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Mentor der Fantasy - Die Welt der Türme

Vampire pflastern sein Weg Mentor der Fantasy
Die Welt der Türme
Hugh Walker und der Mythos Hans Feller

Der Fantasyzyklus »Die Welt der Türme« mag interessant sein, denn das ist ›Heroic Fantasy‹ reinsten Wassers und weit besser lesbar, als vieles andere, was unter diesem Label erschien. Aber die Legende darum ist noch viel interessanter. Hugh Walker selbst äußert sich dazu nicht, und wenn die Rede auf Hans Feller kommt, so ergeht sich Hugh Walker in geheimnisvolle Andeutungen, erzählt von verschollenen Skripten, und auch Gustav Gaisbauer strickt eifrig an dieser Legende mit. - Und die Spur führt zu den Horrorromanen Straßls ...

 

Die gelbe Villa der SelbstmörderWer ist Hans Feller, existiert er überhaupt und wer arbeitete mit Hugh Walker zusammen an dem Fantasy-Zyklus? Oder arbeitete Hans Feller gar allein und wurde der Text von Hugh Walker nur überarbeitet?

Wir sind in diesem Fall auf Spekulationen angewiesen, und wenn wir dem Glauben schenken wollen, was Hugh Walker uns in den Einleitungen zu »Terra Fantasy« verrät, so stößt er uns in ein Meer von Mystifikationen um Hans Feller.

Selbst in seinen Horrorromanen setzte er ihm ein Denkmal. Ein Hans Feller taucht als Geisterjäger in »Die gelbe Villa der Selbstmörder« (Vampir-Horror-Roman 100, Januar 1975) auf, wo er von Hugh Walker in Ich-Form als Handlungsträger eingebracht wird. Im Personenregister finden wir den Namen 'Hans Feller' logischerweise verzeichnet. Zusätzlich ist wenige Zeilen darunter ein weiterer Name zu finden, der uns bei den Spekulationen helfen könnte. Im Personenregister ist zu lesen:
Hans Feller – Okkultist […]
Franz Schwaber – Ein Journalist, der sich über Geistererscheinungen lustig macht. (51)
In »Hexen im Leib« (Vampir-Horror-Roman 184, August 1976) hat Hans Feller einen Gastauftritt, in »Bestien der Nacht« (Dämonenkiller TB 24. Januar 1977) erscheint er wieder unter den handelnden Personen.

