Around the Corner: Die gekippte Welt im Wasserglas - Evangelion 3.33 - You can (not) redo
Die gekippte Welt im Wasserglas
Evangelion 3.33 - You can (not) redo
Sie knüpft an Ereignisse an, an die du zu erinnern glaubst; doch alles ist anders, verzerrt, umgekippt. Als wäre man Alice am Fuße des Kaninchenbaus.
Shinji Ikari erwacht 14 Jahre nach den Ereignissen des zweiten Films, für ihn liegt alles, der Kampf, die Emotionen, der Wille, nur wenige Minuten zurück, für alle anderen gefühlt ein Leben. Die Menschen um ihn herum sind die gleichen, und doch, trennen sie nun Welten. Sie alle führen ein Kampf in einer deformierten Welt, die entweder von Gott verlassen wurde, oder mit dem Finger seiner Hand in Berührung gekommen war.
Unbedarft wird Shinji hinab gestoßen, ohne das er eine Ahnung hat was überhaupt geschehen ist und wer gegen wen warum für was kämpft. Er ist nur von dem Gedanken beseelt: heraus zu finden was mit Ayanami geschehen ist. Doch niemand ist gewillt ihm zu antworten.
Er beschließt selbst in Aktion zu treten und findet sich unerwartet vor seinem Vater wieder und das was von Nerv übrigen geblieben ist; er findet eine andere Ayanami, als die, die er verlassen hat und er findet Kaworu Nagisa, den anderen Jungen, der zu spät erkennt, an welcher Stelle des Spiels sie sich gerade befinden.
Dann werden die Bruchstellen im Gefüge größer und ein erneuter Graben tut sich auf und droht auch den Rest mit sich zu reißen.
Evangelion 3.33 ist anders. Schon der zweite Film der Re-make Reihe aus dem Hause Khara, orientierte sich nicht mehr allzu stark an den Ereignissen aus der originalen Serie. Grundelemente waren zwar vorhanden, wurden aber genutzt um der Geschichte und der Entwicklung einen ganz eigenen Spin zu geben. Doch der dritte Film klappt dieses Buch zu und entscheidet sich die Geschichte auf eigene Faust weiter zu erzählen.
Es erinnert nicht mehr viel an die Ereignisse aus Neon Genesis Evangelion. Fans die noch glauben einen Teil dessen wieder zu finden, das sie einst kennen gelernt hatten, werden ziemlich hart in das kalte Wasser gestoßen.
Der Film ist düster und grausam, er zeigt die Welt nach einer Apokalypse, die niemand so recht zu verstehen scheint, und Mächte, die gegeneinander antreten, deren Ziele, tief in ihren eigenen Herzen vergraben sind, und sich weit von dem entfernen, was die anderen zu glauben scheinen, für das sie kämpfen.
Wie schon in der Serie, wirft der Film am Ende mehr Fragen auf als er zu beantworten scheint. Und doch, agieren die Macher weniger Symbolträchtig. Sie bemühen sich Antworten auf einige der bereits erscheinen Fragen zu geben und ein kohärentes Gesamtbild in eigener Interpretation zu geben.
Vor allem in den wenigen intensiven Dialog-Szenen wird die Handlung und vor allem der Hintergrund fast schon unerwartet ein ganzes Stück vorangetrieben, und viele Dinge aus der eigentlichen Serie, machen auf einmal um einiges mehr Sinn.
Ob ihnen jedoch gelingt die Serie auch mit diesem Film würdig fortzusetzen ist in der Fan-Gemeinde umstritten. Einige können mit dem Film nichts anfangen, ist es doch für sie kein EVA mehr, so wie sie es kennen, sondern eine laute Ansammlung von brutalen Momenten, unter einem blauen Himmel und einer rotgefärbten Erde, in der Nichts dem entspricht was sie kennen.
Für andere ist es eine Art Befreiungsschlag von der überladenen Symbolik und ein rund eineinhalbstündiges Feuerwerk an skurrilen Momenten in einer so vollkommen anderen Welt.
Aber das beeindruckteste ist noch immer die Ausgestaltung der Apokalypse an sich. Es ist keine Welt versunken im Chaos und einem Rückwurf in das Mittelalter, kein Kampf Mann gegen Mann, keine Zombies, keine Räuber-Banden. Zumindest liegt nicht darauf der Focus. Sondern, wir haben eine Festung in den Wolken, eine zerbrochene Erde, die bunt schillert an manchen Stellen und für immer rotgefärbt ist an anderen Orten. Eine sterbende Welt, die wiederrum eine Welt zu beherbergen scheint und nur darauf wartet neu geboren zu werden.
Wer die ersten beiden Filme mochte, sollte sich diesen auf jeden Fall ebenfalls anschauen. Alle anderen sollten beim ersten Film beginnen, denn als Stand-Alone macht er auf keinen Fall Sinn.
Und nächstes Mal: Wer hat Angst vor'm Schwarzen Mann - Paranoia Agent