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Sobooks: Netter Ansatz

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneSobooks: Netter Ansatz

Wenn man wollte könnte man von der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Lanier deprimiert sein. Man kann Entwicklungen im Internet ja durchaus mit Skepsis betrachten und sich vielleicht mal an die nächste Abteilung des Chaosclubs wenden wenn man mehr darüber erfahren will, wie man sich über Datenklau schützen kann. Schade, dass Thilo Weichert der Branche des Datenschutzes mit seinen nicht gerade pragmatischen Forderungen nun auch nicht gerade entgegenkommt, aber so ist das halt.


Während man sich woanders aber gerade damit beschäftigt, dass das Buch in der aktuellen Papierform der Hüter der Kultur ist, beschäftigt man sich nochmal woanders vielleicht mit der Zukunft. Obwohl: Sobooks, die neue Plattform von Sascha Lobo, der den FAZ-Verlag an Bord geholt hat, ist - nett. Für den Anfang jedenfalls, ausgereift ist das Konzept noch nicht so ganz.

Sobooks verspricht Bücherlesen ohne Gefrickel und ohne lästige Hardware. Während andere Anbieter mit dem epub-Format oder einem Derivat arbeiten sind die Bücher, die bei Sobooks zu finden sind reine HTML5-Dateien. Sie sollten daher mit jedem Gerät und an jedem Ort - ähm, außer auf der Strecke von Mülheim nach Duisburg, diversen Bahnstrecken des Landes, ländliche Gebiete in denen das mobile Internet noch nicht so funktioniert für unterwegs - also - vom Prinzip her sollten die Dateien überall auf jedem Gerät zu lesen sein, eine Downloadfunktion ist noch angekündigt aber wohl noch nicht implementiert. Wobei: Wenn der Sinn von Sobooks eh darin besteht, dass man "sozial liest", dann hat man mit einem Download wohl nur wieder eine Datei auf dem Gerät ohne die Besonderheiten des Modells... Aber das würde immerhin das Problem mit "Ich hab hier nur E" lösen.

Sobooks geht davon aus, dass der Leser an sich mit dem Autor oder mit anderen Lesern über Inhalte und Abschnitte diskutieren möchte. Wobei die Auswahl der Literatur bisher eher an das erinnert, was netzaffine Menschen gerne lesen und diejenigen, die über die Piraten, Internet, Filterbubble sinnieren. Leute also, die dafür sorgen dass Google+ lebendig ist. Gut, okay, Jerry Cotton ist auch dabei, die Zielgruppe von Sobooks ist allerdings dann doch eher wohl - wenn man sich die Bücher anschaut - eher Richtung "liest Spreeblick, Netzwertig und Heise". Selbstverständlich können Inhalte in die diversen Sozialen Netzwerke geteilt werden. Dass Sascha Lobos nächstes Buch exklusiv erstmal bei Sobooks erscheint dürfte nicht verwundern, schließlich ist das ja sein neues Geschäftsmodell. Das sich durch den Verkauf von Büchern finanzieren will. Wobei man mit dem FAZ-Verlag immerhin schon einen - noch - finanzkräftigen Partner an Bord hat: "Nach dem Start in einigen Wochen werden Leser auf faz.net/lesesaal gemeinsam mit Redakteuren, Kritikern und auch den Autoren selbst über Bücher diskutieren können. Dabei steht jede Woche ein neues, aktuelles Buch oder ein Klassiker der Literatur im Mittelpunkt. Das jeweilige Werk lässt sich direkt auf faz.net lesen, diskutieren und natürlich auch kaufen." Schick. Ob die Salonbetreiber des 18. Jahrhunderts je ahnen konnten, dass sie mal Modell für eine bahnbrechende Technologie stehen würden?

