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Totgeschwatzt - Der wahre Horror des Films DIE VÖGEL

Das Romanheft, das Universum ... und die Dinge dazwischen - Die Multimedia-KolumneTOTGESCHWATZT
Der wahre Horror des Films DIE VÖGEL

Über Filme wie diesen verliert man in der Regel kaum Worte. Er lag für 4,99€ herum und ich nahm ihn mit, um ihn mir zur Unterhaltung 'reinzupfeifen. Dabei spielte der Klappentext durchaus eine Rolle.

Und hier beginnt dann schon das Drama.
Die Vögel
Irgendein findiger Mensch beim DVD-Anbieter SPLENDID-FILM ist auf die glorreiche Idee gekommen, diese kleine Produktion für den SciFi-Channel namens KAW dem Zuschauer als Neuverfilmung von Hitchcocks THE BIRDS zu suggerieren. Dabei war es sicherlich sehr hilfreich, dass es sich um eine Story handelt, in der Vögel in grossen Schwärmen ein kleines Dorf heimsuchen und dass der Hauptdarsteller des originalen Films, Rod Taylor, hier eine Rolle als Nebendarsteller bekleidet.

Als deutscher Zuschauer ist man ja ohnehin gestählt durch die Vergewaltigung von Titeln. Und sieht man sich solch ein Werk nur in der synchronisierten Version an, bemerkt man oft gar nicht, wie sehr man für dumm gehalten wird. So kann diese DVD-Veröffentlichung durchaus mal als exemplarisch betrachtet werden.

Vielleicht habe mich über die deutsche Version auch nur geärgert, weil mir der Film gefallen hat. Er ist ein feiner kleiner Thriller in einem (trotz Computeranimationen) hübschen old-fashioned Look des 70'er Jahre Tierhorrors. Er hat die gleichen hohlen Charaktere und oft unlogischen Handlungsabläufe. Die Schlusslösung ist wunderbar blödsinnig: Die Raben sind durch Rinderwahnsinn zu menschenfressenden Bestien geworden. Dennoch ist der Film über weite Strecken recht spannend, ist ausgezeichnet fotografiert und hat meist überraschend gute Effekte.

Beim Titel, wie gesagt, beginnt es schon. Hier wird dem Käufer etwas suggeriert, was überhaupt nicht der Fall ist. Will man es eng sehen, dann ist KAW ein so genanntes Ripp-Off, aber selbst das leuchtet nicht ein. Folgt man der Logik des Klappentextes, dann wäre jeder Film, in dem ein Hai zur Bedrohung wird, eine Neuverfilmung von JAWS, oder jeder Slasher eine Neuverfilmung von FRIDAY THE 13TH.

Ein Film wie KAW ist schwer zu verkaufen, da er nur ein speziell orientiertes Publikum anspricht. So muss man das Ganze etwas aufpeppen, um irgendwie den 'normalen' Käufer zu erreichen. DIE VÖGEL von Alfred Hitchcock ist auch in der Allgemeinheit bekannt. Und da der Film die eine oder andere Ähnlichkeit aufweist, zudem den ehemaligen Hauptdarsteller erneut einer solchen Bedrohung aussetzt, kann man es ja mal so versuchen, indem man ein wenig Etikettenschwindel betreibt und mit marktschreierischen Methoden arbeitet. Ich halte es prinzipiell für legitim, bei der Anpreisung zu übertreiben, aber es ist nicht in Ordnung, dabei zu lügen.

Also denn, der Film beginnt. Nun habe ich ja die Angewohnheit, einen Film in seiner originalen Sprachversion zu schauen. Wenn möglich, schalte ich mir gern Untertitel zu. Da die Bearbeiter eines Films scheinbar grundsätzlich faul sind, andererseits auch ein wenig kostengünstig arbeiten müssen, werden Untertitel fast ausschliesslich von der Sprach- bzw. Synchronfassung abgeschrieben. Das ist im Originalen sowieso klar, wäre auch bei der Übersetzung in Ordnung, wenn die Synchro sich an das Original halten würde. Anderenfalls wird es peinlich.

Obwohl ich ja Synchronfassungen vor allem aus emotionalen Gründen ablehne (auch englische Fassungen eines asiatischen Films nur im äussersten Notfall schaue) und es lieber sehen würde, dass auch wir es hierzulande wie die Holländer oder Dänen halten würden, habe ich doch zuweilen Verständnis für Synchronschreiber oder -sprecher, wenn sie um der Verständlichkeit willen sich nicht immer genau an das Original halten. Das können sprachliche Eigenheiten oder besondere Eigenheiten eines Landes sein. Wenn aber der Zuschauer für blöd gehalten wird, dann kann ich sehr angefressen reagieren.

