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Der Heftroman: »Die Nr. 1« - Apache Cochise

Der Heftroman - Die Nr. 1Apache Cochise

Jede neue Serie muss sich an den Verkaufsständen beweisen. Ein Schlüsselroman - wahrscheinlich der Schlüsselroman schlechthin - dürfte bei einem Serienneustart der jeweilige Auftaktband sein.

Bereits mit Band 1 muss die neue Serie den potenziellen Käufer am Kiosk ansprechen. Der Roman muss überzeugen, eine zweite Chance wird vom Leser nur selten gewährt. Das Konzept muss stimmen, die Optik muss passen und nicht zuletzt muss der Roman unterhalten.


Und er muss Lust auf eine Fortsetzung machen. Wenn der Leser den Folgeband schlicht haben will, dann hat es funktioniert.

In unregelmäßigen Abständen möchte ich einige Nr.-1-Bände der Vergangenheit nun näher betrachten.



Ich werde gejagtGefährlich wie ein Vipernbiss
Apache Cochise 001
Er hasste die Bleichgesichter wie die Pest
Western von Alexander Calhoun
1. Auflage: 1981
2. Auflage: 2004
Die Scouts John Haggerty, Lefty Roman und Bill Harwig werden Zeuge, wie die verschollene Patrouille, die sie suchen, von Chiricahuas-Apachen ausgelöscht wird. Sie selbst geraten in Cochises Gefangenschaft, sollen gefoltert und getötet werden.

Der Scout Curt Miller hat Ärger mit seinem betrunkenen Vorgesetzten, Major Tanner. Er schlägt ihn nieder und flieht aus dem Lager, bevor ein Feldgericht ihn verurteilen kann. Dann schließt er sich einer Schmugglerbande an und findet heraus, dass sie mit einer anderen Bande konkurriert, es dabei aber auch eine merkwürdige Verbindung geben muss.

John Haggerty, der Cochises von einem Skorpion gebissenen Schwester das Leben rettet, muss sich im Zweikampf mit dem Mimbrenjo-Unterhäuptling Wakashi messen. Er gewinnt, lässt seinen Gegner aber am Leben.

Währenddessen häufen sich die Chiricahua-Überfälle auf die Weißen – auch in Gebieten, die nie ein Chiricahua betreten würde …

Cochise ermöglicht den Gefangenen die Flucht, sorgt dafür, dass die Chiricahua sie auch nicht verfolgen. Die Mimbrenjo-Apachen hingegen heften sich an ihre Spur …

Bei „Gefährlich wie ein Vipernbiss“ handelt es sich um einen doch recht ungewöhnlichen Auftaktroman. Die John Haggerty-Handlung erinnert anfangs sehr an Karl May (ohne die Faszination der Bücher oder das Märchenhafte der Filme zu erreichen): Ein Weißer wird gefangen, hilft den Indianern, Respekt entsteht.

Von der Idee her also nichts Neues, und sprachlich absolut enttäuschend. Zu oberflächlich, manchmal zu derb und zu einfach gehalten. Ich musste mich zwingen, bei diesem Roman über Seite 20 hinaus am Ball zu bleiben.

Nur zwei Beispiele:

John schoss auf einen angreifenden Apachen. Der ließ seine Streitaxt fallen und legte sich still aufs Gesicht.

 001, Seite 7

„Willst du die verdammte Rothaut dort drüben laufenlassen?“

(Das Halbblut Lefty Roman zu Bill Harwig) Apache Cochise 001, Seite 6

Absolut überraschend der Aufbau des Romans. Obwohl John Haggerty für mich schon als Hauptheld bereits ausgemacht schien (was sich durchaus auch bestätigen sollte), entwickelte sich Curt Miller ebenfalls zu einer Hauptfigur – in einem separaten Handlungsstrang, der sicherlich einmal mit Cochise und Haggerty verwoben wird, nur noch nicht in Band 1. Eine durchaus interessante Vorgehensweise des Autors (oder des Autorengespanns?).

