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# 139: Bevor es rockte

As Time Goes By# 139: Bevor es rockte

Bevor es rockte, gab es schon SF. Utopia, Moewig in Deutschland; Galaxy, Astounding Science Fiction, Amazing Stories, Fantasy & Science Fiction in den USA. Dann die Taschenbücher von Signet, Ace. Es waren die fünfziger Jahre.

Wenn mich nicht die Erinnerung trügt, enthielten Utopia-Hefte, die von Walter Ernsting betreut wurden, eine Leserbrief- und Fandom-Kolumne. War dort ein Leserbrief von mir gelandet? Einer mit Anschrift?


Denn ich bekam Besuch von Felix-Lothar Goldstein, als ich mit Fieber im Bett lag. Ein kleiner Mover and Shaker, der mich aufforderte, in Hamburg einen SF-Club zu gründen, er würde das Gleiche in Berlin machen. Plötzlich gab es eine SFGH und eine SFGB (Science Fiction Gemeinschaft). Der Start.

Mit 16 oder 17 Jahren, und meine Pickeln losgeworden, trug ich wie alle anderen Jugendlichen Anzüge, Krawatte, kaufte meine Hemden bei May & Edlich am Jungernstieg, Hemdkragen mit runden Ecken und einer Nadel. Amerikanisch. Stark. Wurde ich deswegen Vorsitzender? Doch wohl eher wegen meiner überbordenden Aktivität, die darin bestand, mit NOVA mit den Co-Redakteuren Horst Margeit und Klaus Sorgenfrei ein literarisches Fanzine herauszugeben, beim Fanzine SOL die Hamburger Redaktion zu übernehmen und mit Goshoboyoboy, dessen Titelseite das zahnlückige Gesicht von MADs Alfred E. Neumann zierte, das erste Nachrichtenfanzine des deutschen SF-Fandoms für 30 Pfennig in Briefmarken oder für Neuigkeiten zu verschicken. Zeichnungen lieferte Mario Kwiat, das SFGH-Mitglied Berthold Dötze druckte. Zum kringeln, was ich damals schrieb. Etwa: „Wie GOSHOBOYOBOY von Willy Voltz und Heinz Bingenheimer in Erfahrung bringen konnte, stieß man in Frankfurt bei der Suche nach einem passenden Sitzungssaal auf unvorhergesehene Schwierigkeiten...“ etc, etc.

Es war Aufbruch, eine Zeit, in der alles möglich schien. Wir sahen Dokumentarfilme wie „Unser Freund, das Atom“, Spielfilme wie „Endstation Mond“, Fernsehbeiträge von Robert Jungk, der   Autos der Zukunft vorstellte, die sich selbst lenken würden. Ich war Lehrling bei der Firma Stilke, die auf den größten deutschen Bahnhöfen Buchhandlungen stehen hatte. Wir importierten amerikanische Taschenbücher. Ich verschlang SF, peppte damit mein English auf, kaufte am Bahnhof Pulpmagazine wie Amazing Stories und wurde vom Sense of Wonder gepackt.  Gruppenmitglieder Klaus Sorgenfrei, Horst Margeit, Fedor Witschel und ich schrieben Geschichten, Artikel und besaßen mit NOVA das Medium, sie dort unterzubringen. NOVA kostete 60 Pfennig in Briefmarken,

Es war die Zeit der Warenprobentüten, in denen wir kleine Tonbänder austauschten. Ich besaß ein Uher- und ein Grundig-Gerät. Wir besprachen die Bänder, ich mischte Musik dazu und dann flutschten sie als Vorläufer des Internet in ihrer Tüte mit der Post zu Gesprächspartnern  in Deutschland, England, Österreich und den U.S.A.

Es war die Zeit der gedruckten Fanzines, der Schreibmaschine, der Wachsmatritzen, derVervielfältigertrommel mit Kurbel, und der Tinte. Das Gefühl ist nicht zu beschreiben, dass ich empfand, wenn ich abends von der Arbeit kam, zu Hause den Briefkasten aufmachte und mir die farbigen Fanzines entgegenpurzelten, Leserbriefe zu Nova, Warenprobentüten.

Mit Jim Cawthorn (1929 – 2008) hatten wir ausser Mario Kwiat einen weiteren Illustratoren für unsere Fanzines gewonnen. Jim zeichnete z.B. Alfred E. Neumann als Brunnenspeier mit einer badenden nackten Frau. Phantastisch. Cawthorn verdiente später sein Geld damit, indem er sämtliche Bücher Michael Moorcocks und Titelseiten des von Moorcock herausgegebenen englischen SF-Magazins New World illustrierte. Weitere Zeichnungen kamen von Don Allen, ich kopierte einige von Atom und Alan Burns lieferte starke Geschichten. Ich konnte einen Brief von Robert A. Heinlein drucken, den er mir geschrieben hatte. Geschichten des Fanwriters John Berry, den ich später in Belfast besuchte

