Glasklarer Grusel - »Schloss des Schreckens«
Glasklarer Grusel
»Schloss des Schreckens«
"Früher war alles besser". Unter diesem Slogan scheint der Film Schloss des Schreckens besonders zu wirken. Gerade in Zeiten von Corona. Ein Film aus einer anderen Zeit, wie auch ntv-online in einem Artikel zum kürzlich erschienenen Mediabook feststellt.
Was eignet sich besser in diesen Zeiten, als ein alter Filmschinken. Sicher kommt man da nicht zuerst auf Schloss des Schreckens, es sei denn man ist ein Filmkenner und Liebhaber. Denn dieser Streifen ist sowas wie eine Art Ausrufezeichen des Genres. Ein Vorläufer vieler moderner Geisterfilme wie Shining und The Others. So jedenfalls verspricht es die Werbung des Labels Capelight.
Handlung
Miss Giddens ist eine junge Gouvernante, die von der nicht mehr ganz jungen Deborah Kerr verkörpert wird. Ein reicher Engländer (Michael Redgrave) stellt sie ein, um eine Erzieherin für seine Nichte und seinen Neffen zu haben, die ihm ein eher unliebsames Erbe seines Bruders sind. Mrs. Groose, die Haushälterin ist zur Zeit die einzige Bezugsperson der beiden Kinder. Miss Giddens nimmt den Auftrag zunächst zweifelnd an. Zunächst lernt sie nur Flora kennen. Das Mädchen ist freundlich und lieb. Miles, der Junge, weilt in einem Internat. Schon bald muss Miss Giddens erfahren, dass er flegelhaft war und entlassen wird. So kommt er zum Herrensitz Bly zurück auf dem Miss Giddens inzwischen alle Zweifel über Bord geworfen hat. Auch der Junge ist entzückend und sie versteht nicht, warum er das Internat verlassen musste. Noch glaubt sie an einen Irrtum.
Bald schon sieht Miss Giddens vermehrt Gestalten auf dem Landsitz, die sich den Kindern immer wieder an nähren. Ein Mann und eine Frau. Anhand von Fotos und Beschreibungen schließt sie darauf, dass es sich um Peter Quint, den ehemalige Hausverwalter und die ehemalige Gouvernante Miss Jessel handelt. Beide starben vor kurzem unter zweifelhaften Umständen. Keiner glaubt Miss Giddens. Nur Mrs. Groose scheint sowas wie Verständnis aufzubringen, gibt aber auch nicht zu, dass sie ihr glaubt. So bleibt sie eine einsame Kämpferin, die die Kinder retten will. Sie vermutet, dass die beiden Toten ihre zu Lebzeiten wilden Obsessionen nun an den Kindern weiter exerzieren wollen.
Gute Bildqualität
Ein glasklares Bild sorgt auf der BD der Mediabook-Version für ein filmisch sehr hochwertiges Vergnügen. Man glaubt nicht daran, dass dieser Film schon fast 60 Jahre alt ist. Man könnte von der Bildqualität her meinen, er wäre 2019 gedreht worden.
Dabei hat Regisseur Clayton den Film 1961 inszeniert. Der Film wirkt durch die Ästhetik älter. Letztlich spielt er im ausgehenden 19. Jahrhundert. Aber er ist wirklich nur wenig älter als Hitchcocks Psycho und genauso alt wie Hitchcocks Die Vögel um dies Mal plastisch zu vergleichen.
Die Spannung zieht der Film zunächst aus zwei Elementen. Das sind zum einen die Geistererscheinungen, die zunächst nur schemenhaft auftauchen, aber im Verlauf des Films immer deutlicher werden. Das nur Miss Giddens sie zu sehen scheint ist ein Effekt des Films, der beim Zuschauer die Frage offen lässt, ob es diese Geister wirklich gibt. Das ist so beabsichtigt. Dem Zuschauer wird ein minimales Quantum an eigenen Interpretationsspielraum gegeben. Der Schluss des Films ist allerdings eindeutig - und jetzt muss ich etwas spoilern. Denn Miles spricht in der Tat abscheuliche Dinge aus und nennt Peter Quint ebenso beim Namen, wie die Tatsache, dass die fürchterliche Gestalt plötzlich erscheint. Das zweite Element sind die Kinder und deren Geschichte und Beziehung zu den Verstorbenen. Gänsehaut ist angesagt.
