Final Space: Eine Space-Opera?
Nein, nicht vom Feind. Sondern von der Infinity Guard.
Dumm gelaufen für Gary, der seither als einziger Gefangener auf der Infinity One dazu verurteilt ist, Satelliten zu reparieren. Genervt wird er vom Roboter KVN - wird Kevin ausgesprochen. Die künstliche Intelligenz des Raumschiffs H.U.E. erteilt Gary seine Aufträge und sorgt dafür, dass er keinen Tag eher aus der Haft entlassen wird als er sollte. Jedoch schlittert eines Tages ein Alien in die Ruhe des Gefängnisses, das Gary Mooncake nennt. Und ab dem Tag sind Kopfgeldjäger und der Lord Imperator her, denn Mooncake ist der Schlüssel zum Final Space … Der Ort, an wem alle Galaxien enden und an dem furchtbare Titanen ruhen. Also sowas wie die Großen Alten bei Lovecraft. Na, Mahlzeit, wenn die durchbrechen …
Ach ja, die Space-Opera, seufz: Der zu allem bereite stählende Held, die zu rettende Prinzessin, Roboter, das Große Böse, das es zu besiegen gilt … nun, also, ähm, ja. Das sind in der Tat die üblichen Zutaten für eine Space-Opera. Vor allem sind die Helden immer strahlend, immer gut aussehend, immer gut gelaunt - die Bösen sind immer besonders fies, besonders abgründig und besonders hassenswert. Wer jetzt eine gewisse Filmreihe von George Lucas im Kopf hat: Ja, die könnte man da durchaus einordnen. <Bedenke Phlebas> allerdings auch. Nur, damit man mal so eine Vorstellung hat.
<Final Space> allerdings hat diese Komponenten nun nicht unbedingt: Bei <Star Wars> gibts die hilflose Damsell in Nöten, die unbedingt gerettet werden muss - also im ersten Teil der Reihe zumindest. Captain Quinn Ergo fällt da nun wirklich nicht drunter. Selbstbewußt, aktionsbereit: Die Powerfrau, die später zum Team der Infinity One dazu stößt, muss nicht gerettet werden. Im Gegenteil: Eher rettet sie selbst Jemanden. Ob das nun Gary ist oder den Killer Avocato - das ist erstmal unwesentlich. Hmm. Na schön, aber wir haben doch zumindest einen wackeren, starken Helden mit vorstehendem Kinn …
Ja, schon, aber das ist Garys Vater, der bei einer Mission im All verschollen ist. Sein Sohn Gary dagegen ist eher - nun - tja - impulsiv, naiv, etwas dämlich aber mit dem Herzen am rechten Fleck. Es gibt eine Dialogzeile, in der Gary sagt, dass er gar nicht der Held der Geschichte sei. Ja, also … hmmm, wenn das der Trottel vom Dienst - das ist Gary ohne Weiteres - nun von sich sagt … Dann müsste ja wenigstens der Antagonist total ultraböse sein.
Ja, ist er. Der von David Tennnant im Original gesprochene Lord Commander erfüllt wenigstens die Klischees, die man so von Space-Opera-Bösewichten hat: Er ist fies. Gemein. Er hat übermenschliche Kräfte. Er hetzt Kopfgeldjäger auf Gary los. - Hmm, Kopfgeldjäger, Bösewicht, wo hatten wir das denn schon mal … Ja, der Lord Commander, der am Ende den Final Space öffnen will - der sich für auserwählt hält, weil er eine Prise der Kraft des Final Spaces abbekommen hat und komplett durchdrehte … Ja, der ist so, wie das in einer Space-Opera sein soll: Fies, böse, hässlich, gemein. Bruhahahahahahaha.
Also haben wir doch eine Space-Opera vor uns? Schaut man sich die Handlung an, dann kann man <Final Space> da durchaus einordnen: Es geht um das große Ganze - die Rettung des Universums, was sich viel cooler anhört als die Rettung der Erde. Selbst, wenn Gary kein Han Solo ist, und er sich eher als Oberhaupt einer sehr merkwürdigen Familie ansieht: Gary wäre jederzeit bereit für Mooncake und seine Freunde in den Kampf zu ziehen. Außerdem verliert er gerade deswegen ja einen Arm … Hmm, ein Held, der eine seiner Extremitäten verliert … Kommt mir irgendwie bekannt vor. Immerhin ist der Lord Commander nicht Garys Vater.
Zudem kommen noch andere Elemente dazu: Zeitreisen, das Eindringen in den Gedankenpalast eines der Titanen aus dem Final Space, Raumschlachten, gigantische Raumschiffe, Lasergefechte … das alles passt schon zur Space-Opera. Nervende Roboter hat »Final Space« nun auch. Alles in allem: Wenngleich die Formel etwas gedehnt wird - zumal durch den Humor des Ganzen - ist »Final Space« dann doch eine reinrassige Space-Opera. Zwar eine der etwas anderen Sorte, aber immerhin mal wieder eine.
Die Space-Opera an sich hat sich ja doch schon durchaus etwas rar gemacht in diesen Zeiten. Vielleicht sind die Erzählungen von tapferen stahlharten Männern, der hilflosen Damsell in Gefahr und dem großem Bösen etwas abgedroschen. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir momentan in Zeiten des Klimawandels leben - »Schafe blicken auf« von John Brunner passt da vielleicht besser. Selbst das optimistische »Walkaway«-Epos von Cory Doctorow scheint aus der Zeit zu fallen.
»Final Space« wiederholt vielleicht auch deswegen nicht die alte Formel, sondern reichert das Bekannte mit Neuem an. Mit einer Powerfrau, die eigenständig denkt und handelt. Mit einem Helden, der tollpatschig und nicht gerade sonderlich klug scheint, mit einem schmierigen und penetranten Roboter. Man mag den Rest der Handlung als vorhersehbar bezeichnen - was ich persönlich gar nicht so finde. Aber immerhin: Der Sense-Of-Wonder, der vielbeschworene, der ist immerhin bei »Final Space« vorhanden. Man muss halt nur mit dem Humor klarkommen.