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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Adolph F. Bandelier?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Adolph F. Bandelier?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 23. Oktober 1880 stieg der Archäologe Adolph F. Bandelier unter Führung mehrerer Indianer aus dem Cochiti Pueblo in die unberührte Wildnis des Frijoles Canyons in New Mexico.

Als sich das dichte Waldland auf dem Grund des Canyons vor ihm öffnete, erblickte er einen atemberaubenden Siedlungsplatz frühgeschichtlicher Indianer – versteckt, wie schon in alter Zeit, um den Bewohnern Sicherheit vor ihren nomadischen Feinden zu gewähren. Die Siedlung ist heute ein Nationalmonument und trägt den Namen „Bandelier“.

Der Entdecker wurde am 6. August 1840 in Bern in eine wohlhabende Schweizer Familie hineingeboren. Sieben Jahre später entschied sein Vater, auszuwandern. 1848 ließ sich die Familie in Illinois, östlich von St. Louis, in „New Switzerland“, einer Kolonie von Schweizer Siedlern, nieder. Finanziell gut ausgestattet, wuchs Adolph hier unter Aufsicht eines Hauslehrers auf.

1857 schrieb er sich an der Berner Universität ein. 1861 kehrte er als ausgezeichnet ausgebildeter Geologe nach Amerika zurück und heiratete die Tochter eines anderen Schweizer Einwanderers, Josephine Huegy.

Bereits in den 1860er Jahren machte Bandelier durch einige bemerkenswerte wissenschaftliche Studien zur Meteorologie und Klimaforschung auf sich aufmerksam. Er erhielt eine Anstellung bei der Smithsonian Institution und begann sich ab 1869 mit den präkolumbischen Kulturen Mexikos zu beschäftigen. Zu dieser Zeit sprach er bereits drei Sprachen – Englisch, Deutsch und Französisch – und lernte zusätzlich Spanisch.

Durch den Einfluß des berühmten Völkerkundlers Lewis Henry Morgan erhielt er Zugang zu den nordamerikanischen Indianervölkern. 1878 bereiste er den Südwesten der USA. Sein Interesse an den dortigen Pueblos wuchs. Im Auftrag des „Archeological Institute of America“ begann er mit intensiven Feldforschungen.

Das war zu jener Zeit keineswegs selbstverständlich. Ende des 19. Jh. gab es selbst in wissenschaftlichen Kreisen Nordamerikas starke Vorbehalte gegen indianische Frühgeschichte, die als „barbarisch“ und „heidnisch“ angesehen wurde.

Im August 1880 traf Bandelier in Santa Fe ein. Seine Forschungen begannen am Pecos Pueblo, einer Ruinensiedlung, die noch nicht lange verlassen war. Vehement setzte er sich für den Erhalt der Ruinen ein, schrieb Briefe nach Washington an die Smithsonian Institution und an die Harvard Universität. Er nahm nur wenige und zurückhaltende Ausgrabungen vor und respektierte die Begräbnisstätten der früheren Bewohner. Das trug ihm vermutlich das Vertrauen der Pueblo-Indianer ein.

Im Santo Domingo Pueblo hatte er Probleme; die sehr konservativen Indianer nahmen ihm die Begleitung eines Fotografen übel. Dafür wurde er im Cochiti-Pueblo freundlich empfangen. Er durfte sogar Stammesheiligtümer skizzieren oder fotografieren, und die Indianer führten ihn in den Frijoles Canyon, wo sich ihm die Tür in die ferne Vergangenheit des amerikanischen Südwestens öffnete.

Das „Bandelier Monument“ zeigt neben klassischen prähistorischen Pueblobauten eine einmalige Höhlenarchitektur. Natürliche Höhlen, die sich in den steilen Canyonwänden befinden, wurden zu Wohnstätten erweitert. Sie waren damals nur über steile und schmale Felspfade zugänglich. Selbst heute ist der Aufstieg etwas mühsam.

In dieser Siedlung befindet sich zudem die höchstgelegene Kiva – der Zeremonialraum der Pueblos – in Nordamerika in einer Felsenhöhle, die auch heute nur über steile 42 m hohe Leitern zugänglich ist.

Bandelier blieb 2 Monate in Cochiti. 1882 kam er wieder nach Santa Fe und besuchte erneut Cochiti und auch die Pueblos Laguna, Acoma und Zuni. Man darf nicht vergessen, daß in jener Zeit Reisen in diesen Gebieten alles andere als einfach waren. Sie fanden in der Regel zu Pferde oder auf dem Rücken von Maultieren statt: ausgedehnte Regionen wiesen noch keine Straßen auf. Bandelier ließ sich mit seiner Frau in Santa Fe nieder und schrieb eine großangelegte Studie über die Missionen in New Mexico. Er verfaßte einen vielbeachteten historischen Roman über die frühen Pueblo Indianer („The Delight Makers“), und seine Forschungsberichte wurden 1890 regierungsamtlich veröffentlicht.

Zu dieser Zeit erwachte sein altes Interesse an den südamerikanischen Kulturen erneut. Während einer Reise nach Peru starb in Lima unvermittelt seine Frau. Bandelier heiratete kurz darauf noch einmal, Fanny Reiter, wieder die Tochter von Schweizer Einwanderern, die ihn aktiv bei seinen Forschungen unterstützte.

Als er 1903 nach New York zurückkehrte, galt er als einer der effektivsten und bedeutendsten Archäologen und Völkerkundler seiner Zeit. Er erhielt einen Lehrauftrag an der renommierten Columbia University. In den folgenden Jahren arbeitete er fieberhaft an der Abschrift altspanischer Dokumente. Im Oktober 1913 erhielt er die finanziellen Mittel für eine Reise nach Spanien, um im Archiv der Stadt Sevilla zu forschen. Am 18. März 1914 starb er hier. Seine Frau Fanny, die seine engste Mitarbeiterin geworden war, setzte die Arbeit ihres Mannes fort. In den 1920er Jahren wurden Adolph und Fanny Bandeliers Arbeiten in 3 Bänden veröffentlicht.

Zunächst in Sevilla begraben, wurde Bandelier 1977 exhumiert. Seine sterblichen Überreste wurden in New Mexico verbrannt und seine Asche im Frijoles Canyon im Bandelier Monument, seiner größten Entdeckung,

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, Dezember 2018Die aktuelle Ausgabe

 

 

 

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