Rückkehr nach Osten Ard - Zur Neuauflage von Tad Williams' Saga "Das Geheimnis der Großen Schwerter"
Tad Williams Saga - »Das Geheimnis der Großen Schwerter«
ist in neuer Auflage erhältlich
Mehr als 20 Jahre ist das Erscheinen der Erstauflage von »The Dragonbone Chair« (zu Deutsch: »Der Drachenbeinthron«), dem Auftaktband der Saga, mittlerweile her. Die meisten Buchreihen sind nach dieser Zeit längst wieder in der Versenkung verschwunden. Nicht so »Das Geheimnis der Großen Schwerter«. Die Faszination, die die Serie bei Fantasyfans auslöst, ist bis heute ungebrochen. Noch immer verzaubern die Abenteuer von Simon Schneelocke, Josua Ohnehand und wie sie alle heißen mögen jährlich Abertausende von Lesern.
Viel zu lange war die Reihe auf dem deutschen Buchmarkt vergriffen. Wer sich in den Osten Ard begeben wollte und nicht das Glück hatte, die alte Taschenbuchversion der Saga sein Eigen nennen zu können, der musste auf Flohmärkten und bei eBay nach gebrauchten Ausgaben suchen und hoffen, diese dort aufspüren zu können. Damit ist nun allerdings Schluss. Klett-Cotta, der deutsche Tolkien-und-Tad-Williams-Verlag, bringt das Epos in aufwändiger Hardcoverfassung endlich wieder zurück in die Buchhandlungen. Zum Auftakt sind jetzt die ersten beiden Romane »Der Drachenbeinthron« und »Der Abschiedsstein« erschienen. Im Herbst 2010 soll es dann mit »Die Nornenkönigin« und »Der Engelsturm« weitergehen.
»Das Geheimnis der Großen Schwerter« hat für mich eine ganz besondere Bedeutung: Es ist die erste große Fantasysaga, die ich gelesen habe. Wenn eine Reihe sich rühmen darf, mich in die epischen Welten der High Fantasy eingeführt zu haben, dann diese. Die Nachricht, dass Klett-Cotta das Epos in Neuauflage an den Start schicken würde, hat mich von daher hellauf begeistert. Sehnsüchtig habe ich dem Erscheinungsdatum der ersten Romane entgegen gefiebert.
Nun endlich ist es soweit, und ich halte die ersten beiden Hardcover in meinen Händen. Dieses freudige Ereignis möchte ich zum Anlass nehmen, einige Worte über den Autor, die Saga, sowie ihre Stärken und Schwächen zu verlieren und darüber, warum es sich auch für Altleser durchaus lohnt, der Neufassung einen Blick (oder auch zwei oder drei) zu gönnen.
(Wer detailliertere Informationen zur Saga im Allgemeinen möchte, der findet diese mit einem Klick auf diesen Link, der zu einem früheren Zauberspiegel-Artikel über Williams' einzigartiges Epos führt.)
Der Autor: Tad Williams
Tad Williams wurde am 14. März 1957 in der kalifornischen Stadt San José geboren und wuchs in dem nahe gelegenen Ort Palo Alto auf. In der Widmung, die seiner Saga »Das Geheimnis der Großen Schwerter«vorangeht, dankt er seiner Mutter dafür, dass sie ihn in seiner Kreativität gefördert und ihm phantastische Welten wie das Auenland aus dem »Herrn der Ringe« nahe gebracht hat. So konnte sich seine Begeisterung für das Phantastische schon früh entwickeln.
Nach der Highschool schlug sich Tad mit einer ganzen Reihe von Jobs durch. So war er beispielsweise Gastgeber in einer Radiotalkshow und arbeitete zeitweilig als Schuhverkäufer. Doch all diese Beschäftigungen waren nur vorübergehend und, so der heutige Autor selbst, auch gar nicht als Dauerzustände geplant. Schnell wurde ihm nämlich klar, dass er etwas Kreatives tun wollte, und im Schreiben fand er schließlich, sehr zur Freude seiner Fans, seine Bestimmung.