Das geschieht zum Beispiel, wenn während einer stillen Szene plötzlich Untertitel auftauchen. Die DVD erlaubt es ja, schnell noch einmal zurückzufahren und die Tonspur zu wechseln. Und man höre und staune: in der Synchronfassung wird geredet. Das ist mir nicht zum ersten Mal bei diesem Film aufgefallen, aber hier wird es über die gesamte Laufzeit schon penetrant.

Nur mal ein Beispiel:

Gleich zu Beginn sehen wir Wayne (Sean Patrick Flanery), seines Zeichens Sheriff des kleinen Ortes, der mit seiner Frau Cynthia (Christina Booth) im Bett liegt. Über Funk meldet sich Luanne aus seinem Büro. Wayne steht auf und geht zum Funkgerät, während Cynthia im Bett bleibt.
Luanne: „Chief, kannst du mich hören.“
Wayne: „Schon gut, schon gut. Immer mit der Ruhe. Hier ist Wayne. Schiess los, Luanne.“
Luanne: „Wayne, es gab einen Zwischenfall auf der Bachman-Farm.“
Wayne: „Könnte Stan sich darum kümmern?“
Luanne: „Rolf ist etwas zugestossen.“
Wayne: „Geht's ihm gut?“
Luanne: „Nein, ich glaube nicht. Maria war ziemlich aufgelöst.“
Wayne: „OK. Sag' Stan, wir treffen uns dort.“
Danach geht Wayne wieder ins Schlafzimmer zurück.

In der Originalfassung stellt es sich so dar:

Luanne: „Wayne, are you in there?“
Wayne geht zum Funkgerät. Während der ganzen Szene, die ohne weiteren Dialog ist, sehen wir Cynthia im Bett mit einer Kamera herumhantieren und Fotos von Wayne schiessen, bis dieser in den Schlafraum zurückkehrt. Nun folgend klärt er seine Frau darüber auf, dass es einen Zwischenfall auf der Bachman-Farm gegeben hat.

Die Szene erfüllt im Original einen ganz bestimmten Sinn und ist eher stilistisch denn handlungsfördernd zu sehen. Es ist Waynes letzter Arbeitstag als Sheriff. Die Nachricht von Luanne ist in jenem Moment nicht wichtig und Cynthia macht eher zum Spass ein paar Fotos ihres Mannes bei der Arbeit. Und so müssen wir die Nachricht über den Zwischenfall auf der Farm im Deutschen zwei Mal ertragen. Einmal während des Funkdialogs und dann gleich darauf nochmal nach der Rückkehr Waynes.

Meine Vermutung ist, dass dem deutschen Zuschauer nicht zugetraut wird, diese Szene in ihrer eigentlichen Funktion zu erkennen. Schliesslich haben wir es ja mit einem konventionellen Horrorfilm und nicht mit einem Kunstfilm zu tun. Fraglos braucht man diese Szenen in solch einfachen Filmen nicht überbewerten. Dennoch hat sich der Regisseur etwas bei dieser Sache gedacht, die in der Synchronfassung zugelabert und dadurch im Sinn verändert wird.

Insgesamt hat der Film elf kürzere oder längere Szenen, in denen im Deutschen geredet, im Original geschwiegen wird. Und manchmal bewegen die Darsteller nur die Lippen. Sie brauchen es nicht sagen, weil dem Zuschauer eh klar ist, was sie damit ausdrücken. Dennoch wird auch das laut und deutlich synchronisiert. So ist selbst die Originalfassung mit Untertiteln irgendwann nervtötend, da ständig Untertitel auftauchen, wo keine sein dürften.

Wie schon erwähnt, dieses ist kein Einzelfall. Allerdings ist es mir noch nie so krass aufgefallen wie bei diesem Film. Über die sowieso üblichen schlechten Übersetzungen der originalen Dialoge (vor allem bei kleineren Filmen, die zum Teil völlig unprofessionell synchronisiert werden) will ich gar nicht erst reden.

