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Das Neue kommt auf leisen Pfoten ...

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneDas Neue kommt auf leisen Pfoten ...

Gutenberg würde staunen über das, was heutzutage als Buch vermarktet wird. Nicht nur, weil zu seiner Zeit nicht absehbar war, dass es dereinst so etwas wie Zeitungen oder Zeitschriften geben würde - allenfalls hätte Gutenberg vermutlich noch das Medium Flugblatt als natürlich empfunden - sondern auch, dass heutzutage wenige Klicks mit der Maus reichen um den elektronischen Reader mit Büchern befüllen. Oder elektronischen Texten, die wir Bücher nennen. Gutenberg hat diese Entwicklung gar nicht kommen sehen.

Ebensowenig wie später Martin Luther wirklich eine Trennung der Kirche. Dass der Eine dann durch die Erfindung des Anderen eine Reformation und Revolution vorantrieb, das ist wohl einer der Fälle in der Geschichte, in der man von einer gelungenen Symbiose sprechen darf.

Heutzutage sind die Revolutionen nicht weniger welterschütternd. Sie schleichen sich allerdings eher bei uns ein und hüllen sich in den Mantel der Nützlichkeit. Momentan erleben wir, dass digitale Assistenten wie Google Home, Alexa und Siri den Haushalt erobern. Auf Sprachbefehl können diese tumben Gesellen eine Einkaufsliste erstellen, spielen Musk ab, informieren uns über das Wetter oder haben die Oberhoheit über unsere Heizung. Das Smart Home wäre auch noch ein weiteres Beispiel dafür, dass die Revolutionen heutzutage nicht mehr im Sturm daherkommen, sondern sich schmeichelnd an unser Verhalten schmiegen. Unterstützt durch die digitalen Stromzähler, die demnächst jeder ab einer bestimmten Verbrauchsgröße installiert bekommt, soll alles besser, schöner und strahlender werden. Vom Büro aus die Heizung schon mal anstellen - wer hat das bisher eigentlich vermisst?

Dass das Neue erstmal das Alte nachahmt und dass sich dann erst im weiteren Gebrauch der neuen Technologie die neuen Möglichkeiten zeigen, dass wäre ja auch bei Gutenberg zu beobachten. Schließlich hat dieser erstmal die Bibel gedruckt und zwar so, dass sie aussieht, als wäre da gerade ein Mönch zwei Jahre lang an der Arbeit gewesen. Die Illustrationen und teilweise sogar die Initialen sind auch noch von Hand dazu gemalt. Wie das halt so ist. Das Neue kleidet sich erstmal in das Gewand des Alten. Wie bei den eBooks. Die ahmen bisher auch noch das Aussehen des gedruckten Buches nach, in dem sie „Seiten“ haben und in dem der Text so angeordnet ist, dass er dem eines gedruckten Buches entspricht. Zwar haben sich dann auch schon Apps entwickelt, die kreativer mit dem gedrucktem Material umgehen, durchgesetzt haben sich diese allenfalls bei Kinderbüchern. So, wenn Illustrationen lebendig werden auf dem Smartphone oder das Buch komplett vorgelesen wird. Wir Erwachsenen lieben diese Spielereien offenbar nicht. Jedenfalls nicht beim Konsum eines Bestsellers, die Immersion wollen wir nicht durchbrochen haben. Dabei wäre es durchaus nett, wenn man eine virtuelle Tour durch das Auenland vornehmen könnte oder sich das Land der Mumins aus der Vogelperspektive ansehen könnte. Dann wäre das Medium Film vermutlich gar nicht so weit weg.

Jetzt schleichen sich Virtuelle und Erweiterte Realitäten an uns heran. Auch sie nutzen erstmal die Formate des Alten: Computerspiele werden wie sonst auch gespielt, nur die Perspektive und das Immersive Element verändern sich. Man ist näher dran. Mittendrin. Statt nur dabei. Sicherlich ist die Frage, ob man für längere Spielerlebnisse die Brillen und die Controller in der Hand behalten möchte - an die Controller sind wir ja gewöhnt, aber an das Zusatzmaterial, das nach einer Zeit auf die Ohren drückt und Gewicht hat? Momentan jedenfalls ahmt auch hier das Neue das Alte nach. Sicherlich hat die Virtuelle Realität in der Logistik und in der Medizin schon einiges mehr gebracht - als Trainings- und Lehrmedium. Aber das war bisher Exotik. Computerspiele sorgen dafür, dass die Vorteile der Virtuellen Welten weniger exotisch wirken und auf diesen Erfahrungen werden wir sicherlich noch die ein oder andere neue Erfindung aufgebaut sehen. Noch allerdings regiert der alte Wein in neuen Schläuchen.

Sicherlich: Es wird auch wieder Sprünge in der Entwicklung geben. Dazu gehört sicherlich nicht das fahrerlose Auto, das keine komplett neue Erfindung ist sondern sich ebenfalls an uns als Neuheit heranschleicht, weil es natürlich praktischer wäre seine Einkäufe mit diesen intelligenten Wagen nach Hause zu bringen - und dann müsste man gar nicht mehr dabei sein, wenn man die App anweist, doch bitte die Lücken im Kühlschrank aufzufüllen, das Personal im Supermarkt braucht dann die Ware nur noch in die Wagen zu verstauen. Ich bin mir sicher, dass irgendwo in einem Schuppen jemand gerade an der Lösung des Hungerproblems für die Welt arbeitet. Oder wenigstens daran, die hundsgemeine Erkältung endlich mal komplett zu verbannen. Allerdings dominiert momentan halt das Heranschleichen des Neuen in unseren Alltag. Die kleinen Dinge, die unbemerkt sich eingefunden haben, unschuldig in der Ecke stehen und mit einem blauen Ring die Frage beantworten, ob man heute denn ohne Regenschirm aus dem Haus gehen kann. Dass diese dann der Grundstock für weitere Entwicklungen sind, das ist durchaus klar. Und sicherlich werden wir irgendwann aus den tumben Gesellen wirklich intelligente Wesen - wobei, ich bin mir nicht sicher, ob uns das dann so geheuer sein wird.

Kommentare  

#1 Robert Martschinke 2021-01-08 16:52
Und nochmal, liebe Leute: Johannes Gutenberg schreibt sich mit einem T!

Harantor sagt: Ist korrigiert ...
#2 Cartwing 2021-01-08 17:23
vielleicht dachte er an Steve Guttenberg... ;-)
#3 Falk 2021-01-09 11:33
Wahrscheinlich eher an den „Plagiator” Karl-Theodor zu Guttenberg

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