Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Ranald Mackenzie?
Wie war das mit Ranald Mackenzie?
: Am 14. November 1876 verließ eine große Armeekolonne Fort Fetterman im Norden Wyomings und zog in die tiefverschneite Landschaft hinaus. Kommandiert von Colonel Ranald Mackenzie bestand die Kolonne aus 11 Kompanien der 2., 3., 4., und 5. US-Kavallerie. Zu diesen berittenen Truppen gesellten sich etwa 400 Indianerscouts der Lakota, Arapaho, Pawnee, Shoshone und Reservations-Cheyenne. Dieses Kommando war in Fort Robinson (Nebraska) zusammengestellt worden. In Fort Fetterman schlossen sich hier noch mehrere Infanteriekompanien und eine Artillerieeinheit an. Ferner folgte ein Tross mit 168 Wagen, Ambulanzfahrzeuge und ein Packzug mit Maultieren, sowie über 200 Zivilangestellte.
11 Tage später, am 25. November griff Mackenzie mit etwa 1.000 Mann ein Dorf von Cheyenne-Indianern unter Häuptling Dull Knife am Red Fork, einem Nebenfluss des Powder River im Norden Wyomings an.
Der Angriff gehörte zu der großen Kampagne gegen die Völker der Plains, die schon im Winter 1875/1876 begonnen hatte. Höhepunkt dieses Feldzugs war Custers Angriff am 25. Juni auf das Sonnentanzlager am Little Bighorn, der für die 7. Kavallerie in einer Katastrophe endete. Eine Woche vorher hatte General George Crook am Rosebud eine verheerende Niederlage erlitten. Crook hatte bereits am 17. März am Powder River und am 9. Juni am Prairie Dog Creek gegen die Northern Cheyenne gekämpft.
Nach seinem Versagen am Rosebud, griff Crook mit dem Kampf von Slim Butte am 9. und 10. September wieder in den Feldzug ein.
Am 23. November berichteten Cheyenne-Scouts Mackenzie über Dull Knifes Dorf am Crazy Woman Creek mit etwa 400 Menschen. Um schneller voranzugelangen und möglichst mobil agieren zu können, entschloss Mackenzie sich, mit seiner Kavallerie und den Indianerscouts vorauszuziehen. Am 25. November stieß die Truppe auf das Lager von Dull Knife und Little Wolf. Die Krieger hier hielten gerade eine Siegesfeier nach einem erfolgreichen Angriff auf ein Shoshone-Dorf ab.
Mackenzie wartete mit seiner Attacke bis zum Morgengrauen. Es gelang ihm, die Northern Cheyenne zu überraschen und die Krieger aus dem Lager zu treiben. Die meisten mussten halbbekleidet in die eisige Kälte flüchten. Zunächst leistete Dull Knife heftigen Widerstand. Aber die Flucht vor der viel stärkeren Armee war unvermeidlich. Hinter ihnen wurden über 200 Zelte mit den gesamten Wintervorräten und anderen Lebensmitteln und Ausrüstungen zerstört. Die Soldaten erbeuteten ferner um die 700 Pferde.
Mackenzie befahl Second Lieutenant John McKinney, die flüchtenden Indianer mit einem kleineren Kommando zu verfolgen. Er stieß mit einer Cheyenne-Gruppe unter Walking Whirlwind zusammen. In dem heftigen Gefecht wurden McKinney und Walking Whirlwind getötet.
Drei von Dull Knifes Söhnen starben in diesem Kampf. In den folgenden Tagen erfroren mindestens 11 neugeborene Babies in den Armen ihrer Mütter, da die Cheyenne keinen Schutz mehr vor der grimmigen Kälte hatten.
In dem Lager entdeckten die Soldaten zahlreiche Beutestücke vom Little Bighorn.
Mackenzie beschrieb später, dass er den Angriff von einer Anhöhe aus beobachtet habe. Er zeigte sich persönlich tief beeindruckt von dem Anblick der flüchtetenden Indianer, bot aber keine Verhandlungen an.
Für die Northern Cheyenne war dieser Kampf faktisch das Ende ihres Widerstands. General Crook telegrafierte triumphierend an das Kriegsministerium: „Das war ein schrecklicher Schlag für unsere Feinde, da diese Cheyenne nicht nur zu den tapfersten Kriegern zählen, sondern führend an den meisten Überfällen und Teufeleien in diesem Land beteiligt waren.“
Nach offiziellen Berichten verlor Mackenzie 7 Soldaten und hatte 26 Verwundete. Bei den Cheyenne starben 40 Menschen. Die Anzahl der Verletzten ist unbekannt.
Zahlreiche von Dull Knifes Kriegern schlossen sich Crazy Horse an und waren am Kampf von Wolf Mountain im Januar 1877 beteiligt
Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de