Bei dem ganzen Tamtam, den Lobo schon vor Monaten für die Plattform gemacht hat, hätte man jetzt ja die Offenbarung für die Branche erwarten können. Sobooks ist allerdings - nun - nett. Sofern ich zulassen will, dass mir jemand wieder beim Lesen über die Schulter schaut, denn natürlich werden mir auch Lektüreempfehlungen zugeleitet, ja, wenn man mal ein Buch aufblättert - die Technik funktioniert übrigens gut, aber das war ja zu erwarten - dann wird man durch kleine schwarze Balken unten auf die Seiten verwiesen, die am meisten "Activity" aufzuweisen haben. Also Likes oder Kommentare. Das ist - nett. Und ebenso nett ist die angewiesene bisherige durchschnittliche Lesezeit, wer das Buch bisher kommentiert hat und allerlei andere Statistiken zum Buch an sich. Bei Michael Seemanns "Das neue Spiel"  - das man sich kostenlos durchlesen kann - kann man sich ansehen wie das Ganze bei Sobooks aussieht und funktioniert. 

In einem Interview mit der ZEIT formulierte Sascha Lobo 2013: "Wenn die richtigen Leute mitdiskutieren und vielleicht sogar die Autoren dabei sind, dann will der Leser sehen, was die sagen." Wer bisher mit befreundeten Lesern kommunizieren wollte nutzte ein Internetforum oder schrieb ein Blog oder tauschte sich auf BuCons aus. Lobo möchte jetzt das Buch zu einem Zwei-Wege-Medium machen, zu einem Medium bei dem der Leser mit dem Autor in den Dialog tritt und das innerhalb des Mediums/Formats Buch. Kann das funktionieren? Zum einen: Was passiert wenn ich größere Abschnitte - nicht nur einen Satz oder eine Bemerkung - in den Sozialen Netzwerken teile? Ich vermute Sobooks hat sich da abgesichert, aber da auch ein Satz schon als Aphorismus geschützt sein kann und wehe dem, der Loriot oder Brecht oder Kästner unwissentlich auf seine Seite ins Netz stellt - wie kann ich als Leser sicher sein, dass die Autoren dem zugestimmt haben? Werden sie ja wohl an einer Stelle des Vertrags, aber - hmm. Zweitens: Will ich als Leser denn unbedingt, dass man mir bei der Lektüre reinquatscht? Lesen ist seit dem Bischoff Ambrosius - und den hat Augustinus dabei ertappt - ein stilles Vergnügen. Die Vorstellung, dass man mir beim einem Roman mitten in den Handlungsablauf reinkommentiert ist eine, die mich eher nicht so begeistert. (Die Markierungen von anderen Lesen bei Amazon sind dagegen ja recht dezent.) Wobei man die Kommentare bei Sobooks ja auch dezent beiseite schieben kann wenn sie einen stören. Aber dann wäre das ja nicht im Sinne des sogenannten Social Readings, des neuen sozialen Lesezirkels.

Denn - seien wir ehrlich - nichts Anderes ist Sobooks momentan als das. Der gute alte Lesezirkel ist mit neuer Technologie zurückgekehrt. Leute setzen sich zusammen und lesen gemeinsam ein Buch. Kann man machen, ob sich das auf Dauer trägt ist die andere Frage. Denn: Die Bücher, die momentan zur Verfügung stehen sind definitiv Nischenliteratur. Überwiegend, ich zähle mal Jerry Cotton nicht dazu, ich denke aber der Cotton-Leser wird nicht unbedingt bei Sobooks zu finden sein sondern eher bei anderen Angeboten. Und ob die Marke davon protifitiert, dass sie bei Sobooks mit macht und neue Leserschichten erreicht bleibt abzuwarten. Warum ich als Leser Sobooks jetzt nutzen sollte - nur weil der Autor eventuell auch kommentiert wenn er will? - erschließt sich mir bisher jedoch nicht. Aber gut, wenn die ganzen Abonnenten der FAZ jetzt das Portal stürmen... Dann wird das sicherlich was für die Hochkultur.

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