Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit John Willis Menard?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit John Willis Menard?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 3. November 1868 geschah etwas Unglaubliches: Einem gewählten Abgeordneten des amerikanischen Kongresses wurde sein rechtmäßig erworbener Sitz im Parlament verweigert.

John Willis Menard war ein ehemaliger Regierungsangestellter. Im Laufe seines Lebens machte er sich als Zeitungsherausgeber, Dichter und Politiker einen Namen – aber John Willis Menard war schwarz.

Er war der erste Afro-Amerikaner, der in den amerikanischen Kongreß gewählt wurde.

Geboren wurde Menard am 3. April 1838, vor 180 Jahren, im südlichen Illinois. Seine Eltern waren Kreolen aus New Orleans, die das Glück hatten, nie in Sklaverei leben zu müssen. Einer seiner ferneren Vorfahren war vermutlich der franco-kanadische Mountain Man und Pelzhändler Michel Branamour Menard, der zu den Gründern der texanischen Hafenstadt Galveston gehörte.

John Menard besuchte die Grundschule in Illinois und dann das Ohio Central College, sowie das Iberia College in Ohio und erhielt eine umfassende Ausbildung.

Während des Amerikanischen Bürgerkrieges wurde Menard Sekretär im Innenministerium in der Regierung unter Präsident Abraham Lincoln. 1863 schickte man ihn nach British Honduras, um eine mögliche Kolonie für befreite Sklaven zu erkunden. 1865, nach Ende des Krieges, ließ er sich in New Orleans nieder. Hier übernahm er die Leitung einer neuen Zeitung, „The Free South“, die später in „The Radical Standard“ umbenannt wurde.

1868 verstarb der Kongreßabgeordnete des 2. Wahldistrikts von Louisiana, wo Menard lebte. Es wurde eine Nachwahl erforderlich. Die Republikanische Partei stellte Menard als Kandidaten auf. Menard gewann die Abstimmung. Aber sein Gegenkandidat von der Demokratischen Partei, Caleb S. Hunt, focht die Wahl an. Daraufhin wurde Menard im November 1868 der Zugang zum Parlament verweigert.

Derartige Streitfälle waren selten und mußten vom gesamten Kongreß entschieden werden. Am 27. Februar 1869 gestattete das Haus beiden Kandidaten, eine Stellungnahme abzugeben. Damit war Menard der erste Afro-Amerikaner, der vor dem Kongreß sprechen durfte. Tatsächlich hielt nur Menard eine Rede, Hunt erschien nicht. In der anschließenden Diskussion gelangten die Abgeordneten zu keiner Entscheidung, obwohl offensichtlich war, daß Menard die Wahl gewonnen hatte. Bei einer Abstimmung erreichte Hunt lediglich 41 Stimmen, während 137 Abgeordnete gegen ihn votierten. Menard erhielt 57 Stimmen, aber 130 stimmten gegen ihn. Da eine positive Zweidrittelmehrheit nötig gewesen wäre, gab es somit keine Entscheidung.

Es wird berichtet, daß der Abgeordnete James Garfield, der später Präsident der Vereinigten Staaten werden sollte, erklärte: „Es ist einfach noch zu früh für einen afro-amerikanischen Kandidaten.“

Damit wurde das Wahlergebnis für nichtig erklärt – und weder Menard noch sein Gegenkandidat wurden als Abgeordnete zugelassen.

Menard zog daraufhin nach Jacksonville in Florida und wurde dort 1874 Abgeordneter im Repräsentantenhaus des Staates.

In den folgenden Jahren setzte in den Südstaaten eine großangelegte Einschüchterungskampagne gegen schwarze Wähler ein. Die Zeit der „Rekonstruktion“ nach dem Bürgerkrieg ging zu Ende, und die Bürgerrechte für befreite Sklaven wurden zunehmend unterdrückt. Menard verlor die nächste Wahl zum Repräsentantenhaus, wurde allerdings zum Friedensrichter im Duval County von Florida gewählt. 1879 erschien sein Buch „Lays in Summer Lands“. Bis 1888 arbeitete er als Redakteur der Zeitungen „Florida News“ und „Southern Leader“. Er starb am 8. Oktober 1893.

Seine Tochter Alice heiratete Van Renssalaer Gibbs, einen Abgeordneten im Repräsentantenhaus von Florida und 1885 Mitglied der verfassungsgebenden Versammlung des Staates. Van R. Gibbs war der Sohn von Jonathan Clarkson Gibbs, des ersten afro-amerikanischen Innenministers Floridas, der von 1869 bis 1874 amtierte.

Der erste afro-amerikanische Kongreßabgeordnete, der seinen Platz im Parlament einnehmen durfte, war Joseph Rainey aus South Carolina, der 1870, zwei Jahre nach Menard, gewählt wurde; er amtierte bis 1879. Zeitgleich mit ihm zog mit Hiram R. Revels aus North Carolina erstmals ein farbiger Senator in den Kongreß ein.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, Dezember 2018Die kommende Ausgabe

 

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.