Heutzutage steht das Wort Knigge ja eher für ein Benimmregelbuch. Etikette. Der Dame des Herzens die Tür aufhalten. Immer schön die Hose mit der Bügelfalte versehen. Taschentuch passend zur Krawatte ... Diese Dinge halt.
Was dem Freiherrn von Knigge eigentlich Unrecht tut, denn diese Dinge interessierten ihn in der Regel nicht. Sein Buch »Vom Umgang mit Menschen« ist eher das erste Buch mit soziologischen Grundregeln, die für ein glückliches Leben gelten sollten.
Wie allgemeingültig diese sind, wird einem erst bewußt, wenn man sein Buch mal wirklich liest ...
Unter anderem hat Knigge tatsächlich Einiges über die Kommunikation an sich zu sagen. Und über Social Media. Vielleicht sollte man mal Folgendes auf sich wirken lassen. Es lohnt sich durchaus.
1.) Social Media Grund-Regeln:
Interessiere Dich für andre, wenn Du willst, daß andre sich für Dich interessieren sollen!
Wobei Knigge nicht meint, man müsse den anderen Interesse vorheucheln, sondern man solle ein wirkliches Interesse am Gegenüber aufbringen. Also jedenfalls sollte man die Fähigkeit haben, dem Anderen zuzuhören.
(…) Vor allen Dingen vergesse man nie, daß die Leute unterhalten, amüsiert sein wollen; daß selbst der unterrichtendste Umgang ihnen in der Länge ermüdend vorkommt, wenn er nicht zuweilen durch Witz und gute Laune gewürzt wird;
Das Edutainment hat Knigge also auch schon vorhergesehen ...
daß ferner nichts in der Welt ihnen so witzreich, so weise und so ergötzend scheint, als wenn man sie lobt, ihnen etwas Schmeichelhaftes sagt; daß es aber unter der Würde eines klugen Mannes ist, den Spaßmacher, und eines redlichen Mannes unwert, den niedrigen Schmeichler zu machen.
Man unterschätze nie die Eitelkeit des Gegenübers, allerdings sagt Knigge auch: Bewahre deine Würde. Beziehungsweise begebe dich nicht unbedingt auf das Niveau des Gegenübers, nur um ihn zu beeindrucken.
Gehe von niemand und laß niemand von Dir, ohne ihm etwas Lehrreiches oder etwas Verbindliches gesagt und mit auf den Weg gegeben zu haben; aber beides auf eine Art, die ihm wohltue, seine Bescheidenheit nicht empöre und nicht studiert scheine, daß er die Stunde nicht verloren zu haben glaube, die er bei Dir zugebracht hat, und daß er fühle, Du nehmest Interesse an seiner Person, es gehe Dir von Herzen, Du verkauftest nicht bloß Deine Höflichkeitsware ohne Unterschied jedem Vorübergehenden!
Wohlgemerkt: Es geht immer noch nicht ums das Scharmützeln um des Scharmützelns Willen, auch wenn das vielleicht sich so liest. Das mit dem Niveau-Bewahren hatten wir ja einen Absatz vorher.
2.) Wie formuliere ich gute Postings?
Habe acht auf Dich, daß Du in Deinen Unterredungen, durch einen wäßrigen, weitschweifigen Vortrag nicht ermüdest!
Also: Nicht langweilen.
Ein gewisser Lakonismus – insofern er nicht in den Ton, nur in Sentenzen und Aphorismen zu sprechen oder jedes Wort abzuwägen, ausartet – ein gewisser Lakonismus, sage ich, das heißt: die Gabe, mit wenig kernigen Worten viel zu sagen, durch Weglassung kleiner unwichtiger Details die Aufmerksamkeit wach zu erhalten, und dann wieder, zu einer andern Zeit, die Geschicklichkeit, einen nichtsbedeutenden Umstand durch die Lebhaftigkeit der Darstellung interessant zu machen – das ist die wahre Kunst der gesellschaftlichen Beredsamkeit.
Was gar nicht so einfach ist: Wann man etwas weglässt oder etwas ausdeutet ist halt ab und an schwierig zu entscheiden. Deswegen auch: Kunst.
3.) Wie man es nicht macht:
Rede also nicht zu viel von Dir selber, außer in dem Zirkel Deiner vertrautesten Freunde, von welchen Du weißt, daß die Sache des einen unter ihnen eine Angelegenheit für alle ist; und auch da bewache Dich, daß Du nicht Egoismus zeigest. (…) Belästige nicht die Leute, mit welchen Du umgehst, mit unnützen Fragen.
Leuchtet irgendwie ein.
4.) Regel für den Shitstorm:
Lerne Widerspruch ertragen. Sei nicht kindisch eingenommen von Deinen Meinungen. Werde nicht hitzig noch grob im Zanke. Auch dann nicht, wenn man Deinen ernsthaften Gründen Spott und Persiflage entgegensetzt. Du hast, bei der besten Sache, schon halb verloren, wenn Du nicht kaltblütig bleibst und wirst wenigstens auf diese Art nie überzeugen.
Es ist leider so: Weder ist man selbst der Mittelpunkt der Welt, noch ist die eigene Meinung immer die richtige. Wobei leider der größte Teil der Kommentatoren heutzutage kindisch von der eigenen Meinung eingenommen ist und nur diese gelten lassen möchte - was nicht der Grund für eine ernsthafte Diskussion sein kann, sondern nur den Grundstein für ein sich gegenseitiges Anschreien legen wird. Was nun wirklich keinen weiterbringt ...
5.) Sei höflich, respektvoll und authentisch:
Vorsichtigkeit ist im Schreiben noch weit dringender als im Reden zu empfehlen. Sei, was Du bist, immer ganz und immer derselbe. Vor allen Dingen also handle nur stets konsequent.
Konsequent sein - wenn das immer so Einfach wäre ... Die Zitate stammen aus der bei Zeno hinterlegten Online-Fassung von „Über den Umgang mit Menschen“ aus dem 1. Buch.