Vampire pflastern seinen Weg - Hugh Walker und der Abgott
Jeder Rostfleck löst eine mittlere Panik aus. Im Fußraum eines manchen Fahrzeugs könnte man hygienischer ein Essen servieren als in diversen Imbissbuden oder gar Restaurants.
Da arbeiten manche Blechfetischisten mehr am Wochenende, um ihr Auto auf Vordermann und Hochglanz zu bringen, als in der Woche, um sich und die eventuelle Familie zu ernähren. Spoiler werden montiert, Stereoanlagen eingebaut, wie sie manche nicht in der Wohnung haben. Ich habe Leute mit Zahnbürsten in ihren Autos rumkrabbeln sehen, um die Pedale zu reinigen. Man glaubt es kaum. Auch der Zweitwagen muss noch gepflegt werden, und schwupp-di-wupp ist es Montag, und am Wochenende nur das Auto gepflegt und nichts anderes beschickt.
Tempolimits sind eines jeden Autofahrers Entsetzen. Wenn man mit 200 auf ein Hindernis auffährt, knallt es doch viel schöner als mit 100 (und die Sicherheitsgurte können zeigen, was sie können; wenn sie nichts können, kann der Sarg kleiner ausfallen und die Leichenbestatter haben was zu puzzeln). Auf den Autobahnen fallen viele in die Steinzeit zurück, wenn sie mit der Lichthupe andere jagen, wie einst der Häuptling und seine Sippe mit der Keule das Mammut.
Kurzum, das Auto ist ein Idol, ein Abgott, unantastbar und Ausdruck der persönlichen Freiheit, bei Tempo zweihundert (egal wie voll die BAB ist) sein Sterbedatum selbst zu wählen, und wenn wir in biblischen Zeiten leben würden, gäbe es wohl zwei Alternativen für das goldene Kalb: das Fernsehgerät oder das Auto (und ich glaube, zumindest in Deutschland würden mehr um den fahrbaren Untersatz tanzen).
Das war vor Anfang der siebziger Jahre nicht viel anders (ja, wenn man neuesten Meldungen glauben darf, eher noch ausgeprägter), auch da hatte das Auto im Herzen der Deutschen einen besonderen Platz.
Aus dieser Zeit stammt das Exposé »Der Gott auf Rädern« (siehe: Exposés, am 7. Oktober) von Hugh Walker, das etwa zwischen Herbst 1975 und Frühjahr 1976 entstanden sein dürfte. Damals war der größte Schrecken des Autofahrers der autofreie Sonntag, ausgelöst durch die Ölkrise in der Folge des Nahostkrieges im Oktober 1973. Seinerzeit gab es, im Gegensatz zu heute, kaum Kritik am Auto (auch heute ist die Gruppe der Kritiker noch relativ klein, und selbst diese fahren oft genug ihr Auto). Aber in den frühen siebziger Jahren fachsimpelte man bestenfalls im engsten Expertenkreis über den dramatisch ansteigenden Verkehr und unterschätzte die Entwicklung gewaltig. Das Auto war Motor des Fortschritts und unantastbar.
Interessanterweise stellt Hugh Walker in den siebziger Jahren eine Sekte, die das Auto verehrt, in den Mittelpunkt eines Exposés. Diese Sekte verehrt das Auto als greifbaren und allein existierenden Gott. Um das Auto zu schützen geht sie über Leichen. Ein Reporter, verwickelt in einen nächtlichen Unfall, kommt ihr auf die Spur, wird gefangen genommen und ist am Schluss dabei, als das Auto alle tötet.
Offensichtlich steht kein phantastisches oder übersinnliches Moment im Vordergrund. Zwar findet sich in Gestalt des nicht existierenden Ortes Ohlheim ein magisches Moment im Exposé, aber es steht nicht im Mittelpunkt. Das Auto soll es sein.
Auf der Rohschrift des Exposés, das für den Verlag nochmals abgetippt wurde, findet sieh noch der handschriftliche Zusatz von Hugh Walker, in Druckbuchstaben geschrieben:
Aus diesem Exposé entstand das Heft »Die Robot-Mörder« (Vampir-Horror-Roman 190, September 1976), ein Roman, in dem zwar auch eine Sekte ihr Unwesen treibt, aber das Motiv der Automobilverehrung fehlt völlig. Ohne die Komponente des Autos scheint der Roman seltsam motivationslos, als würde ihm das entscheidende Element oder besser das Herzstück fehlen.
Allerdings hat Hugh Walker in diesem Fall nicht selbst entschieden, derart vom Exposé abzuweichen, sondern Kurt Bernhardt, Chefredakteur bei Pabel, hat den Automobilkult persönlich verworfen. Es sei nicht zeitgemäß, das Auto als böse hinzustellen. Zudem sei das Thema einfach zu realitätsnah. Damit war das Projekt in seiner ursprünglichen Form gestorben.
Hugh Walker hatte jedoch die ersten Seiten des Romans bereits geschrieben. Er bog das Thema ab und legte somit Die Robot-Mörder in der bereits zweimal veröffentlichten Form vor.
Das Auto böse und bedrohlich darzustellen, ließ sich im Heftroman nicht verwirklichen, denn das Auto als Motor der Wirtschaft musste im Dienste der Guten stehen.
