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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit dem »Land Run« 1889?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit dem »Land Run« 1889?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Im April 1889 begann der erste große „Land Run“ in Oklahoma, das zu jener Zeit als „Indian Territory“ bekannt war. Damit endete der Traum vieler Indianervölker, in diesem Gebiet einen eigenen indianischen Bundesstaat unter dem Namen "Sequoyah" zu gründen. An jenem Tag wurden Teile des den Indianern garantierten Landes zur Besiedelung durch Heimstätter geöffnet.

Schon 1817 war mit der zwangsweisen Umsiedlung von Indianerstämmen in dieses Gebiet begonnen worden. 1830 wurde unter der Präsidentschaft von Andrew Jackson der „Indian Removal Act“ erlassen, ein Gesetz, wonach fast alle Indianerstämme des Südostens von ihren angestammten Heimatgebieten vertrieben und nach Westen deportiert wurden. Das bekannteste dieser Völker waren die Cherokee, die 1838 – vor 180 Jahren - auf den 1.200 Meilen langen „Trail of Tears“ gingen, den „Weg der Tränen“, um sich westlich des Arkansas River niederzulassen. Von ca. 17.000 Cherokee starben dabei nach Schätzungen des Stammes ca. 6.000. Mehr und mehr Völker folgten. Dieses Gebiet wurde als unwirtliche Wildnis angesehen – was auch z.T. stimmte – und damit war es gut genug für die Indianerstämme. Für die Völker Oklahomas ist Präsident Jackson daher bis heute verhaßt. (Einer der prominentesten Gegner dieses Gesetzes war übrigens David Crockett, damals Kongreßabgeordneter, der die Deportation vehement als schändliches Unrecht anklagte. Er verlor daraufhin seinen Abgeordnetensitz und ging nach Texas, wo er in der Schlacht um den Alamo fiel.)

Das ungewohnte Klima war für die meisten der Indianervölker eine Herausforderung. Viele dieser Völker waren auch untereinander verfeindet, so daß es immer wieder zu Kämpfen unter den Stämmen kam. Die Armee mußte Posten einrichten, um die verschiedenen Indianervölker voneinander zu separieren und Frieden zu halten. Es dauerte viele Jahre, bis die Folgen der Deportationen überwunden waren.

Vor allem die Cherokee, Choctaw, Muskogee (Creek), Chickasaw und Seminolen, die als die „Fünf zivilisierten Stämme“ bezeichnet wurden, entwickelten früh eine eigene Verfassung und bildeten eine Stammesverwaltung, die jener der USA glich – mit Parlament und Stammesregierung. Ihre Hoffnung war, auf diese Weise die Anerkennung der Behörden zu gewinnen und die Grundlage für einen indianischen Bundesstaat zu schaffen.

Die Hoffnung wurde zerstört, als Lobby-Organisationen der Siedler in Washington auf die Freigabe des Indianerlandes drängten, da die meisten anderen Gebiete des Mittelwestens inzwischen von Heimstättern besetzt waren.

Am 22. April 1889 brach der Damm: Der Kongreß hatte rd. 8.000 Quadratkilometer Land freigegeben – Land, das eigentlich den Iowa, Sac-&-Fox, Potawatomi und Shawnee Indianern gehörte.

Die Freigabe wurde „Landrennen“ genannt, weil es wegen des Ansturms der Siedler eine reguläre Verteilung nicht geben konnte. In der Nacht vor der Landöffnung sammelten sich die Pioniere mit Fuhrwerken, zu Pferde, oder auch zu Fuß mit ihren Habseligkeiten auf dem Rücken an der Oklahoma-Grenze. Ein Startschuß fiel, und die wartenden Siedler stürmten los. Die schnellsten konnten sich die besten Parzellen sichern. Sie werden noch heute in Oklahoma als „89er“ bezeichnet, weil sie 1889 gekommen waren.

Es war ein scheinbar chaotischer Vorgang, aber am Abend dieses denkwürdigen Tages waren bereits die Grenzen für mehrere neue Städte gezogen – die ersten Bretterbuden waren errichtet. Meist standen Zelte, wo sich später Häuser erhoben.

Am 23. April 1889 erfolgte der nächste Startschuß – das Gebiet der heutigen Stadt Tecumseh wurde von „Land Runners“ besetzt.

Fast 6.100 Siedler gelangten auf diese Weise zu Parzellen von jeweils 160 Acres Größe auf dem früheren Reservationsland.

1891, 1892 und 1893 ging es weiter, und zwar mit noch größeren Landfreigaben. Der sogenannte „Cherokee Strip“ umfaßte rund 3,3 Millionen Hektar – aber hier hatte die Regierung den Cherokee zumindest eine Entschädigung bezahlt.

1895 wurde die Reservation der Kickapoo geöffnet. 1901 gingen Teile des Landes der Comanche, Apache, Kiowa, Wichita und Caddo verloren. Damit waren die Pläne für einen „roten Staat“ Vergangenheit. Nur der Name „Oklahoma“, in der Sprache der Choctaw „Land des roten Mannes“, erinnerte noch an die Zeiten des „Indianerterritoriums“, als das Gebiet 1907 regulärer Bundesstaat der USA wurde.

Meine Fotos zeigen den „Trail of Tears“ der Cherokee und eines der Schilder, die heute entlang dieser Route stehen. Ferner verschiedene Szenen des „Landrennens“ 1889 und den Beginn von großen Städten wie Oklahoma City und Guthrie, sowie glückliche Siedler, die eine der begehrten Parzellen ergatterten.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, Juni 2018Die aktuelle Ausgabe

 

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