Als die Hexer starbenIn »Als die Hexer starben« (Terra Fantasy 87, Juli 1981) erzählt Hugh Walker über den Hans Feller. Ich zitierte in Auszügen:
Ich lernte Ray Cardwell Anfang der sechziger Jahre In Wien kennen. Das gemeinsame Interesse an phantastischer Literatur führte uns zusammen. Wir begegneten einander erstmals in einem Wiener Buchantiquariat, beide auf der Suche nach den Büchern von Hanns Heinz Ewers, Gustav Meyrink, K.H. Strobl und den Bänden der Galerie der Phantasten, [...]
Ray Cardwell ist ein Pseudonym. Dahinter steckt Hans Feller, ein Hobbypsychokopist, der sich für Geistererscheinungen, Seancen und dergleichen interessierte und seine Freizeit damit verbrachte, in alten Häusern herumzusteigen, wovon es in Wien ja genug gibt, die dazu noch nicht selten eine blutige Vergangenheit haben. Am deutlichsten ist mir noch eine aufregende Wanderung durch das Gebiet um die Blutgasse in Erinnerung, wo wir nach den ›Spuren‹ der Blutgräfin suchten und einige phantastische alte Häuser fanden und filmten. [...I
Wir schrieben eine Reihe Horrorstories gemeinsam. Eine davon erschien Mitte der sechziger Jahre unter dem Titel »Geliebtes Medium«. Zu dieser Zeit entdeckten wir auch unsere Liebe für die Fantasy und schrieben über die Jahre hinweg einen kleinen Zyklus von Stories und Romanen über die »Welt der Türme«, dessen Manuskripte aber unter keinem guten Stern standen.
Feller, der die Originale hatte, schrieb mir 1973 aus Holland, daß er dem tollsten Geisterfund seiner Karriere auf der Spur sei. Dabei gab es offenbar Leute, denen seine Schnüffelei nicht gefiel. Das Haus, das er seit einem Jahr gemietet hatte, brannte ab, und mit ihm verbrannten die Manuskripte. Er wollte daraufhin die Kopien haben, um sie zu überarbeiten, [...]. Ich schrieb ihm, daß ich ihn besuchen und die Manuskripte mitbringen wollte. Doch er riet mir dringend davon ab und sprach vage von einer Gefahr, in die ich mich begeben würde. Das war unser letztes Telefongespräch. Ich sandte ihm kommentarlos die Kopien per Einschreiben.
Zwei Monate später, Anfang 1974, erhielt ich die Nachricht von seinem Tod, der sehr mysteriös war, so recht das Ende eines Geistersehers.
Seither bemühte ich mich um die Manuskripte, da ich selbst keine Kopien mehr besaß. Doch erst 1980 im Zug einer Reise nach Amsterdam [...] stieß ich auf den Nachlaß Hans Fellers und konnte ihn loseisen. Es, war ein ganzes Bündel von sechs Romanen, ein Dutzend Stories und etwa vierhundert Seiten von Fragmenten und Notizen. Was ich allerdings vor allem suchte, ein Manuskript eines umfangreichen Berichts über seine Geisterforschungen, fand ich nicht.
Noch sind nicht alle rechtlichen Fragen geklärt, doch steht einer Publikation des Zyklus um die Welt der Türme nichts im Wege. Ich habe die Manuskripte nach seinen handschriftlichen Notizen bearbeitet.
(52)
Liest sich das nicht wie ein Szenario aus einem Horrorroman Hugh Walkers? Hier mischt er wie in der »Magira«-Serie Realität und Fantasie mächtig durcheinander, und das aus einem Umfeld heraus, das er kennt. Heraus kommt Ray Cardwell, das gemeinsame Pseudonym von Hans Feller und Hugh Walker.

Ebenso wirkt Gustav Gaisbauer, Vorsitzender des EDFC e.V. und Ex-Chefredakteur des Clubletter von DAN SHOCKER's FANTASTIK CLUB Marlos, eifrig an der ›Hans-Feller-Legende‹ mit. In einer früheren Biographie Hugh Walkers verstieg er sich zu der Behauptung, Hans Feller und Hugh Walker einmal auf ihren Streifzügen durch Wien begleitet zu haben. Er trägt dabei so dick auf, dass man meinen könnte, er wolle Hans Feller mit Gewalt aus der Welt der Fantasie in die der Realität ziehen.

Ab und zu lässt sich selbst Hugh Walker zu einer ironischen Bemerkung bezüglich des Feller-Mythos hinreißen, wie in einem Brief an Michael Schönenbröcher:
[…] Ich weiß, daß Herr Gaisbauer fleißig an der Hans-Feller-Legende strickt. Deshalb möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß sich Hugh Walker in Dämonen-Land 50 (im Autorenporträt) eindeutig zu den Vampirromanen bekannt hat. Auch hat die Exhumierung Fellers 1990 endgültig bewiesen, daß keine unveröffentlichten Manuskripte mit beerdigt worden waren. »Die Hölle in mir« ist das alleinige Produkt Hugh Walkers. (53)
Die zweite Person aus dem Register zu »Die gelbe Villa der Selbstmörder« und eine Erzählung in diesem Band könnten uns bei dem Versuch weiterbringen, die Existenz und mögliche Identität von Hans Feller zu ergründen. Der spöttelnde Journalist dieses Romans heißt 'Franz Schwaber'.

