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Was ist eigentlich diese Kreativwirtschaft von der alle so reden?

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneWas ist eigentlich diese Kreativwirtschaft von der alle so reden?

Diese Kreativwirtschaft - alle reden darüber, aber keiner weiß so richtig, was das sein soll. Selbst am gestrigen Mittwoch bei einer Veranstaltung war das nicht klar, die das Thema für NRW umreißen sollte - nein, Moment, die so etwas wie ein Themeninkubator für das Ruhrgebiet sein sollte.

Themeninkubator ist auch so ein Wort, das auf die Stille Treppe gehört.


Dass selbst die Wikipedia nicht Kreativwirtschaft als eigenen Beitrag hat sondern die zur Kulturwirtschaft schlägt ist ja schon mal sehr bezeichnend.

Es ist halt schwierig zu fassen dieses Themengebiet. Zu dem übrigens die Buchbranche auch gehört, sie will das nur nicht so ganz wahrhaben. Schließlich sind Autoren und Verleger ja genau so wie Architekten im Grunde ihres Herzens ja eindeutig Künstler. Bei Architekten bisweilen eher verhindert aber egal. Kreativwirtschaft gilt als das kommende Ding, also sollte die Buchbranche ja stolz darauf sein mit einer der Motoren für dieses Wirtschaftliche zu sein. Wobei hier das Wunschdenken von Politikern und die Wirklichkeit mal wieder enorm auseinanderklaffen, weil die meisten Förderprogramme des Landes und des Bundes so abgehoben sind dass nur Chi-Chi-Künstler nach vorne kommen. Oder solche, die irgendwas mit Logistik, Industrie oder so machen. Im Grunde ist das, was das Land und der Bund will ja nur, dass Kreative total toll die Wirtschaft beleben. Das ist okay. Wenn man denn nicht immer so viel Wert auf dieses MINT-Gedönse legen würde und in den Gemeinden bei der Kulturförderung an sich den Hahn zudreht, weil man ja das Geld nicht mehr hat.

Und obwohl die Wikipedia folgendes schreibt ist das Phantom der Kreativwirtschaft einfach nicht so ganz greifbar: "Unter Kultur- und Kreativwirtschaft werden diejenigen Kultur- und Kreativunternehmen erfasst, welche überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert sind und sich mit der Schaffung, Produktion, Verteilung und/oder medialen Verbreitung von kulturellen/kreativen Gütern und Dienstleistungen befassen." - Nicht, dass das wirklich weiterhilft. Okay, der Künstler, der nur wegen der Kunst lebt und keine Absicht hat damit Geld zu verdienen fällt damit schon mal raus. Aber es gibt Künstler, die eben halt doch Geld verdienen wollen. Sind die dann erwerbswirtschaftlich orientiert? Verlage sind es ja generell. Okay, nicht alle. Einige sind ja schon froh wenn sie auf Null kommen. Andere dagegen betreiben das aus reiner Liebhaberei. Und fallen damit schon aus der Kreativwirtschaft raus, obwohl - auch wieder nicht. Sie schaffen und produzieren ja kulturelle Güter. Eine genaue Definition was diese kulturellen Güter sein sollen ist dann schwammig. Ein Bild ist ein kulturelles Gut? Das schicke Interface für die Schrottpresse ist das doch sicher nicht - moment mal... Das Interface ist das Ergebnis eines kreativen Prozesses, folglich sollte es auch ein kulturelles Gut sein? Ja? Doch? Eventuell?

Diese Kreativwirtschaft von der alle so reden ist einfach nicht zu fassen. Deswegen hofft man ja in NRW auf Kreativquartiere, in dem sich kreative Gesellen ansiedeln und dann laut den Thesen von Richard Florida zur Kreativen Klasse - nicht, dass irgendjemand diese Thesen nach all den Jahren mal anhand der Wirklichkeit überprüft hätte - dafür sorgen sollen, dass die Stadt prosperiert. Weil mit den Kreativen nach und nach halt das Geld kommt. Gentrifizierung funktioniert ja wie wir bestens wissen. Das Problem ist nur, dass Kreative sich dort ansiedeln, wo sie ideale Bedingungen vorfinden - und die können nicht von oben von Städten diktiert werden. Kreativwirtschaft ist halt kein Terrain in dem die bisherigen wirtschaftlichen Stand- und Denkpunkte greifen könnten: Kreativität ist nicht diktierbar. Und deswegen hat Kreativwirtschaft ja auch den Ruf eine dieser Disziplinen zu sein, die Politiker gerne mögen weil sie so diffus ist und man gerne alles, was auch nur den Hauch von Kreativität hat da reinpackt. Dann kommt halt das bunte Gemenge von Musikwirtschaft, Buchbranche, Architekten, Designern, Film, Rundfunk, Darstellende Künste, Presse, Werbung, Softwaremarkt zustande. Social Media zum Beispiel ist als bisherige Kategorie gar nicht erfasst sondern fällt vermutlich unter Presse.

Dabei ist nicht zu leugnen dass Einzelbereiche durchaus Wirtschaftsfaktoren sind. Dazu gibts auch genügend Studien - wie diese hier - die dem nachgehen. Und ja, sicherlich ist die Kreativwirtschaft als Label passend. Das Problem ist, dass jeder der das Wort im Munde führt was komplett andere meint. Was dann dazu führt, dass man bei Veranstaltungen zum Thema eher diese Ratlos-Dreinblick-Panels hat, die viel über Kreativität, Synergien, Potenziale und "Luft nach oben" reden, konkrete Beispiele aber vermissen lassen. Kein Wunder, wenn man diejenigen um die es geht nicht einlädt. Selbst dann wenn ein Akteur eines guten Projekts auf der Bühne ist heißt das nicht, dass der Funken der Erkenntnis automatisch überspringt. Aber vielleicht sind langweilige Konferenzen zu dem Thema auch gar nicht so schlecht - was würde wohl passieren wenn Politiker vor Ort die ganzen guten Initiativen, Netzwerke, Kreise, Kooperationen wahrnehmen und fördern würden?

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