Mit »Traumjäger und Goldpfote« (»Tailchaser's Song«) wurde 1985 sein erster Roman veröffentlicht. Drei Jahre später folgte dann der erste Band des Epos', das für viele bis heute als sein Meisterwerk gilt: »Der Drachenbeinthron«, der Auftakt zur Saga »Das Geheimnis der Großen Schwerter«.
Wovon handelt »Das Geheimnis der Großen Schwerter«?
Schauplatz von Williams' epischem Abenteuer ist der Kontinent Osten Ard (im Original heißt er übrigens genauso), der die Heimat verschiedener Völker ist, größtenteils aber von Menschen verschiedenster Nationalität bewohnt wird. Die Saga ist eine sehr komplexe Erzählung und umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Handlungsstränge, weshalb es nicht ganz leicht ist, ihren Inhalt in wenigen Sätzen zusammenzufassen.
Die Figur, die einem klar erkennbaren Hauptcharakter noch am nächsten kommt, ist der Küchenjunge Simon. Dieser lebt im Hochhorst, dem Königssitz des Herrschers von Erkynland. Als der alte König stirbt, hinterlässt er seinem erstgeborenen Sohn Elias ein blühendes Reich. Doch mit Elias' Thronbesteigung sind die Tage des Wohlstands gezählt. Der zunehmend dem Wahnsinn verfallene Mann und seine rechte Hand, der finstere Priester Pryrates, haben nämlich einen Bund mit Ineluki geschlossen, einem Nornen, der vor vielen Jahrhunderten starb, dessen Geist die Zeit aber überdauerte. Nie konnte er verwinden, dass die Menschen seinem Volk Osten Ard streitig gemacht haben, und nun hat er ausreichend Kräfte gesammelt, um sich zurückzuholen, was er einst verloren hat.
Nur einige wenige Menschen ahnen etwas von der drohenden Gefahr, die den Untergang aller Menschengeschlechter bedeutend könnte. Unversehens und eigentlich gegen seinen Willen wird Simon Teil dieser Gruppe. So erfährt er auch von den drei legendären Schwerter Dorn, Leid und Minneyar, den einzigen Waffen, die dem Sturmkönig auf seinem gnadenlosen Rachefeldzug noch Einhalt gebieten können die aber unglücklicherweise verschollen sind.
Während Ineluki immer stärker wird und seinem Ziel immer näher kommt, muss sich Simon auf die Suche nach den sagenumwobenen Klingen machen. Dies ist der Auftakt zu einer abenteuerlichen Queste, an deren Ende der Kampf um das Schicksal von Osten Ard steht.
Von Stärken und Schwächen
»Das Geheimnis der Großen Schwerter« gehört zu jenen Werken, die Freunde phantastischer Literatur unbedingt gelesen haben sollten. Nicht etwa, weil die Saga in einen wie auch immer ausgestatteten Kanon von Pflichtlektüren für High Fantasyfans gehören würde, sondern vielmehr aufgrund der simplen Tatsache, dass die Geschichte von Osten Ard zum Besten gehört, was die moderne Fantasyliteratur zu bieten hat.
Stärken und Schwächen (ja, so gut die Reihe auch sein mag, hat sie doch auch ihre Schattenseiten, das möchte ich gar nicht verheimlichen) der Saga sind in dem bereits erwähnten Osten Ard-Artikel ausführlich dargelegt, weshalb ich an dieser Stelle der Vollständigkeit halber nur noch einmal die wesentlichen Aspekte erwähnen möchte.
Was die Schwächen angeht, so ist vor allem auf die gerade im finalen Band vorhandenen Längen hinzuweisen. Das mehrere tausend Seiten starke Epos hätte durchaus so manche Straffung vertragen können; insbesondere gegen Ende hin verliert sie spürbar an Tempo. Zudem wirkt die Vorliebe Williams', seine Protagonisten immer mal wieder auf sich alleine gestellt durch endlose, finstere Höhlen- bzw. Tunnelsysteme irren zu lassen, recht schnell ermüdend. Die entsprechenden Kapitel gestalten sich als eintönig und bisweilen enorm langatmig.