Vom Prinzip her gefällt mir auch, dass man als Leser Curt Miller lange nicht richtig einordnen kann – und sich selbst am Schluss des Romans noch nicht hundertprozentig sicher ist, ob er eine positive oder negative Figur ist. Dummerweise funktioniert dies aber nur, weil die Personen insgesamt recht oberflächlich gehalten sind.

Ein Manko, dass mir bei vielen Kelter-Westernromanen auffällt, nicht nur bei dem hier besprochenen. Hier wäre es interessant, wie die Redaktionsvorgaben für die Kelter-Serienautoren ausgesehen haben, denn diese ‚Stilgleichschaltung‘ ist sehr auffällig, gerade bei der Westernserienflut, die der Kelter-Verlag ab 1981 auf den Markt warf.

Bereits früh schien Alexander Calhoun der Schwarz/Weiß-Zeichnung zu verfallen:

„Die Armee nimmt keine Skalps. Du musst dich an die Mexikaner halten, wenn du uns das ankreiden willst.“

(John Haggerty zu Cochise, Apache Cochise 001 Seite 8).

Doch diese Befürchtung bestätigte sich nicht. Ich frage mich zwar nach wie vor, ob die Apachen bei einem Skorpionbiss tatsächlich die Hilfe eines Weißen benötigen, aber die daraus resultierende Entwicklung ist dann eher positiv: John Haggerty gewinnt Cochises Sympathien – nicht aber die aller Apachen.

Und hier trennt Alexander Calhoun sich dann doch noch von dem von Karl May geprägten Weg: Obwohl sich herauskristallisiert, dass einige Apachenüberfälle fingiert sind und eine Freundschaft zwischen Cochise und Haggerty seinen Anfang nimmt, schildert er weiterhin die brutalen Überfälle der Indianer – unter der Führung Cochises. In der zweiten Hälfte des Romans gewinnt die Handlung dadurch deutlich an Dynamik und Spannung, wird mitunter richtig tragisch.
Wie kann und wird sich die Beziehung der zwei Männer entwickeln unter diesen Voraussetzungen?

Ein bisschen verständnislos sehe ich auf die zwei eingeführten Banden: Viele Namen ohne Profil, einige Andeutungen ohne konkrete Aussagen – es wirkt alles ein wenig konstruiert. Wenn dieses Szenario schon eingeführt wird, hätte es der Handlung gut getan, sie konsequent durch die Augen Curt Millers zu betrachten.

„Scheißwetter, was?“
Während dieser Bemerkung nestelte er in seinen Taschen herum.
„Ja“, sagte Miller und versuchte ein Grinsen, während ihn die Ungeduld plagte.
„So was nennt man Indianerwetter.“
Um ihn loszuwerden, hätte ihm Miller gern zugestimmt. Aber in diesem Moment krachte das zusammenstürzende Haus auf seinen Kopf und drückte ihn mit dem Gesicht in den Matsch.
(Handlungswechsel)

Apache Cochise 001, Seite 52

Dick aufgetragen, aber packend und spannend: Was brachte das Haus zum Einsturz? Welche Rolle spielt der Unbekannte? Kann Curt Miller dies überleben?

Die (wohl unfreiwillig komische) Auflösung dann:

Der Regen kühlte seine Stirn und durchnässte gleichzeitig seine Kleidung. Mühsam raffte er sich auf, stützte sich mit gespreizten Händen gegen die Hauswand. Es fiel Miller schwer, seine Gedanken zu ordnen und herauszufinden, was geschehen war. Etwas war auf seinen Kopf gekracht. Hatte der Kerl, der ständig an seiner Hose herumgefummelt hatte, ihn niedergeschlagen, oder war es durch die offene Hintertür geschehen?

Apache Cochise 001, Seite 58

Da darf man dann auch als Leser schon mal ein bisschen verwirrt sein, oder?

