als Glücksbringer in einem Glas aufbewahrt. Nur leider will das Tier nicht sterben und greift die Mannschaft an. Kurzerhand wird der Hai zwar über Bord geworfen, kann sich aber in Form des seltsamen Wesens auf den herabfallenden Anker des Schiffes setzen und später wieder an Bord gelangen. Die Flaute besteht nach wie vor, so dass das Wesen seine Vorgehensweise in Ruhe planen kann.
Nachts kriecht es an Bord und dreht den Spieß um. Es überwältigt den wachhabenden Matrosen und schneidet ihm die Hand ab. Wie zuvor die Matrosen die Flosse des Hais an den Klüver genagelt haben, befestigt es nun auch die Hand des Seemannes an dieser Stelle. Die Mannschaft verbarrikadiert sich in der Kombüse und schmeißt dem Wesen das Herz des Haies zum Fraß vor. Darauf scheint es nur gewartet zu haben. Es stopft sich das Herz in den Rachen und hat sein Ziel erreicht. Es springt über Bord und ward in Zukunft nicht mehr gesehen.
Das Schiff kann seine Reise unbehelligt fortsetzen, als der Wind wieder anfängt zu wehen. Die Seemänner haben noch mal Glück gehabt. Der Wesen, oder auch der Hai, waren nicht auf weitere Rache aus. Ein Seemann wurde getötet und einem zweiten wurde eine Hand abgenommen und an den Klüver genagelt. Das Herz des Haies ist an das Wesen zurückgelangt und wieder ins Meer gekommen. Die Balance wurde wieder hergestellt und die Mannschaft hat das zurückbekommen, was sie dem Hai zuvor angetan hatte.
Der Bigfoot von Pinetrees
Im Jahr 1976 wurde in der Ortschaft Pinetrees ein Film mit einer Super-8-Kamera aufgenommen, der angeblich den legendären Bigfoot zeigt. Seit dieser Zeit lebt die Stadt von Touristen, die in den Ort strömen, um das berühmte Monster zu sichten.
Mit den Jahren verblasst der Mythos, was zur Folge hat, dass immer weniger Touristen in die Stadt gelangen und daher Einnahmen fehlen. Da kommt einigen Einwohnern die Idee, den Mythos wieder neu zu beleben. Sie setzen eine Belohnung von 50.000 $ aus, sollte jemand den Bigfoot ergreifen. So sollen Touristen in den Ort gelockt werden. Damit die ganze Angelegenheit authentischer wirkt, verkleidet sich einer der Einwohner als Bigfoot und wird einigen Besuchern so erscheinen. Die Aktion will genau geplant sein, denn die Bigfootjäger rücken mit Fallen und Waffen an und es soll sich ja keiner verletzen.
Es gelingt dem verkleideten Einwohner seine Show vor den Touristen abzuspielen. Erfolgreich kann er seine Flucht durch den Wald antreten, verletzt sich seinen Fuß dabei aber in einem Fuchsbau. Er kann zur naheliegenden Farm des alten Jeremiah gelangen und hofft dort sein Kostüm ablegen zu können.
Kurze Zeit später fährt Jeremiah mit seinem Truck in die Ortschaft und will die Belohnung einstreichen. Der Bigfoot habe an seine Tür geklopft und er hat ihn erschossen. Zum Beweis präsentiert er die Leiche des Monsters, die auf der Ladefläche seines Trucks liegt.
Die Anthologie heißt Horror Schocker und von daher wird der Leser beim Lesen der Geschichte vermuten, dass am Ende ein übernatürlicher Twist anstehen wird. Möglich wäre auch, dass der echte Bigfoot über den verkleideten Einwohner herfällt. Schließlich stellt sich dann doch heraus, dass der unechte Bigfoot eine ganz natürliche Todesursache hat und schlicht und einfach vom alten Jeremiah erschossen worden ist. Es macht immer Spaß, sich vom Horror Schocker überraschen zu lassen und das ist in der vorliegenden Geschichte auch wieder wunderbar gelungen. Markenkern der Geschichten müssen nicht unbedingt sein, dass es sich allesamt um Horrorgeschichten handelt. Vereinzelt erscheinen auch Geschichten aus anderen Genres, wie der Science Fiction. Gemeinsam haben die Geschichten, dass sie versuchen, den Leser zu überraschen. Und das tun sie sehr gut und so darf es gern weitergehen.