. Und damit komme ich zu den Fannish Fans und denen der SF-Clubs. Gut dass ich Rainer Eisfelds „Die Zukunft in der Tasche“ gekauft hatte. Konnte ich doch dort über meine Aktivitäten nachlesen. In meinen SOL-Artikeln zeichnete ich Linien des Fandoms auf, die aus meiner Erfahrung mit dem angelsächsischen Fandom gespeist wurden. Mit dem fannish Fandom und den von mir so genannten Fanzine-Fans gab es ein Gegengewicht zu dem von Walter Ernsting, Karl-Herbert Scheer und Wolf Detlef Rohr über die Clubs gesteuertem Fandom. Es wurde über den richtigen Weg gestritten. Ich fand das fannish Fandom für uns besser, wir rebellierten und emanzipierten uns. Freie Fanzines, freie SF-Gruppen, unreglementiert, nur sich selbst verantwortlich. Das angelsächsische Beispiel zeigte‚ dass auch in Deutschland Fandom nicht mehr nur aus Clubmitgliedern bestehen würde. Mir war klar, darauf würde es hinauslaufen und die SF-Gruppen halfen mit, dass es so eintraf. Später ging es um Perry Rhodan und um sogenannte Gute SF. Ein weiterer Punkt, über den in deutschsprachigen Fanzines heftig debattiert wurde.

Während von uns erzeugte politische Wellen durch das Fandom brandeten, ging es in den SF-Gruppen den gewohnten Gang. Wir trafen uns in den Wohnungen der Mitglieder, in Gaststätten, ließen kleine Raketen steigen, gingen Segeln, schrieben Geschichten, druckten, lasen, nahmen von uns gestaltete Hörspiele auf Tonband auf. Dann kamen Buddy Holly, Elvis und die Everly Brothers. Und irgendwann schenkte meine Mutter mir eine elektrische Gitarre. Ich wurde eingezogen, gab die Redaktion von Nova ab. Goshoboyoboy, später SF-Nachrichten produzierte ich noch aus der Estorff-Kaserne, R.A. Kp. 175, gewann mit Willy Voltz und Franz Rottensteiner hochkarätige Mitarbeiter. Nach der Bundeswehr brach der Rock n´ Roll herein. Es gab den Starclub, ich spielte in zwei Amateur-Rockbands und zog mich aus dem Fandom zurück.

Jetzt mit 70, wo die Knie anfangen zu zwicken, bin ich wieder SFCD-Mitglied, schwinge mich in meinen Pick-Up und besuche hin und wieder den Oldie-Con, lese Interzone, Analog, F&SF, Asimov´s, Albedo, Business Week, Spiegel, Scientific American und habe drei Avatars in Second Life, lerne Spanisch, Portugiesisch und versuche dann und wann eine Kurzgeschichte ins Internet zu stellen.

Kommentare  

#1 Paul-Heinz Linckens 2013-04-15 17:52
Ich suche in eigener Sache den Herausgeber Horst W. Margeit des Privatdrucks "All" (1961, SF-Fanzine, #1 bis #4).
In #3 gibt es einen Beitrag von mir mit dem Titel "Fortschritt". Ich habe alle meine Manuskripte aufgehoben, aber darunter ist keines mit diesem Titel. Ich wüsste aber zu gerne, was ich damals mit 21 geschrieben habe.
Wenn mir einer zu diesem Text verhelfen kann, wäre ich ihm sehr, sehr dankbar.
#2 Bielefeldt, Karin-Michaela 2019-10-23 15:14
Hallo,
mein Vater Felix-Lotar Goldstein war wohl in den 50-igern unter dem Pseudo "Tobby" im SF-Bereich
unterwegs. Da er jetzt verstorben ist, kann ich ihn nicht mehr fragen. Ich bin auf der Suche nach "geschriebenen" von ihm.
Ich habe in ihrem Artikel gelesen, dass Sie ihn kannten. Haben Sie vielleicht noch Erinnerungen an ihn, die Sie mit mir teilen würden?
Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Karin-Michaela Bielefeldt, geb. Goldstein

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Zur Unterhaltung braucht man hier und da eine gute Geschichte - auch im Zauberspiegel. Wer uns also Geschichten, Romane oder auch Leseproben zur Verfügung stellen will, ist jederzeit willkommen. Immer her damit.

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Also ran an die Tastatur.

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Worauf es auch definitiv nicht ankommt sind brillante Kenntnisse der deutschen Rechtschreibung und Grammatik, wobei wir von einer gewissen Mindestqualität der Texte natürlich ausgehen.

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Die Nachrichten sind noch immer ein Stiefkind im Zauberspiegel. Es passiert viel, auch in unserer "kleinen beschaulichen" Medienwelt.

Wir wollen unsere Nachrichten ausbauen, um den ganzen Tag über aktuell zu sein. Dafür wünschen wir uns mehr Mitarbeiter bei den Nachrichten.

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  • die Pressemeldungen verwerten
  • die im Idealfall auch Grundzüge von Joomla! verstehen, um diese Nachrichten online stellen oder Texte einstellen zu können, die dann von uns bearbeitet werden. Aber keine Sorge ... das ist lernbar wink.

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Immer wieder suchen wir Leute, die korrigieren, redigieren und Artikel formatieren, die hilfreich sind und unterstützen, aber die eher im Hintergrund stehen. Dabei ist diese Arbeit so (!) wichtig. Mit ihr steht und fällt der Zauberspiegel.

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Worauf es in diesem Aufgabenbereich dann doch ankommt: Solide Kenntnisse der deutschen Rechtschreibung und Grammatik.

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