Darsteller
Die Darsteller sind gut gewählt. Allesamt haben sich - abgesehen von den Kindern - bereits Sporen im Schauspiel verdient. Allen voran natürlich Deborah Kerr. Michael Redgrave hat als Onkel nur eine kurze, wenn auch bedeutende Rolle. Doch auch die nicht unwichtige Rolle des Mrs. Groose, die Megs Jenkins spielt ist nicht so häufig im Bild wie Deborah Kerr. Laut Booklet des Mediabooks ist Kerr von 100 Minuten Film in 95 Minuten zu sehen.
Die beiden Kinderdarsteller waren Pamela Franklin und Martin Stephens. Besonders Franklin mache in den Folgejahren noch durch einige zweit- und drittklassige Horrorfilme von sich reden. Beide Darsteller gaben ihre Schauspielkarriere aber alsbald auf.
Gedreht wurde im Studio und im Shefield Park in Sussex, wo auch die Schloss-Kulisse steht.
Allgemeines
Obwohl der Film erfolgreich war, zog nicht wie heutzutage üblich oder vor allem in den 80er-Jahren in Mode, eine Reihe von Filmen nach sich. Dabei bot sich die Story ideal für eine Fortsetzung an. Er zog aber eine Welle von Geisterfilmen nach sich, wie u.a. das Werk Bis das Blut gefriert (1966) hervorbrachte. 1971 drehte Michael Winner mit Das Loch in der Tür allerdings ein Prequel der Geschichte, indem Peter Quint und Miss Jessel die Hauptrollen spielen. Marlon Brando und Stephanie Beacham stellten sie dar.
Das Drehbuch schrieb zunächst William Archibald. Mit den ersten Fassungen war Clayton nicht zufrieden, so dass eine Bearbeitung durch John Mortimer und schließlich Truman Capote (Frühstück bei Tiffany) nötig war, der die Endfassung lieferte. Die Vorlage stammt von Henry James. Die Geschichte lautete im Original "The turn of the screw".
Titania Medien veröffentlichte 2004 ein Hörspiel zur Story mit dem Titel "Die Unschuldsengel". Das Hörspiel liegt dem Mediabook bei. Ebenso ein Booklet mit Anmerkungen des Filmkritikers Daniel Wagner.
Schloss des Schreckens
(1)= Capelight
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Kommentare
Gut, als junge Gouvernante geht hier Deborah Kerr nun wirklich nicht mehr durch. Aber ihre Rolle spielte sie doch recht ansprechend. Gesamt betrachtet ist dieser Film sogar um Längen besser umgesetzt worden - und entsprechend auch gruseliger - als der 1966 gedrehte Film BIS DAS BLUT GEFRIERT nach dem Roman SPUK IN HILL HOUSE von Shirley Jackson, der in meinen Augen auch wesentlich schlechter gealtert ist.
gut, dass es den Zauberspiegel gibt
zitiere Laurin:
Genau genommen kann man die Filme nicht mal vergleichen. In Bis das Blut gefriert wird die Existenz von Geistern gar nicht in Frage gestellt, Außerdem wird versucht das Phänomen dort para-wissenschaftlich zu erklären - mit den Geisterjägern. Das nimmt der Geschichte viel Grusel-Potenzial. Somit ist dieser Film für mich bei weitem nicht so gruselig wie Schloss des Schreckens, zumal er auch von Effekten etwas überladen ist. Die kleine aber eindringliche Dosis Horror ist viel gelungener. Und der Titel Bis das Blut gefriert passt vom Gefühl her eher auf Schloss des Schreckens.