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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Ha-sa-no-an-da?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Ha-sa-no-an-da?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Im Jahr 1828 kam eine der markantesten indianischen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts zur Welt. Das genaue Datum seiner Geburt ist nicht bekannt. Er entstammte einer hervorragenden Seneca-Familie. Sein Geburtsname war Ha-sa-no-an-da. Sein christlicher Taufname lautete Ely Samuel Parker.

Seine Mutter war Mitglied des angesehenen Wolf Clans seines Volkes. Er war mütterlicherseits ein Nachfahre des legendären Seneca-Propheten Handsome Lake, einem der einflußreichsten religiösen Führer der Irokesen.

1852 wurde Parker zum Sachen, einem der maßgeblichen Häuptlinge seines Volkes. Er erhielt vom Wolf Clan den bedeutenden Titel eines „Do-ne-ho-ga-wa“, dem „Hüter der Westlichen Tür“ des Langhauses. Damit wurde ihm zugleich die Red-Jacket-Medaille übergeben, eine Auszeichnung, die 1792 vom ersten US-Präsidenten George Washington an Häuptling Red Jacket überreicht wurde. Parker behielt diese Medaille für den Rest seines Lebens.

Ely Parker besuchte eine Missionsschule in der Tonawanda-Reservation und lebte für mehrere Jahre in Kanada. Als junger Mann traf er mit dem berühmten Ethnologen Louis Henry Morgan zusammen, der völkerkundliche und kulturhistorische Aufzeichnungen über die Irokesenliga anfertigte und Parker als einen seiner Hauptinformanten für dieses Grundlagenwerk angab. Als Dank widmete er eine seiner wichtigsten Veröffentlichungen dem blutjungen Seneca.

1847 begann Ely Parker ein Studium, um Anwalt zu werden. Er ging – wie es in jener Zeit üblich war – in einer Anwaltskanzlei in Ellicottville (New York) in die Lehre. Zu seiner großen Enttäuschung konnte er aber aufgrund seiner indianischen Herkunft seine Abschlußprüfung nicht ablegen. Indianer waren in jener Zeit noch keine Staatsbürger der USA, so daß ihm die Zulassung als Anwalt vor amerikanischen Gerichten verweigert wurde. (Offiziell sind Indianer erst seit 1924 amerikanische Staatsbürger.)

Der hochbegabte junge Mann besuchte daraufhin das „Rensselaer Polytechnik Institute“ und ließ sich zum Ingenieur ausbilden. 1849 gehörte er zu den Konstrukteuren des Genesee Valley-Kanals und später des Erie-Kanals. Danach erhielt er eine Anstellung als leitender Bauingenieur der kleinen Gemeinde Galena in Illinois. Hier kam es zu einer schicksalhaften Begegnung: In der Gerberei und Lederwarenhandlung Grant traf Parker den ehemaligen Offizier und jetzigen Buchhalter der Firma, Ulysses S. Grant. Es entstand eine lebenslange Freundschaft, die Parkers Karriere vollständig verändern sollte.

1861 brach der Amerikanische Bürgerkrieg aus. Parker wollte sich sofort freiwillig zur Nordarmee melden, konnte sein Amt in Galena allerdings erst 1863 verlassen. Er wurde zunächst zum Captain der Pionier-Einheit in der 7. Divison unter General J. E. Smith ernannt. Nur wenig später holte U. S. Grant, der inzwischen zum Generalmajor aufgestiegen war und mit seinen Truppen die Stadt Vicksburg am Mississippi belagerte, seinen alten Freund als persönlichen Sekretär in seinen Stab und beförderte ihn zum Oberstleutnant.

Parker blieb bei Grant und begleitete dessen Aufstieg zum Generalleutnant und Oberkommandierenden der nordstaatlichen Streitkräfte.

Als die Südstaaten bei Appomattox kapitulierten, entwarf Ely Parker den Kapitulationsvertrag, den Robert E. Lee unterschrieb. Danach kam es zu einer bemerkenswerten Szene, für die es allerdings außer Parkers eigener Aussage nur einen Zeugen gibt. Als Robert E. Lee den anwesenden Offizieren die Hand schüttelte, blieb er vor Parker stehen, den er offenbar zunächst für einen Schwarzen hielt. Als er realisierte, daß Parker Indianer war, sagte er: „Ich bin froh, wenigstens einen echten Amerikaner hier zu sehen.“

Parker erwiderte: „Wir sind alle Amerikaner.“

Mit Datum der Kapitulation (9. April 1865) wurde Ely Parker zum Brigadegeneral der Freiwilligen befördert. 1867 erhielt er auch den Rang eines Brevet-Brigadegenerals der regulären Armee. Im selben Jahr heiratete er. Aus seiner Ehe ging eine Tochter hervor, die 1956 starb. Einer seiner Trauzeugen war Lieutenant General U. S. Grant, zu dessen Stab Parker noch immer gehörte.

Als Grant zum Präsidenten der USA gewählt wurde, ernannte er Parker am 13. April 1869 zum Chef der Behörde für Indianerangelegenheiten (Commissioner of Indian Affairs) – damit war Parker der erste Indianer, der diese Position innehatte.

Parker begann sofort mit einer grundlegenden Reform der Indianerbehörde. In einer Atmosphäre der Korruption und der Feindseligkeit vor allem gegenüber den westlichen Indianervölkern schuf er sich mit seinen auf Menschlichkeit und Gerechtigkeit basierenden Entscheidungen viele Gegner in Washington. Vor allem der Abschluß des Laramie-Vertrags von 1868 nach Red Clouds Krieg (vor 150 Jahren), der in seine Amtszeit fiel, sorgte unter den politischen Kräften, die die Indianerbehörde zur persönlichen Bereicherung genutzt hatten, für Ärger. In diesem Vertrag waren den Plainsvölkern weitreichende Zugeständnisse gemacht worden. Schnell wurde Parker zur Zielscheibe des sogenannten „Indian Ring“, einer Verschwörung von Politikern und Geschäftsleuten, die Lieferungen an Indianerreservationen unterschlugen und Gelder aus der Indianerbehörde abzweigten.

Im Februar 1871 gelang es seinen politischen Gegnern, ihn vor einem Komitee des Kongresses wegen „Veruntreuung von Regierungsgeldern“ anzuklagen, da er den Sioux bei Einrichtung der „Spotted Tail Agency“ am White River entgegengekommen war.

Parker wurde von allen Vorwürfen vollständig freigesprochen, erklärte danach aber seinen Rückzug aus der Regierung. Er arbeitete dann für die Polizeibehörde von New York und starb am 31. August 1895 in seinem Haus in Fairfield (Connecticut).

1897, vor 121 Jahren, wurde sein Leichnam auf den Forest Lawn-Friedhof in Buffalo (New York) überführt und in der Grabstätte des legendären Red Jacket und seiner anderen Vorfahren bestattet

Meine Bilder zeigen Ely Samuel Parker als Offizier, zwei Falschgesichtsmasken der Irokesen aus meiner privaten Sammlung, die eine bedeutende Rolle in der Religion der Irokesen spielten (Parker war Würdenträger im Langhaus) und eine Skizze seines Vorfahren Handsome Lake. Ferner Ely Parker (2. V. rechts) im Stab von General U. S. Grant, als Leiter der Indianerbehörde, eine Gedenktafel und sein Grabstein.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, Juni 2018Die aktuelle Ausgabe

 

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