Stars unter Masken - »Alice im Wunderland« (1933)
Stars unter Masken
»Alice im Wunderland« (1933)
Das Echo auf McLeods Version von „Alice im Wunderland“ fiel deswegen seinerzeit eher durchwachsen aus. Viele bemängelten genau diese Verschwendung bekannter Stars, denn Cary Grant kann man beispielsweise als falsche Suppenschildkröte beim besten Willen nicht erkennen. Auch Richard Arlen als Edamer-Katze, William Austin als Greif oder Sterling Holloway als Frosch kann man nur dann identifizieren, wenn man die Schauspieler rein stimmlich erkennt. Die aufwändigen Masken berauben die Schauspieler in diesem Film jeglicher Ausdruckskraft, weswegen man die Rollen getrost auch mit weit unbekannteren Darstellern hätte besetzen können. Co-Drehbuchautor Joseph L. Mankiewicz („Cleopatra“, „Alles über Eva“) bezeichnete diese Verfilmung später als „gutgemeinte Katastrophe“. So weit muss man nicht unbedingt gehen, denn im Abstand von mehr als 85 Jahren kann man nun doch auch die Trickeffekte und die fantasievollen Kulissen und Masken wertschätzen.
Alice (Charlotte Henry) langweilt sich und lässt deswegen ihrer Fantasie freien Lauf. Sie spielt mit den wertvollen Schachfiguren ihres Vaters oder stellt sich vor, wer auf der anderen Seite des großen Spiegels im elterlichen Wohnzimmer lebt – und wie die spiegelverkehrte Welt dort aussieht. Als es ihr tatsächlich gelingt, in diese Spiegelwelt zu gelangen, trifft sie dort auf die absonderlichsten Gestalten: ein weißes Kaninchen (Skeets Gallagher), das in großer Eile ist, eine seltsame Teegesellschaft, bestehend aus dem Hutmacher (Edward Everett Horton) und dem Schnapphasen (Charlie Ruggles), Tweedledee (Roscoe Karns) und Tweedledum (Jack Oakie) oder dem Ei auf der Mauer, Humpty Dumpty (W.C. Fields). Außerdem gerät Alice in die Auseinandersetzungen zwischen der schwarzen (Edna May Oliver) und der weißen Königin (Louise Fazenda) sowie deren ebenfalls zum Leben erwachten weiteren Schachfiguren.
Norman Z. McLeods Film lebt von den mit Liebe gefertigten Locations und den fantasievollen Masken, die aber, wie gesagt, die darstellerische Entfaltung der Schauspieler fast völlig ersticken. Selbst Gary Cooper, der gegen Ende des Films als Weißer Ritter auftritt, ist unter künstlicher Glatze und üppigen Barthaaren kaum zu erkennen. Wem eine gut gemachte und flott inszenierte Verfilmung des Buchklassikers genügt, der kommt hier dennoch sicherlich auf seine Kosten. Die Handlung ist von kürzeren Gesangseinlagen aufgelockert, darüber hinaus wird die Geschichte vom Walross und dem Zimmermann als Animationssequenz von Rudolf Ising (Regisseur etlicher klassischer „Tom und Jerry“-Cartoons) erzählt, was ebenfalls für Kurzweil sorgt. Eine Adaption, die ihre Starriege zwar gehörig verschenkt, aber trotzdem zu unterhalten versteht. Vorausgesetzt, man ist der englischen Sprache mächtig oder kommt mit deutschen Untertiteln zurecht. Denn der Film feierte erst im Jahr 2011 seine deutsche Erstaufführung auf DVD und wurde nie synchronisiert. Auch die Neuauflage in der Arthaus-Edition von StudioCanal präsentiert den Film nun lediglich mit englischer Tonspur (Dolby Digital 2.0 Mono, optional mit deutschen Untertiteln) im schwarz-weißen Vollbildformat (1,33:1). Die Extras der DVD-Premiere sind hier nun nicht mehr mit aufgespielt.