Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit der Lewis & Clark Expedition?
Wie war das mit der Lewis & Clark Expedition?
: Am 23. September Jahren – ging eines der bedeutendsten Unternehmen in der Geschichte Nordamerikas zu Ende: An jenem Tag erreichten die Kanus/Einbäume der LEWIS & CLARK EXPEDITION St. Louis. Zweieinhalb Jahre nach ihrem Aufbruch waren sie heimgekehrt. Ihre Rückkehr wurde als Sensation gefeiert. Nicht wenige in den USA hatten sie aufgegeben und waren überzeugt gewesen, dass sie gescheitert und in der Wildnis umgekommen seien.
Der Ruhm währte nicht lange. Lewis wurde zum Gouverneur des Louisiana-Territoriums ernannt, eine Aufgabe, der er offensichtlich nicht gewachsen war. Er verstrickte sich in hohe Schulden. Nachdem sein Mentor Thomas Jefferson aus dem Präsidentenamt geschieden war, hatte er kaum noch Freunde in der Hauptstadt, die bereit waren, ihm zu helfen. Auf der Reise nach Washington kam er im Oktober 1809 in Tennessee, ums Leben. Ob es sich um Mord oder Selbstmord gehandelt hat, ist noch heute Gegenstand von Spekulationen. Er war gerade 35 Jahre alt.
William Clark amtierte 30 Jahre lang als Superintendent für Indianerangelegenheiten in St. Louis und erwarb sich hohes Ansehen und Respekt in diesem Amt, sowohl bei Indianern als bei Weißen. Er starb im Alter von 69 Jahren.
Ich habe über diese Expedition schon häufiger geschrieben und möchte angesichts des Datums ihrer Heimkehr einen Blick auf die Ergebnisse werfen. Heutige Historiker sind sich einig, dass es sich um eine der erfolgreichsten Forschungsreisen aller Zeiten gehandelt hat.
Die Resultate dieses Unternehmens lassen sich in aller Kürze eigentlich nur stichwortartig umreißen. In Zahlen ausdrückt:
- Lewis & Clark legten in etwa zweieinhalb Jahren über 8.000 Meilen durch weitgehend völlig unerforschte Wildnis zurück. Sie entdeckten und beschrieben
- 122 neue, unbekannte Tierarten.
- 178 neue Pflanzenarten, die bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt waren.
Zu den Tieren gehörten u.a. der Grizzly-Bär, die Antilope, der Präriehund, der Präriehase, der Coyote, die Prärieklapperschlange, uvm. - Sie trafen etwa 50 Indianervölker, die bis dahin noch nie Kontakt zu Amerikanern hatten. Mit ganz wenigen Ausnahmen waren diese Treffen friedlich bis freundschaftlich, womit auch die diplomatische Mission dieses Unternehmens durchweg erfüllt wurde.
- Die ethnologischen Erkenntnisse, die sie in ihren Berichten und Tagebüchern übermittelten, sind bis heute wertvolle Quellen für Völkerkundler.
- Unschätzbare Arbeit leistete William Clark als Landkartenzeichner. Seine Karten vom amerikanischen Westen behielten jahrzehntelang als die besten geographischen Darstellungen dieser Region Gültigkeit.
Neben diesen sehr knapp skizzierten Resultaten, ist die Lewis-&-Clark-Expedition vielleicht eine der am besten dokumentierten Forschungsreisen, da alle Teilnehmer gehalten waren, Tagebuch zu führen. Fast jede Einzelheit, selbst Alltäglichkeiten, wurde niedergeschrieben.
Aber in keinem einzigen Dokument dieser Expedition findet man eine vollständige Namensliste der Teilnehmer oder auch nur die vollständige Zahl. Es bedurfte jahrzehntelangen mühsamen Recherchierens, die Namen der meisten Teilnehmer festzustellen. Der Hintergrund dieses Mysteriums waren die politischen und finanziellen Probleme, die am Anfang dieser einzigartigen Reise standen.
Als die Expedition 1806 nach St. Louis zurückkehrte, bestand sie noch aus insgesamt 32 Personen. Man kann aber ganz sicher sein, dass diese Zahl nicht der vollständigen Mannschaft bei ihrem Aufbruch entsprach. Tatsächlich haben Lewis und Clark 1804 ihre Reise vermutlich mit mehr als 50 Männern angetreten.
Wie schon an anderen Stellen gelegentlich erwähnt, wurde Präsident Jeffersons Vision einer Ausdehnung der Vereinigten Staaten von Küste zu Küste nur von wenigen Politikern seiner Zeit geteilt. Es gab eine nicht unbeträchtliche Zahl Gegner dieses Unternehmens. Jefferson war aber gehalten, sämtliche Ausgaben vom Parlament genehmigen zu lassen. Er musste taktisch und diplomatisch vorgehen. In seinen ersten Parlamentsanfragen sprach er von Kosten von ca. 2.500 Dollar. Dabei wusste er genau, dass dieses Geld nicht ausreichen würde. Er konnte aber keine höhere Summe durch den Kongreß bringen, also ging es ihm zunächst darum, überhaupt eine Genehmigung für entsprechende Ausgaben zu bekommen – um dann einfach mehr Geld auszugeben. Am Ende kostete die Expedition fast 40.000 Dollar, eine astronomische Summe in jener Zeit die einer heutigen Kaufkraft von mindestens 2 Millionen Dollar entsprechen würde. Im Rückblick war das Unternehmen jeden Cent wert.
Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de