Fazit:
Ein Roman mit Licht und Schatten. Nach einem zähen Anfang gewinnt der Roman deutlich an Dynamik. Stilistisch ist er insgesamt zu oberflächlich, in der ersten Hälfte aufgrund der zahlreichen Randepisoden (Curt-Miller-Handlung mit den zwei geschilderten Banden) sogar verwirrend.


Apache Cochise
im Serienprofil:

Seriencharakter:
Ja. Band 1 dürfte nahtlos mit Band 2 fortgesetzt werden. Ein Blick in die Titelliste macht deutlich, dass die Serie Fortsetzungscharakter hat, ein Autor meist mehrere Romane in Folge verfasst hat.

Cliffhanger:
Eine Gefahr für Leib und Leben der Hauptfiguren besteht nicht, doch es wurden bereits in Band 1 viele Fragen aufgeworfen (Skorpion in dieser Gegend, fingierte Indianerüberfälle, das Zusammenspiel der Banden, Curt Millers weitere Rolle, Friedensbemühungen, …), die beantwortet werden wollen. Nicht zuletzt: Wann und wie werden sich John Haggerty und Curt Miller begegnen?
 
Charaktere:  
In der Beschreibung zwar sehr oberflächlich gehalten überzeugen sie aber mit Ausnahme der zwei Banden in der Konzeption und im Zusammenspiel.

„Stop!“ sagte John mit einem leichten Kratzen im Hals. „Und du, Naiche? Wie denkst du über mich?“
Naiches Augen blieben ausdruckslos.
„Drei Tage blieben wir Freunde, Hellauge. Danach wird es wieder so sein wie zuvor. Wenn wir uns mit der Waffe gegenüberstehen, wird einer von uns beiden sterben. How!“

Apache Cochise 001, Seite 42

Lust auf Fortsetzungen:
Mit Einschränkung ja. Zumindest will ich wissen, wie sich die Handlung weiterentwickelt. Stilistisch war der Roman hingegen absolut kein Genuss.

Hintergrund/Spekulation:
Kelters Westernserienoffensive:
Nachdem der Pabel-/Moewig-Verlag Ende 1981 sein komplettes Westernprogramm eingestellt hat ("Ronco", "Lobo", verschiedene Reihen), versuchte der Kelter-Verlag, der bereits in den 60er Jahren mit seinen Serien „Wyatt Earp“ und „Doc Holiday“ führend auf diesem Gebiet war, erneut Fuß zu fassen.

„Apache Cochise“ war die erste von gleich mehreren Serien, die der Verlag parallel bzw. schnell aufeinander folgend auf den Markt warf: "Major Carson", "Die harten Vier", "Halleluja Reverend", "Marshal David Jericho", …

Keine dieser Serien sollte 50 Bände alt werden. Noch Jahre später wurden die Remittenden in den Kaufhäusern zu Billigpreisen verramscht.

Pseudonyme:
Die Autoren, die sich unter den Pseudonymen versteckten, schrieben mitunter auch unter den Tarnnamen der Kollegen. Jürgen Duensing erklärte einmal im persönlichen Gespräch, dass bei dringlichen Abgabeterminen durchaus auch mehrere Autoren an einem Roman schrieben, wobei diese Aussage sich nicht speziell auf „Apache Cochise“ bezog, sondern pauschal gehalten war.

Aber gerade die Auftaktbände von Apache Cochise mit den zwei unabhängigen Handlungssträngen könnten für eine Co-Autorenschaft sprechen. Unter dem Pseudonym Alexander Calhoun verbirgt sich in der Regel Kurt C. Metz, aber auch Jürgen Duensing hat darunter veröffentlicht. Vielleicht die „Apache Cochise“-Auftaktbände?

Leserseite:
Bei „Apache Cochise“ wurde eine von Jürgen Duensing betreute Leserseite eingeführt.

„Aber wenn der Feind tot ist, ist er kein Feind mehr, Bleichgesicht.“

(Cochise zu John Haggerty) Apache Cochise 001, Seite 19

Apache Cochise

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