Nun hat Hugh Walker mit Franz Schwabeneder als Fan zusammengearbeitet. Eben dieser Franz Schwabeneder könnte das reale Vorbild des Hans Feller sein, jenem geheimnisumwitterten Mann mit dem ausgeprägten Hang zum Übersinnlichen. Ein Blick auf die Erzählung »Reich ohne Schatten« zeigt, wie bereits bemerkt, dass der Stil Schwabeneders, verglichen mit dem Hugh Walkers, recht geradlinig ist, was auch im »Welt der Türme«-Zyklus zu beobachten ist. Er, Walker und Gaisbauer könnten es auch gewesen sein, die auf Geisterhaussuche durch Wien unterwegs waren.

Hugh Walker selbst bestreitet vehement, dass Franz Schwabeneder ›Hans Feller‹ war. In dem (noch vom EDFC) herausgegebenen Magira 38, in dem ein Kinderbuch des Duos Walker/Schwabeneder erschienen ist, schreibt Hugh Walker dazu im Vorwort:
Franz Schwabeneder, der mit mir vor über zwanzig Jahren die Kindergeschichte die¬ser Ausgabe geschrieben hat, ist ein alter Schulfreund, Science-Fiction- und Fantasy-Fan, von Beruf Kulturredakteur einer österreichischen Tageszeitung. Er ist nicht jener Hans Feller, der in den Vorworten der Ray Cardwell Bücher als Koautor genannt wird. Ich möchte das hier deutlich sagen, um einige Spekulationen im Keim zu ersticken, die mir zur Kenntnis gebracht wurden. (54)
Hugh Walker winkt also ab, doch ich kann diesem Dementi, das nach Rückzugsgefecht und Spiegelfechterei aussieht, keinen Glauben schenken.

Es gibt nun mehrere Möglichkeiten bezüglich der Entstehung dieses Zyklus. Zum ersten: Es könnte sich in der Tat um alte Ideen handeln, die im Team oder von Franz Schwabeneder schon niedergeschrieben waren und von Hugh Walker wieder aufbereitet worden sind. Zum zweiten: Schwabeneder könnte in den späten Siebzigerjahren diesen Zyklus allein verfasst haben, den Hugh Walker dann nur noch geringfügig bearbeitete. Schließlich bleibt noch als dritte Möglichkeit, dass Hugh Walker die Romane nach alten Fragmenten neu schrieb.

Wie auch immer, die Geschichte um Hans Feller und Ray Cardwell ist eine geschickt inszenierte Farce, ein Spiel mit dem Leser.

Der Zyklus selbst ist ausgereift, aber gerade aus heutiger Sicht wenig aufregend, zumal die ›Hexer‹. Eine typische Fantasygeschichte, die die Welt nicht bewegt und keine gewaltigen Spuren hinterlassen wird, eine Randnotiz der Fantasy sozusagen. Man hat allerdings durchaus Spaß beim Lesen. Nur die Legende drum herum könnte als literarisches Versteckspiel Fans und interessierte Leser lange zum Schmunzeln bringen. Auch wirft die ›Hans-Feller-Legende‹ einen Schatten auf die Horrorromane, in denen er als Figur auftaucht. Hat dort Franz Schwabeneder mitgewirkt, vielleicht Ideen oder ein Exposé geliefert?

Der Hans Feller in den Romanen könnte eine Verbeugung für den Ideenlieferanten im Hintergrund sein, denn »Die gelbe Villa der Selbstmörder« hat, wie dargelegt, einige untypische Momente für Hugh Walker und ist vom Konzept her etwas zu geradlinig: Alles Hinweise auf Franz Schwabeneder. Vielleicht ist aus dieser Verbeugung vor dem Ideenlieferanten die Legende des ›realen‹ Hans Feller mit seinem tragischen, unheimlichen und mysteriösen Schicksal geworden ...

Oder doch nicht? Mehr dazu an anderer Stelle ...
 

Kommentare  

#1 Carn 2011-11-26 16:07
Wirklich interessant dieses Verwirrspiel um Hans Feller. Besonders interessant fand ich den Fakt, dass Hubert als Geister-Forscher unterwegs war - hat er dabei auch ein paar übersinnliche Begegungen gehabt?

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