Hybride Veranstaltungen: Ein Auslaufmodell?
Hybride Veranstaltungen
Ein Auslaufmodell?
Was natürlich gut ist. Dadurch, dass wir mehr oder weniger alle geimpft sind, dass genügend Maßnahmen getroffen wurden hat man Schlimmeres verhindert.
Deswegen braucht man jetzt auch diese ganzen Livestreams und "Ersatzangebote" nicht mehr. Man muss nicht mehr per Instagram irgendwas auf die Beine stellen, einen Youtubekanal haben. Ein stabiles WLAN schätzen die Besucher*innen zwar sehr, aber man selbst braucht es als Veranstalter nicht unbedingt. Jetzt ist alles wieder analog, alles wieder so wie es vorher war. Der Status-Quo ist wieder hergestellt. Und da ja sowieso alles nur gezwungenermaßen gemacht worden ist, weint man der Technik auch keine Träne nach. Also nicht dem Livestream. Nicht dem Aufwand.
Da der Nachholandrang groß ist, wird man auch nicht unbedingt folgern, dass das sogenannte hybride Format, die Verbindung zwischen analog und digital, nun wirklich unbedingt notwendig wäre. Man übersieht aber, dass es durchaus auch noch Argumente für die hybride Formate gibt. Da ist eine Veranstaltung einfach zu weit weg - das 49,- Euro-Ticket ist ja immer noch nicht da. Die Erkältungs- und Grippewelle überrollt das Land, man sitzt also bedauernd mit dem gekauftem Ticket für die Live-Veranstaltung zu Hause und kann nicht daran teilnehmen. Und ein Chat kann durchaus eine gute Sache sein, wenn man sich dann dennoch mit anderen Fans austauschen möchte.
Abgesehen mal davon: Wer weiß, was für innovative Formate noch im digitalen Raum möglich sind. Die uns jetzt entgehen, weil die vorhandenen Formate nicht weiterentwickelt werden. Ich glaube nicht an das Metaverse Zuckerbergs, ich glaube aber, dass zukünftig Virtual-Reality durchaus eine prominentere Rolle spielen wird. Ebenso wie ich nicht daran glaube, dass wir die Uhr zwei Jahre zurückdrehen und so weitermachen können wie vordem. Da hat Corona zu viel an Brüchen und auseinanderklaffenden Entwicklungen in der Gesellschaft aufgezeigt. Unter anderem auch, dass bei weitem Schulen noch nicht digital genug ausgerüstet sind.
Corona hat aber auch gezeigt, dass man keine Mordstechnik mehr fürs Streamen braucht. Wer die Vorstellung eines Fernsehstudios im Kopf hat, sollte die schleunigst beiseite legen. Es geht natürlich immer noch besser und höher und weiter, aber die Anforderungen sind heutzutage einfacher. So wie Podcasting auch ein Massentrend geworden ist, weil die Tools besser zu handhaben sind. Die Technik an sich ist nicht mehr so das Problem.
Es ist eher die Frage nach der sogenannten Manpower und der Haltung. Ein kleiner lokaler Con vor Ort wird nicht unbedingt die Mitarbeitenden haben, die sich noch zusätzlich um den Livestream kümmern. Dass große Messen und Cons da allerdings auch nicht unbedingt bereit für sind - nun. Aber viel entscheidender ist die Haltung: Sieht man das Digitale nur als Extra an oder plant man direkt das Digitale als entscheidenden Faktor mit? Daran hängt dann die Planung und die Gestaltung des Ganzen.
Hybrid oder analog - man sollte zumindest mal drüber nachdenken. Digital heißt ja nicht, dass man alles kostenlos anbieten muss. Ein ermäßigtes Online-Ticket hat während der Lockdowns für Theater und Kultureinrichtungen funktioniert. Als zusätzlichen Service kann man so etwas durchaus anbieten. Mir gut im Kopf geblieben ist noch die - hmm - Leipziger Buchmesse müsste das gewesen sein, wo die Verlage selbst ein vielfältiges Online-Programm erstellten. Rein theoretisch hätte man die ganze Zeit rund um die Uhr von einer Lesung zum nächsten Interview springen können. Das hatte tatsächlich das übliche Messe-Flair. Nur ohne sich beschwerende Füsse am Abend.