Glücklicherweise sind solche schwachen Passagen jedoch die Ausnahme. »Das Geheimnis der Großen Schwerter« ist ein Fantasyepos, das in vielerlei Hinsicht zu glänzen weiß und das seine Schwächen mühelos wettzumachen versteht. Um nur mal einige der vielen Stärken der Reihe zu nennen:
Kurzum: »Das Geheimnis der Großen Schwerter« ist ein monumentales Machwerk, dass sich niemand entgehen lassen sollte, der auch nur das Geringste übrig hat für Fantasy. Abenteuerliche Reisen, tragische Schicksale, ein furioses Finale, eine phantastische Welt mehr kann man von High Fantasy nicht verlangen.
Zur Neuauflage der Reihe bei Klett-Cotta
Hardcover mit Schutzumschlag, dazu ein Lesebändchen und qualitativ hochwertiges Papier über die Ausstattung der Neuauflage kann man sich wahrlich nicht beschweren. Bei Klett-Cotta hat man sich Mühe gegeben, die Neufassung der Saga ansprechend und dem Charakter der Reihe entsprechend würdevoll zu gestalten. Dieses Unterfangen ist gelungen. Mir persönlich ist das Titelbild von »Der Drachenbeinthron« zwar ein wenig zu comichaft geraten, doch das kann den Gesamteindruck, den ich von den Büchern gewonnen habe, nicht trüben insbesondere, da mich die Ansicht des Abschiedssteins auf dem Cover des zweiten Buchs deutlich mehr zu begeistern weiß.
Doch nicht nur optisch hat sich die Saga gegenüber ihrer früheren Fassung verändert. Für die Neuauflage wurde die ursprüngliche Übersetzung von Verena C. Harksen noch einmal sorgfältig durchgesehen und gegebenenfalls leicht überarbeitet. So manchem treuen Anhänger der alten Fassung dürfte dies sauer aufstoßen; ich dagegen finde, dass die kleinen, aber feinen Unterschiede dem Lesegenuss durchaus förderlich sind. Ein paar Beispiele gefällig?
In diesem Stil lassen sich quer durch die Romane weitere Änderungen finden. Es sind selten größere Teile, die geändert wurden, meist handelt es sich nur um einzelne Begriffe oder Satzkonstruktionen. Der Charme der ursprünglichen Übersetzung wurde beibehalten und durch die raffinierten Änderungen nicht vernichtet, sondern vielmehr verfeinert so und nicht anders hat eine gelungene Überarbeitung auszusehen.
Ein Genuss für alte Hasen und neue Leser
Für all jene, die »Das Geheimnis der Großen Schwerter« bislang noch nicht kennen, ist die Neuauflage ein wahrer Glücksfall.
Endlich können sie die lange vergriffene Saga zur Hand nehmen und in eines der faszinierenden Abenteuer eintauchen, das die High Fantasy bis heute zu bieten hat.
Die hochwertige Ausstattung sowie die aufgrund der überarbeiten Übersetzung spürbar verbesserte Lesbarkeit der Romane machen die neuen Ausgaben aber auch für all jene interessant, die mit Williams' Saga bereits vertraut sind.
Keine Frage, der Preis von je 24,95 Euro je Buch ist nicht ganz ohne. Und doch: Es ist eine wahre Freude, die Hardcover in den Händen zu halten und die Romane in einer Form vor sich liegen zu sehen, die dem Inhalt angemessen ist.
Und welch besseren Anlass für die Wiederentdeckung eines solchen Abenteuers könnte es gaben, als eine Neufassung, besonders dann, wenn sie auch optisch so zu gefallen weiß?
Daten zu den Romanen
Der Drachenbeinthron
Der Abschiedsstein