„Wyatt Earp“ ist gestorben – Ein Nachruf - Hugh O’ Brian (1925-2016)
»Wyatt Earp« ist gestorben – Ein Nachruf
Hugh O’ Brian (1925-2016)
Ich war vielleicht 12 Jahre alt. Auf einem kleinen Schwarzweiß-Fernseher lief einmal pro Woche ein Film mit einem großen schlanken Mann. Eine markante Stimme sang:
„Wyatt Earp, brave, courageous and bold! Long live his fame, and long live his glory, and long may his story be told!“
Der Darsteller des Wyatt Earp war Hugh O’Brian – er war in meinen Augen die beste, die charismatischste Verkörperung dieser markanten historischen Gestalt.
Tatsächlich war diese Serie mit über 200 Folgen in den 1950er Jahren die erfolgreichste Western-Serie im amerikanischen Fernsehen, und Hugh O’Brian wurde das Image des „Wyatt Earp“ sein Leben lang nicht los.
Geboren als Hugh Charles Krampe am 19. April 1925 in New York als ältester Sohn einer Familie, die ein Geschäft für Linoleumfußböden betrieb, wuchs er in einem Vorort von Chicago auf, wohin der Vater die Firma verlegt hatte. Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges meldete er sich freiwillig zum US-Marine Corps. Bereits mit 17 Jahren hatte er es zum Ausbilder gebracht – er war der jüngste Drill-Instruktor der Marines in der amerikanischen Militärgeschichte. Disziplin und Zielstrebigkeit sollten auch sein weiteres Leben bestimmen.
Nach Ende des Krieges zog Hugh Krampe nach Los Angeles, um an der University of California zu studieren. Nebenbei verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit Botengängen und anderen Hiflsarbeiten und lebte zeitweise in einer Garage. Krampe, der bei Theateraufführungen der Universität erste Bühnenerfahrung gesammelt hatte, verabredete sich eines Tages mit einer Schauspielerin. Als er sie abends am Filmset abholte, erregte der gut aussehende, sportliche junge Mann die Aufmerksamkeit eines Filmproduzenten. Er wurde zu einem Vorsprechen eingeladen – der Rest ist Geschichte. Krampe erhielt einen ersten Filmvertrag für eine Reihe von Nebenrollen und den Namen „O’Brian“.
1955 wurde er als Hauptdarsteller der Westernserie „The Life and Legend of Wyatt Earp“ verpflichtet. Das war sein Durchbruch. Die Serie wurde 6 Jahre lang, von 1955 bis 1961, produziert und erreichte regelmäßig die ersten 10 Plätze in der Zuschauergunst.
Es war natürlich eine idealisierte Darstellung des berühmten Westerners, dessen Leben keineswegs so glatt und glorreich verlaufen ist, aber Hugh O’Brian strahlte Glaubwürdigkeit aus. Seine Bildschirmpräsenz war überwältigend. Er wurde zu einer Symbolfigur des Western, ebenso wie John Wayne auf der Filmleinwand – mit dem er übrigens gut befreundet war.
In späteren Interviews erzählte er, wie er sich auf diese Rolle vorbereitete – mit stundenlangem Üben des „Quick-Draw“ mit dem langläufigen Buntline-Special-Colt vor dem Spiegel; am Ende war er vielleicht der Western-Darsteller, der am schnellsten seinen Revolver ziehen konnte. Stolz berichtete er, daß der Kameramann bei Duellen niemals Trickaufnahmen einsetzen musste, um seine Überlegenheit vorzutäuschen – O’Brian zog seinen Colt mit atemberaubender Schnelligkeit; und er war ein traumwandlerisch sicherer Schütze.
Er war vermutlich auch der erste Hauptdarsteller, der mit der Tradition brach, daß der Held einen weißen Hut zu tragen hatte – schwarze Hüte waren für die „bad guys“ reserviert. O’Brian setzte den schwarzen Hut durch; ein Modell, das noch heute in Western Shops als „Wyatt“ angeboten wird.
