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Around The Corner - Der Tanz mit den Wölfen - Prinzessin Mononoke

Around The CorberDer Tanz mit den Wölfen 
Prinzessin Mononoke

2001 war ein Jahr, in dem wir zwar nicht mit einem Raumschiff durch den Weltraum reisten, jedoch konnte der eine oder Anime-Fan wahrscheinlich ebenso nicht so recht glauben, was ihn da im Kino erwartete.
 
Galt es doch ein wahres Juwel zu bestaunen:
Prinzessin Mononoke.

 

Prinzessin MononokeAufgefallen war der Film bereits 1998 auf der 48. Berlinale, jedoch wurde sein regulärer Start immer weiter hinausgezögert und auch dann, als er endlich anlief, wurde er zu meist nur in ausgewählten Programmkinos gezeigt, was bei 35 mageren Kopien für ganz Deutschland nicht verwundert. Zum Vergleich Miyazakis Chihiro's Reise ins Zauberland startete bereits mit rund 300 Kopien, Disneys Toy Story 3 mit 740.

Dennoch schaffte es der Film auf anscheinend rund 60.000 Zuschauer, was vor allem der Mund-zu-Mund-Propaganda zu verdanken war.

Dabei ist Prinzessin Mononoke der einzige Miyazaki Film mit einem FSK von 12. Es ist ein grausames Märchen, in dem auch Blut fließt und der Mensch vor allem gegen eines Kämpfen muss den Hass, den er selbst erzeugt hat.

Die Geschichte beginnt mit Ashitaka, dem jungen Prinzen eines Stammes. Als sich ein wildgewordener und bösartiger Dämon anschickt sein Dorf niederzumähen verteidigt Ashitaka seine Leute, doch es ist eine Kreatur, die er nicht hätte töten dürfen und so befällt ihn ein fürchterlicher Fluch. Die Menschen grenzen ihn aus. Er muss sein Dorf verlassen.

Auf der Reise durch die äußere Welt und auf der Suche nach einem Heilmittel, gerät er schließlich in die Auseinandersetzung zwischen Mensch und Tierwelt. Auf der einen Seite, die Herrin der Eisenhütten-Stadt Tatara, Eboshi, die den Wald rodet und Metalle abbaut um Waffen und Munition und andere Dinge herzustellen. Auf der anderen Seite, die Tiere des Waldes unter ihnen die Wolfsprinzessin San (genannt Mononoke, Dämon), die von der Wolfsgöttin großgezogen worden war und nun versucht mit allen Mitteln ihre Welt zu verteidigen.

Es kommt zum großen Krieg, bei dem fast alles Leben im Wald und der Umgebung ausgelöscht wird.

Mononoke ist keine einfache Geschichte. Der Film verbindet so viele traditionelle Elemente aus dem mystischen Bereich, aus der eigenen Geschichte und auch aus der Imagination des Miyazaki miteinander, das es den europäischen Zuschauer durchaus ein wenig ratlos zurücklässt.

SanKleine Geister im Wald, Götter, die sich verwandeln und verwundbar werden, Götter, die weder gute noch böse kennen, sondern nur dem Folgen was richtig ist.

Aber auch Menschen, die auf ihre Weise jeweils recht haben und sich dennoch auf der anderen Seite der Frontlinie wieder finden. Merkwürdige Kreaturen, die ihren Ursprung in der reichhaltigen japanischen Folklore haben.

Denn, auch Mononoke ist eine Geschichte ohne wirkliches Böse. Die Menschen versuchen ihre Interessen zu waren und zu überleben. Der Wald und die Kreaturen des Waldes sind ihnen im Weg. Sie kennen keinen andere Möglichkeit, als sich ihm in den Weg zu stellen und zu versuchen als Sieger aus dem Konflikt hervor zu gehen, denn Scheitern bedeutet das Ende.

Und doch geht Miyazaki ein Stück weiter. Was viele als ein Art von "Öko-Märchen" ansehen, ist eine Geschichte darüber, das die Menschen einst den Wald verließen und sich ihm nicht mehr hingeben möchte.

Der Wald hat für den Menschen seine Mystik verloren. Aber am schönsten formuliert es Miyazaki selbst:
"The place where pure water is running in the depth of the forest in the deep mountains, where no human has ever set foot - Japanese had long held such a place in their heart. There lived big snakes you don't see in a village, or something scary - we believed so until a certain time. I still have a feeling that there is such a holy place with no humans in the deep mountains, the source where many things are born. I think that Japanese gardens definitely try to create a holy, pure world. Purity was the most important thing for Japanese.
We have lost it. I'm not interested in Japan as a state. But I feel that we have lost our core as the people who live in this island nation. I think that it was the most important root for the people who have been living on this island.
"
(Interview mit Hayao Miyazaki im Juli 1997,  © 1997 by Tokuma Shoten and Studio Ghibli)
Wir finden also vor uns eine Geschichte, die versucht wieder diesen Sinn zu sensibilisieren, die versucht zu zeigen, was wir einst in der Welt um uns herum gesehen haben, was uns bewegt hat und nun nicht mehr tut.

Aber wie so viele Geschichten und auch Anime vereint die Welt hier auch noch mehr: Das wir alle einen Weg haben, den wir gehen, der sich beständig ändern kann und auch wird. Das eine Sache immer zwei Seiten hat und wir nur dann wirklich Sinn aus der Welt ziehen, wenn wir beide Seiten auch wirklich akzeptieren oder sie zumindest wahrnehmen.