Dass der Roman auch ohne sein Herzstück noch einigermaßen funktioniert, ist dem Autor zu verdanken. Aber schade ist es um diesen Entwurf, der sich für eine Neubearbeitung nicht mehr so eignet wie vor zwanzig Jahren, denn wie so oft hat die Realität die Fiktion längst überholt.
Tempolimits sind eines jeden Autofahrers Entsetzen. Wenn man mit 200 auf ein Hindernis auffährt, knallt es doch viel schöner als mit 100 (und die Sicherheitsgurte können zeigen, was sie können; wenn sie nichts können, kann der Sarg kleiner ausfallen und die Leichenbestatter haben was zu puzzeln). Auf den Autobahnen fallen viele in die Steinzeit zurück, wenn sie mit der Lichthupe andere jagen, wie einst der Häuptling und seine Sippe mit der Keule das Mammut.
Kurzum, das Auto ist ein Idol, ein Abgott, unantastbar und Ausdruck der persönlichen Freiheit, bei Tempo zweihundert (egal wie voll die BAB ist) sein Sterbedatum selbst zu wählen, und wenn wir in biblischen Zeiten leben würden, gäbe es wohl zwei Alternativen für das goldene Kalb: das Fernsehgerät oder das Auto (und ich glaube, zumindest in Deutschland würden mehr um den fahrbaren Untersatz tanzen).
Das war vor Anfang der siebziger Jahre nicht viel anders (ja, wenn man neuesten Meldungen glauben darf, eher noch ausgeprägter), auch da hatte das Auto im Herzen der Deutschen einen besonderen Platz.
Aus dieser Zeit stammt das Exposé »Der Gott auf Rädern« (siehe: Exposés, am 7. Oktober) von Hugh Walker, das etwa zwischen Herbst 1975 und Frühjahr 1976 entstanden sein dürfte. Damals war der größte Schrecken des Autofahrers der autofreie Sonntag, ausgelöst durch die Ölkrise in der Folge des Nahostkrieges im Oktober 1973. Seinerzeit gab es, im Gegensatz zu heute, kaum Kritik am Auto (auch heute ist die Gruppe der Kritiker noch relativ klein, und selbst diese fahren oft genug ihr Auto). Aber in den frühen siebziger Jahren fachsimpelte man bestenfalls im engsten Expertenkreis über den dramatisch ansteigenden Verkehr und unterschätzte die Entwicklung gewaltig. Das Auto war Motor des Fortschritts und unantastbar.
Interessanterweise stellt Hugh Walker in den siebziger Jahren eine Sekte, die das Auto verehrt, in den Mittelpunkt eines Exposés. Diese Sekte verehrt das Auto als greifbaren und allein existierenden Gott. Um das Auto zu schützen geht sie über Leichen. Ein Reporter, verwickelt in einen nächtlichen Unfall, kommt ihr auf die Spur, wird gefangen genommen und ist am Schluss dabei, als das Auto alle tötet.
Offensichtlich steht kein phantastisches oder übersinnliches Moment im Vordergrund. Zwar findet sich in Gestalt des nicht existierenden Ortes Ohlheim ein magisches Moment im Exposé, aber es steht nicht im Mittelpunkt. Das Auto soll es sein.
Auf der Rohschrift des Exposés, das für den Verlag nochmals abgetippt wurde, findet sieh noch der handschriftliche Zusatz von Hugh Walker, in Druckbuchstaben geschrieben:
AUTO IST DER ECHTE VAMPIR (44)Interessanterweise hat sich Hugh Walkers Vorbild Ray Bardbury in der Story »The Last Pedestrian« ebenfalls des Themas der Übermotorisierung angenommen. Allerdings unterscheiden sich beide Umsetzungen so sehr, dass man wohl nicht von einer Beeinflussung durch Bradbury sprechen kann, sondern höchstens von einem Anstoß.
Aus diesem Exposé entstand das Heft »Die Robot-Mörder« (Vampir-Horror-Roman 190, September 1976), ein Roman, in dem zwar auch eine Sekte ihr Unwesen treibt, aber das Motiv der Automobilverehrung fehlt völlig. Ohne die Komponente des Autos scheint der Roman seltsam motivationslos, als würde ihm das entscheidende Element oder besser das Herzstück fehlen.
Allerdings hat Hugh Walker in diesem Fall nicht selbst entschieden, derart vom Exposé abzuweichen, sondern Kurt Bernhardt, Chefredakteur bei Pabel, hat den Automobilkult persönlich verworfen. Es sei nicht zeitgemäß, das Auto als böse hinzustellen. Zudem sei das Thema einfach zu realitätsnah. Damit war das Projekt in seiner ursprünglichen Form gestorben.
Hugh Walker hatte jedoch die ersten Seiten des Romans bereits geschrieben. Er bog das Thema ab und legte somit Die Robot-Mörder in der bereits zweimal veröffentlichten Form vor.
Das Auto böse und bedrohlich darzustellen, ließ sich im Heftroman nicht verwirklichen, denn das Auto als Motor der Wirtschaft musste im Dienste der Guten stehen.
Dass der Roman auch ohne sein Herzstück noch einigermaßen funktioniert, ist dem Autor zu verdanken. Aber schade ist es um diesen Entwurf, der sich für eine Neubearbeitung nicht mehr so eignet wie vor zwanzig Jahren, denn wie so oft hat die Realität die Fiktion längst überholt.