Als die Wyatt-Earp-Serie endete, wirkte O’Brian noch in zahlreichen Filmen und Fernsehserien mit. Er spielte die Hauptrolle in der Serie „Search“ und war Gaststar in populären Serien wie „Perry Mason“. In „Twins“ mit Arnold Schwarzenegger war er zu sehen. Im letzten Film seines Freundes John Wayne „Der letzte Scharfschütze“ (The Shootist), stellte O’Brian einen Spieler dar. Er war der letzte Mann, den John Wayne in seiner Filmkarriere „erschoß“. (Die Szene im Showdown des Films war besonders dramatisch; der schon schwer verletzte Wayne sieht im Barspiegel, wie O’Brian sich aus seiner Deckung erhebt, um auf ihn zu feuern, richtet sich mit letzter Kraft auf und gibt den tödlichen Schuß ab.)
Aber Wyatt Earp ließ O’Brian nie los. 1990 spielte er die Rolle noch einmal in „Guns of Paradise“, 1991 in „The Gambler Returns“, und 1994 in „Wyatt Earp: Return to Tombstone“.
Daneben war O’Brian – was in Deutschland weitgehend unbekannt blieb – ein hervorragende Sänger und Tänzer, der mehrere Musik-Alben auf den Markt brachte und Star einer gefeierten Las-Vegas-Show war.
Was hierzulande niemand wahrnahm, war Hugh O’Brians soziales Engagement – in Amerika für einen Star seines Kalibers keineswegs ungewöhnlich.
Nach einem Treffen mit dem berühmten Missionsarzt Dr. Albert Schweitzer in Afrika gründete er schon 1958, auf dem Höhepunkt seines Ruhms, eine Stiftung, die „Hugh O’Brian Youth Leadership“ (Hoby), die die Ausbildung von talentierten Schülern und Studenten zu Führungspersönlichkeiten fördert. Die Stiftung arbeitet bis heute in allen 50 US-Staaten und in 20 anderen Ländern. Über 400.000 Studenten haben bislang von O’Brians Engagement profitiert. Faktisch bis zu seinem Tod kümmerte O’Brian sich persönlich um diese von ihm geschaffene Institution.
Zwei Bücher hat er über sein Leben geschrieben. Schon 1951 erhielt er den „Golden Globe“ für seine Rolle in dem Film „Der Mann vom Alamo“. 1956 erhielt er für „Wyatt Earp“ den Emmy als bester Hauptdarsteller, und natürlich hat er einen Stern auf dem „Walk of Fame“ in Hollywood.
Der eiserne Junggeselle heiratete 2006 seine Frau Virginia, mit der er zuvor 18 Jahre lang zusammengelebt hatte.
Das Image des Wyatt Earp hatte ihn sein Leben lang begleitet, und er hatte diese Prägung akzeptiert. Gelegentlich trat er noch im hohen Alter als Earp auf, etwa wenn Städte wie Tombstone oder Dodge City ihn darum baten.
Mich hat er immer fasziniert. Er hat mein Interesse an amerikanischer Geschichte – und im Speziellen an der Geschichte von Tombstone, Dodge City und Wyatt Earp – geweckt. Für mich hatte er seine Strahlkraft nie verloren. Ich war stolz, als er mich auf „Facebook“ in seinem Freundeskreis akzeptierte.
Jetzt ist er gestorben, nach einem langen, erfüllten Leben.
Seine Darstellung des Wyatt Earp wird ihn überdauern. Mag es inzwischen auch einige realistischere, historischere Interpretationen geben, etwa Kevin Costners Earp-Film, gab es kaum einen besseren Darsteller der Legende als Hugh O’Brian.
Wie heißt es sinngemäß in dem Film „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“?
When the legend becomes fact, print the legend.
Hugh O’Brian vertrat die Legende, und das mit großer Überzeugung. Neben Schauspielern wie John Wayne, Richard Widmark, James Stewart, u. a. war er einer der markantesten Western-Darsteller aller Zeiten – als der Western noch Kino und Fernsehen dominierte.
Als „Wyatt Earp“ wird er unvergesslich bleiben.
Kommentare
Wenn ich mich richtig erinnere, kamen die Folgen immer am Samstagnachmittag.
War die Zeit vor Beatclub...