… in einer Herbstnacht
Ein 42-Jähriger Mann wird von Erinnerungen an die von ihm ermordeten Frauen geplagt. Eines Nachts erscheint ihm eines seiner Opfer. Es ist die junge, aus der zweiten Geschichte dieses Heftes, ermordete, Frau. Sie fordert ihn auf, mit ihr zu kommen und er folgt ihr im Schlafanzug auf die nahegelegenen Gleise. Zu spät erkennt er den anrasenden Zug, der ihn daraufhin in Stücke reißt.
Die angerückten Polizisten können nur noch die überall herumliegenden Leichenteile sicherstellen. Einer der Polizisten sieht in einiger Entfernung die junge Frau stehen und will ihr ein paar Fragen stellen. Sie flieht in Richtung des Waldstückes, in dem sich ihre eigenen Leichenteile befinden. Der Polizist nimmt die Verfolgung auf und teilt seinen Kollegen kurze Zeit später mit, dass er die Leichenteile gefunden hat.
Der Leser bekommt mit dieser Geschichte die Fortsetzung der zweiten Geschichte „Kaltes Laub“ präsentiert. Es findet sich an keiner Stelle eine Ankündigung, dass es sich hier um eine Fortführung handelt. Der Leser bemerkt dieses erst, als die junge Frau dem Mann erscheint und ihn auffordert mitzukommen. Autor und Zeichner Levin Kurio hat damit eine schöne Überraschung in diesen Band eingebaut.
In „Kaltes Laub“ durfte der Leser verfolgen, wie die junge Frau ihre eigenen Körperteile in dem Waldstück entdeckt. Nun rächt sie sich und lockt ihren Mörder auf die Bahngleise, damit er von einem Zug überfahren wird. Ebenso wie sein Opfer wird er durch den anrasenden Zug und in seine Einzelteile zerlegt, die die Polizisten später zusammensuchen dürfen.
An dieser Stelle ist die Geschichte leider nicht ganz schlüssig. Die Stimmen der ermordeten Frauen sagen ihm, dass er bei seinem letzten Mord in dem Waldstück einen Fehler gemacht hat. Er hatte die Leichenteile der Frau in einen Sack gesteckt, der aber gerissen ist. Aus Angst, entdeckt zu werden, war er weggelaufen. Nun sind die Leichenteile einzeln im Wald verstreut. Die junge Frau erscheint und erklärt ihm, dass er seine Aufgabe zu Ende bringen müsse, damit sie endlich ruhen kann. Es ist daher nicht folgerichtig, dass sie ihn auf die Schienen lockt, um ihn zu töten. Es ließe sich allenfalls noch so erklären, dass sie von herein die Polizisten im Auge hatte, die ihre Leichenteile finden würden.
Zumindest ist jetzt klar, warum die Frau im ersten Teil als Geist im Wald umhergewandelt ist. Ihre Körperteile mussten gefunden und zusammengeführt werden.
Zum Ende der Geschichte lockt die Frau einen der Polizisten in den Wald, der mit ihren Leichenteilen übersäht ist. Sie möchte ihn aber nicht in eine Falle locken. Sie möchte, dass er ihre Leiche entdeckt und ihre Seele damit endlich ihre Ruhe findet.
Stilistisch baut die vorliegende Geschichte gut auf den ersten Teil auf. Die Aufteilung der Panel ist ähnlich gegliedert und die Farben sind ebenfalls in dunklen Tönen gehalten. Die dunkle und düstere Atmosphäre setzt sich fort.
Hammerharter Horror Schocker 13