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Hören statt sehen: Podcaststudie der OBS

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneHören statt sehen
Podcaststudie der OBS

Wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema Podcasting sind bisher spärlich gesät. Der Markt wächst: Eine Fülle von Angeboten steht für den Hörer bereit.

Vor allem eine Entwicklung in der letzten Zeit: Die großen Audioanbieter wie Spotify oder Amazon oder Deezer - vermutlich gibt es noch einige Anbieter in der Nische - erkennen, dass Podcasts ideal für sie sind.

Spotify zeigte sich etwas kapriziös und wählte zuerst nur wenige Anbieter aus, mittlerweile kann jeder seinen Podcast dank Anbieter wie Anchor dort einstellen. Alexa, Google Home und die anderen Zuhörenden im Haushalt können Podcasts ebenfalls auf Zuruf abspielen. Ob Unterhaltung, Analyse oder Nachrichten - für Jede*n gibt es garantiert den passenden Podcast. Schließlich ist die Produktion heutzutage kein Hexenwerk mehr und für knapp 100 Euro kann man sich schon die Hardware im Fachmarkt um die Ecke besorgen.

Dennoch: Wissenschaftliche Untersuchungen über den deutschen Podcasting-Markt sind bisher spärlich. Daher ist es erfreulich, dass die Otto-Brenner-Stiftung das Genre näher untersucht hat. Die Stiftung redet von einer neuen Kultur des Zuhörens. Die beiden Kommunikationswissenschafler*innen Lutz Frühbrodt und Ronja Auerbacher analysieren akribisch die sehr unübersichtliche Podcast-Landschaft, kommen aber zu einem eindeutigen Befund: Podcasts, also jederzeit abrufbare digitale Audiodateien, sind dabei, sich einen festen Platz im Medienensemble zu sichern. „Aus der ersten Experimentierwelle ist eine neue Etablierungswelle entstanden“, beobachtet Lutz Frühbrodt, Mediensoziologe an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. „Inzwischen gehören Podcasts zum alltäglichen Medienrepertoire jüngerer Nutzer*innen, sie kommen jedoch langsam aber sicher auch bei den älteren Jahrgängen an.“

Na ja. Irgendwann kommt jedes Medium bei der älteren Zielgruppen an. Ich warte noch darauf, dass Senioren OnlyFans für sich entdecken … Bei TikTok sind sie ja schon. Allerdings gibt es natürlich auch noch andere Erkenntnisse, die man betrachten und kommentieren kann und sollte. Vorab: Ich finde es problematisch, wenn Wissenschaflter*innen sich nur auf EINEN Dienst für wissenschaftliche Erkenntnisse beruhen. In diesem Fall hat man sich auf Spotify gestützt, weil dies der größte Anbieter von Podcasts in Deutschlands sei. Das mag sein, aber kann man eine Aussage über DIE deutsche Podcast-Landschaft treffen, wenn man nur EINEN Dienst genauer untersucht hat? Schwierig, nicht wahr?

Generell wird gelobt: Die meistgehörten Podcasts sind Formate, die in die Tiefe gehen. Vor allem News- und Politikpodcasts werden gerne gehört. Schon mal etwas Positives. Die Studie stellt weiter fest: „Trotzdem ergab die qualitative Inhaltsanalyse von zehn populären Politik-Formaten, dass die journalistische Qualität dieser Podcasts zwar grundsätzlich sehr gut war, an einigen Stellen aber bemängelt werden muss: Fast alle ausgewerteten Podcast-Folgen wiesen unbelegte Aussagen auf.“ Da wäre jetzt die Frage zu stellen: Sind politische Podcasting-Formate wie die „Lage der Nation“ jetzt journalistische Angebot, die sich an den entsprechenden Kodex halten müssen? Vor allem muss man bedenken: Die Studie untersuchte die „Top 50“ der Spotify-Liste und es kamen dann acht Podcasts heraus, denen zwei gegenübergestellt wurden, die nicht in den „Top 50“ vertreten waren. Unter den 8 Podcasts befinden sich überwiegend Podcasts, die von Journalist*innen produziert werden. Mit „Die Lage der Nation“ und „Apokalypse und Filterkaffe“ fallen da natürlich etwas heraus. Außerdem: Es sind Dialogpodcasts. Also auch alle anderen mehr oder weniger.

Wenn es um journalistische Formate gibt, muss der journalistische Kodex greifen. Der gebetet auch eine Trennung von Meinung und Nachricht. Aber „Die Lage der Nation“ und „Apokalypse und Filterkaffe“ kommentieren die Nachrichten. Sie nehmen sich die Nachrichten des Tages oder der Woche vor und bewerten diese. Das heißt: Sie sind Meinungspodcastes. Das erkennt auch Der- oder Diejenige, die vielleicht nicht so medienkompetent sind. Gerade das ist aber auch der Charme dieser Sendungen: Sie sind spontan. Man kann hinterher immer schneiden, das geht aber zu Lasten der Authentizität. Von daher - ich finde es hier auch nach einem Blick in die gesamte Studie etwas schwierig zu sagen: „Jaaa, ist halt schwierig so mit Nachrichten und Meinung“. Ich höre lieber unterhaltsamen Menschen als steifen Langweilern zu. Offenbar nicht nur ich, wenn es die „Lage der Nation“ auf die obersten Ränge der Spotify-Liste geschafft hat.

Zustimmen kann ich beim kritischen Blick auf das Bestreben der Streaming-Dienste mehr und mehr Podcaster in ihren eingezäunten Garten zu bekommen. Die Podcatcher-Programm mit denen man die RSS-Feeds abonnieren konnte verschwinden nach und nach. Ersetzt werden sie durch Apples-Podcast-Programm, durch Spotify, durch Deezer oder andere Streaming-Dienste - auch Audible von Amazon ist ja längst dabei. Momentan ist noch nicht ganz klar, wer als neues „YouTube für Podcasts“ aus dem Kampf hervorgehen wird. Man könnte sein Geld auf Spotify setzen, aber Apple hat durch das Podcasting-Verzeichnis mehr Inhalte im Angebot. Audible dagegen etablierte Kundschaft von Hörbüchliebhaber*innen, für die Podcasts nichts Ungewohntes sein dürften. Ist ja nicht viel anders als wenn kurze Kapitel aus einem Buch vorlesen werden. Arg verkürzt, aber passt ja, der Vergleich. Wer sich selbst ein Bild machen möchte - gibt es eine Metapher mit Hören eigentlich? Wer selber gerne zuhören möchte? - vertiefe sich in die Ergebnisse der Otto-Brenner-Stiftung. 

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