AbschiedUnd, dass es auch eine andere Umwelt gibt, Leben, das einfach anders als wir ist.

Weiterhin spielt Miyazaki eine Karte, die ihm von mir einen tiefen Respekt einbringt: Er kreiert weibliche Heldinnen, bei denen man nicht versucht ist, sie auszublenden. Ob nun die beiden Mädchen von Mein Nachbar Totoro, Chihiro in Chihiro's Reise ins Zauberland, Sheeta in Das Schloss im Himmel, Kiki in Kikis kleiner Lieferservice, oder eben San und auch die Herrin Eboshi in Prinzessin Mononoke. Sogar Sophie (Das wandelnde Schloss) und auch die weiblichen Figuren in Ponyo lassen sich in diesen Reigen einreihen. Sie alle sind stark, tragen gar fast schon männliche Züge.

Dennoch auf ihre Weise und innerhalb ihrer jeweiligen Geschichte machen sie Sinn. Sie wirken nicht platt, treten nicht unangenehm auf und lass einem nicht als weiblicher Zuschauer sich die Haare raufen. Unerschrocken, dennoch aber auch mit Furcht im Herzen, stellen sie sich ihrer Aufgabe und versuchen die Dinge auf die beste Weise wieder ins Lot zu bringen.

Sie sind dabei nicht perfekt, sie machen Fehler. Sie zeigen durchaus auch negative Emotionen: Arroganz (Eboshi), Hass (San), Unsicherheit (Sophie), Sturheit (Ponyo), Einsamkeit (Kiki), und Angst (Satsuki und Mei).

Doch diese Einflüsse unterstützen nur die Identifikationsmöglichkeit mit den Figuren. Viele Figuren aus dem Shoujo-Bereich (junge Mädchen) sind nicht sonderlich tief. Man nimmt ihnen ihre Geschichte und auch ihre Reaktionen nicht ab. Eine mögliche Identifikation findet nicht statt, da man sie als Leser und auch Zuschauer nicht ernst nehmen kann.

Bei Miyazaki ist das anders. Wir haben hier eine weibliche und auch eine männliche Person, die ein Team bilden. Beide agieren nahezu gleich stark und füllen eine Rolle, ihre Rolle innerhalb der Geschichte aus. Dabei machen sie Sinn. Ihre Aktionen und auch Reaktionen stimmen und gehen Hand in Hand mit der Geschichte.

Entsprechend agieren Eboshi und auch San. Eboshi ist eine harte Figur, sie kämpft für das was erreicht hat, verteidigt es gegen andere Menschen, die Tiere und sogar Götter.
"And what Eboshi is trying to do is to build a paradise as she thinks of it. Hence, she is a person of the 20th century. She has a clear ideal and can take action. Well, I just think so (laughs)."
(Interview Hayao Miyazaki,  © 1997 by Tokuma Shoten and Studio Ghibli)
Während San versucht ihre Heimat und auch ihre Familie, ihre gesamte Welt zu verteidigen.

WaldgottNeben diesen starken erzähltechnischen Punkten, hat Mononoke aber auch noch andere Stärken. Neben den handgezeichneten Folien, die verwendet wurden und vor allem bei dem bösartigen Dämon am Anfang zur besten Geltung kommen (hier setzte Miyazaki nach einigem experimentieren gewollt auf Handzeichnung), übertrifft sich auch wieder Joe Hisaishi fast selbst. Seine musikalische Untermalung öffnete das Herz des Zuschauers und lässt ihn die Welt des Anime wahrnehmen.

Die weiten Ebenen, die sich mit "The Legend of Ashitaka" vor meinem Augen öffnen geben mir jedes Mal Gänsehaut. Wie sie sich ins Herz graben und sich dort festsetzen. Oder auch die leicht melancholischen Klänge der "The Journey to the West", die in etwas sehr zartes und sehr hoffnungsvolles übergehen und das Eingangsthema in sich aufnehmen und weitertragen.

Die lustigen Klänge der "Kodamas", der kleinen Waldgeitster, denen Ashitaka begegnet, die schon fast an Gelächter erinnern. Der starke Gesang des Frauenchors in "The Tatara Women Work Song", der von Kraft und Respekt singt.

Und dazwischen immer wieder Ashitakas Thema, das davon klingt, das es weitergeht.

Der Tanz der Trommeln in "The Battle Drums", die auf voller Lautstärke einmal durch jeden Raum gehallt sein müssen. Den richtigen Trommeln, wie es auch die Trommler-Gruppe Yamato vorführt, kann sich keiner entziehen, wie sich die tiefen Bässe durch den Körper fressen und dabei nicht stumpf bleiben, sondern einen mit Leben erfüllen und eine unglaublich Dynamik beweisen.

Und am Ende entfaltet sich noch einmal Ahsitakas Thema in voller Länge und trägt den Zuschauer noch einmal in vollem Orchester durch den ganzen Film.

Und wir können nicht glauben, das das Märchen schon zu Ende sein soll.

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Daten:
Mononoke Hime
(
Prinzessin Mononoke )
Direktor: Hayao Miyazaki
Studio: Studio Ghibli
Musik: Joe Hisaishi

Laufzeit: 133 Minuten
Veröffentlichung: 1997 (Deutschland: 1998/2001)

DVD und Soundtrack liegen als deutsche Veröffentlichung vor.



In zwei Wochen: See you Space Cowboy - Cowboy Bebop

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