Ich habe mir ganz bewusst den Film ein zweites Mal in Deutsch angesehen, um sicher zu gehen. Ich behaupte nicht von mir, ein intelligenter Mensch zu sein, aber das, was mir dabei geboten wurde, beleidigt selbst das bisschen an Intelligenz, das ich besitze. Diverse Dialoge finden im Off statt, und was einem da an deutschen Sprachkapriolen untergeschoben wird, ist eindrucksvoll.

Ein Film, der häufig schweigend und ruhig daher kommt. Anders in der deutschen Fassung. Die Tonspur wurde verstärkt, um die Geräuschkulisse und Musik in den Vordergrund zu rücken (damit es wohl etwas aufregender wirkt). Und dann wird er halt totgeschwatzt. KAW ist kein weltbewegender Film und auch kein Genrehighlight. Aber er ist besser als die deutsche Fassung uns glauben macht.

Und seine Synchronisation ist eben kein Einzelfall...


Kommentare  

#1 Thomas Backus 2009-02-13 08:17
Die Filmemacher verstehen es hervorragend, Spannung zu erzeugen, indem sie die Vögel in stechend scharfen Großaufnahmen zeigen. Schnäbel, Augen und die Art, Vogelköpfe zu derehen sind schon eindrucksvoll. Die Angriffe der Vögel hingegen sind mehr als schwach. Mir erschien es, als flögen die Viecher alle zu ihrem Trainer um sich Leckerli abzuholen ... und das wars dann.
Ich fand den Film mehr als schwach - und mit den Dialogen hatte das nix zu tun!
#2 Mainstream 2009-02-13 09:10
-
Norbert, Du machst mir den Eindruck, als hättest Du
beim schreiben zwei Valium nötig gehabt. Schon mal
den Blutdruck geprüft?

Als bekennender fauler Mensch würde ich mir liebend
gerne Filme synchronisiert in Deutsch ansehen. Aber
ich kann mich nicht Cineast schimpfen und nicht wissen
was die die mir da an Dialogen vorsetzen.

Aber (manchmal) auch die Sprecher: Für DOUBT-
GLAUBENSFRAGE sind alle vier Darsteller für einen
Oscar nominiert und alles was mir von diesem Film
im Gedächtnis blieb, ist Amy Adams schrill, nervender
Sing-Sang an Stimme. Bloß weil unser Multiplex zu blöd
ist, ausgerechnet einen Darstellerfilm mal nicht im
Original zu zeigen.

Jetzt brauch' ich mal ein Valium...

Oder erinnert sich noch jemand an Gerd Günther
Hoffmanns ständiges Ächzen und Stöhnen, wo Bill
Shatner bei STAR TREK im Original einfach ruhig
war?

Muss jetzt gehen, Blutdruck messen...
#3 Norbert 2009-02-13 10:10
Hungergus: Vielleicht hätte ich den Zusatz mit meiner persönlichen Bewertung weglassen sollen. Es hätte in diesem Fall genausogut um einen grottenschlechten Bodensatzfilm gehen können, oder um einen aussergwöhnlich bedeutenden Superfilm. Mich ärgert oft noch nicht einmal die mangelnde Übersetzung an sich, was ich ja meist gar nicht mitbekomme, weil ich deutsche Fassungen nur noch höre, wenn ich mit Freunden Videosessions mache oder ins Kino gehe. Mir ging es um die Behandlung des Films durch die deutsche Bearbeitung. Ich hätte auch ein anderes Beispiel wählen können, aber DIE VÖGEL passte nun einmal, weil er in jenem Moment frisch war. Hätte ich eine Rezension schreiben wollen, dann wäre das Ergebnis anders ausgefallen.
Stimmt, Mainstream, da ich Filme in der Regel immer emotional sehe, war ich ob der Zerstörung genötigt Beruhigungspillen einzuwerfen. Beim Betrachten deutscher Fassungen fremdländischer Filme ist ein Blutdruckmessgerät unverzichtbar.
#4 Harantor 2009-02-16 03:41
Kann nicht schlafen. Schaltete das TV-Gerät ein. Sin City begann (einen Film, den ich bisher nur im Originalton kannte). Sin City ist gut übersetzt, die deutschen Sprecher sind nicht übel. Aber ... das Original erreichen sie einfach nicht. - Konsequenz: Abgeschaltet, Kommentar geschrieben...
Gute Nacht
#5 Mainstream 2009-02-16 08:05
-
Wie sagst Du selbst immer so passend:
Ruhig, Brauner...
-

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