Spielfilmdebüt des beliebten Online-Formats - Das Studio und die Flüchtlinge
Spielfilmdebüt des beliebten Online-Formats
Das Studio und die Flüchtlinge
Der Kreis seiner Mitarbeiter wuchs, es entstanden weitere Magazine zu Synchronisationen (Asynchron) und eine Pressesch(l)au (mit Lars Golenia), bis man sich schließlich mit „Das Studio“ erstmals auch an einem fiktionalen Format versuchte. All die lieb gewonnenen Moderatoren und Sidekicks der Webshows von massengeschmack.tv (so der Name der übergeordneten Instanz sämtlicher Sendungen) spielten sich in der Serie selbst beziehungsweise überzeichnete Varianten davon, und konnten damit ihrer Lust an der Schauspielerei und der satirischen Übertreibung frönen. Mit Hilfe einer Crowdfunding-Aktion hat es Holger Kreymeier nun ermöglicht, mit seinem Team einen neunzigminütigen Spielfilm zur Reihe zu realisieren, der ein überaus aktuelles Thema aufgreift und trotzdem auch wieder die Erwartungshaltungen der zahlreichen Fans und Follower Kreymeiers zufrieden stellen dürfte. „Das Studio und die Flüchtlinge“ wurde von Kreymeier geschrieben und inszeniert, die Musik stammt von Kreymeiers Musikexperten Klaus Kauker und vor der Kamera agieren neben dem Fernsehkritiker auch alle seine Mitstreiter.
Das Alsterfilm-Studio ist in finanzielle Bedrängnis geraten. Als sich Holger Kreymeier auch noch von einem findigen Gaunerpärchen narren lässt, das ihm die beiden teuren Kameras entwendet, muss die Produktion neuer Sendungen erst einmal auf Eis gelegt werden. Durch den Tipp einer Polizistin, die den Diebstahl protokolliert, bewerben sich Kreymeier, Nils Beckmann und Mario Perez bei der Stadt Hamburg darum, in ihren Räumlichkeiten Flüchtlinge zu beherbergen, um überhaupt wieder an Geld zu kommen. Das Amt ist froh um jede Mithilfe, und so werden dem Studio vier afghanische Flüchtlinge zugewiesen, die in ihren bisherigen Unterkünften negativ aufgefallen sind und als nicht integrationsfähig eingestuft wurden. Die vier Afghanen entdecken in Hamburg einen alten Freund aus ihrer Heimat, Fereydon (Fereydon Karimi), der sich nach seiner Ausweisung aus Schweden illegal in Deutschland aufhält. Kurzerhand nehmen sie ihn mit in ihre neue Unterkunft im Alsterfilm-Studio. Kreymeier verschweigt die Aktion seinem Vermieter, der eigentlich Anspruch auf die städtischen Zuwendungen hätte. Der rassistische Hausmeister Eddie Pornhagen (Andreas Schikowski) sieht endlich einen Grund gekommen, die unliebsamen Filmfuzzis vom Gelände zu vertreiben, und ein verprellter Rechtsradikaler (Tim Wawarta) mobilisiert seine Gefolgsleute, um gegen die Unterbringung der Ausländer im Studio zu protestieren.
Wenn man im Hinterkopf behält, dass „Das Studio und die Flüchtlinge“ eigentlich nur die Produktion einiger engagierter Laien ist, muss man vorm Endergebnis vorbehaltlos seinen Hut ziehen. Der Film ist durchweg überaus professionell produziert, bedient die filmischen Sehgewohnheiten seines Publikums durch zahlreiche Kamerawechsel und einen gelungenen Schnitt und ist durchweg sehr temporeich und kurzweilig in Szene gesetzt. Auch die Laienschauspieler hatte Regisseur Holger Kreymeier durchweg sehr gut im Griff, sie wirken vor der Kamera natürlich und überzeugend. Lediglich er selbst konnte sich mitunter seine Tendenz zum Overacting nicht verkneifen. Das Drehbuch ist am Puls der Zeit gestrickt und greift etliche Punkte auf, die die Politik und die Gesellschaft derzeit beschäftigen. Mitunter gewinnen die ernsten Elemente der Handlung sogar die Oberhand, weswegen der Untertitel „Die Komödie zum Flüchtlingsdrama“ ein wenig zu kurz gegriffen scheint. Der Humor rückt mitunter doch sehr in den Hintergrund, weiß aber insbesondere in vielen sympathischen Details zu gefallen, wenn Behördenmentalitäten karikiert werden oder sich Fans der Webserien an den Anspielungen zu den bekannten Hauptfiguren ergötzen können.
Die im Eigenlabel produzierte BluRay wurde nicht gepresst, sondern lediglich gebrannt, weiß aber auch in ihren technischen Aspekten zu überzeugen. Der mit Digitalkamera gedrehte Film bietet ein exzellentes Bild (im Widescreen-Format 2,35:1), und auch der Ton (Deutsch wahlweise in Dolby Digital 5.1 oder in LPCM 2.0) ist sehr gut abgemischt. Als Extras bietet die Scheibe einen Audiokommentar von Holger Kreymeier, Nils Beckmann, Mario Perez und Kameramann Christopher Danckers, ein Making Of (36 Minuten), Outtakes (18 Minuten), ein Special zur Filmmusik von Klaus Kauker (9 Minuten), eine Rezension von Wolfgang M. Schmitt (7 Minuten) sowie den Kurzfilm „Silent Silence“ von Mojtaba Rajabzadeh (8 Minuten).