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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Christian Sharps?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Christian Sharps?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 2. Januar 1810 wurde ein Mann geboren, der nie so bekannt wurde wie Samuel Colt oder Oliver Winchester, der aber die Geschichte des sogenannten „Wilden Westens“ ebenfalls nachhaltig beeinflusste: CHRISTIAN SHARPS, der Erfinder des SHARPS-Gewehrs, des ersten geschäftlich erfolgreichen Hinterladergewehrs, das eine unheilvolle Rolle bei der Beinahe-Ausrottung der Bisonherden spielte. Bei den Häutejägern, die Millionen von Büffeln abschlachteten, war die Sharps wegen ihrer Reichweite und ihres schweren, effektiven Kalibers besonders beliebt. Auch bei den Soldaten des US-Bürgerkrieges hatte die Sharps einen guten Ruf, und im Vorfeld des blutigen Bruderkrieges machte die Sharps ebenfalls Geschichte, allerdings unter dem Namen „Beecher’s Bibles“. Reverend Henry Ward Beecher, einer der führenden Anti-Sklaverei-Kämpfer, belieferte den Freischärler John Brown mit Sharps-Gewehren Modell 1852, die er von Spenden Gleichgesinnter gekauft hatte. Um zu verhindern, dass der Transport von Guerillas der Südstaaten aufgehalten wurde, waren die Kisten mit der Aufschrift „Bibles“ versehen. So erreichten die Beecher-Bibeln ungehindert ihr Ziel und wurden in den Auseinandersetzungen im „blutigen Kansas“ zwischen Sklaverei-Befürwortern und -Gegnern eingesetzt.

Christian Sharps war in New Jersey geboren worden. Er heiratete Sarah Elizabeth Chadwick aus Pennsylvania. Das Ehepaar hatte eine Tochter und einen Sohn.

In den 1830er Jahren begann Sharps eine Lehre als Büchsenmacher im Bundesarsenal HARPERS FERRY. Hier lernte er die „Hall Rifle“ kennen, einen frühen, allerdings mit starken Mängeln behafteten Hinterlader. Sharps knüpfte Kontakte zu Captain John H. Hall, den Erfinder, und arbeitete für eine Weile mit ihm zusammen. Dabei lernte er einige wichtige Prinzipien für die Herstellung von Hinterladergewehren, sowie die Vorteile der Produktion von immer gleichen, und damit austauschbaren Teilen von Waffen kennen. Zu dieser Zeit hatte auch ein gewisser Samuel Colt bereits Erfahrungen mit dieser Art Waffenproduktion gemacht und damit Grundzüge der Fließbandfertigung entwickelt.

Am 12. September 1848 erhielt Christian Sharps sein erstes Patent für ein Hinterladersystem, auf dem die anderen Gewehre seiner Serie aufbauten. Es handelte sich um einen Verschlussblock, der mit einem Unterhebel heruntergeklappt wurde, so dass von hinten eine Papierpatrone in den Lauf geschoben werden konnte. Danach wurde der Block wieder hochgeklappt. Oben saß ein Nippel mit einem Zündkanal, auf den ein Zündhütchen aufgesetzt wurde. Dieses erste Sharps-Modell wurde ab 1850 von einem anderen Fabrikanten – A. S. Nippes – in Pennsylvania produziert. 1851 eröffnete Sharps seine erste Fabrik in Hartford, Connecticut, die „Sharps Rifle Manufacturing Company“. Später wurde der Firmenname auf “Sharps Rifle Company” verkürzt.

Der Anfang war bescheiden. Sharps hatte kein Geld und musste sich daher Kreditgeber suchen. Diese investierten ganze 1.000 Dollar. Es wurde ein Geschäftsführer engagiert. Sharps selbst arbeitete als Ingenieur in seiner Fabrik und erhielt als Lohn für jedes produzierte Gewehr 1 Dollar.

Sharps-Gewehre waren nicht die ersten Hinterlader, aber sie hatten eine störungsfreie Funktion und wurden daher sofort ein geschäftlicher Erfolg.

1855 hatte er genügend Geld zurückgelegt, um eine unabhängige Fertigung zu beginnen. Die neue Firma hieß „C. Sharps & Co.“ und produzierte nicht nur seine Gewehre, sondern auch den von ihm entwickelten Sharps Derringer, eine kleine Taschenwaffe mit 4 Läufen. Da er weiteres Kapital benötigte, nahm er einen Partner in die Firma auf, William Hankins. Beide bauten eine Fertigungsstätte in Philadelphia.

Mit Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkrieges kamen größere Regierungsaufträge für die großkalibrigen Sharps Rifles und Karabiner. Vor allem die Karabiner-Version wurde zum erfolgreichsten Militärgewehr für die Kavallerie in diesem Krieg; robust, großkalibrig, effektiv, einfach zu bedienen. Sharps & Hankins produzierten um die 100.000 Waffen für die US-Armee.

Sharps-Gewehre hatten zudem den Ruf, extrem zuverlässig zu sein. Sie gehörten zu den bevorzugten Gewehren für Wettkampf- und Scharfschützen.

Sharps beendete die Partnerschaft mit William Hankins 1867 und produzierte seine Waffen seitdem allein weiter.

Ab 1870 zog sich Sharps aus der aktiven Produktion zurück. Er ließ sich mit seiner Familie in Vernon (Connecticut) nieder, arbeitete zwar weiter an Verbesserungen seiner Waffensysteme, gründete allerdings daneben eine Farm und eine große Forellenzucht.

Im Jahr 1872 patentierte der Sharps-Ingenieur Hugo Borchardt ein Jagdgewehr im Kaliber .50-90. Die „Sharps-Borchardt“ war die letzte Neuentwicklung von „C. Sharps & Co.“

Am 12. März 1874 starb Christian Sharps an Tuberkulose. Er hinterließ 15 Feuerwaffenpatente. Nach seinem Tod ging es mit der Fabrik bergab. 1878 kam noch einmal eine neue Version der „Sharps Borchardt“ auf den Markt und wurde zum Misserfolg. Die Firma musste bankrott anmelden und wurde 1881 geschlossen. In den Fertigungshallen wurden anschließend Nähmaschinen produziert. Die Sharps-Gewehre wurden Geschichte.

Der legendäre Name blieb erhalten. Seit 1983 fertigt die „Shiloh Rifle Manufacturing Company“ in Montana Sharps-Gewehre nach den alten Patenten. Ferner produziert „Davide Pedersoli & Co.“ In Brescia (Italien) Sharps-Gewehre, insbesondere das Modell 1874 und die Sharps-Borchardt 1878 für Metallpatronen. Sie sind bis heute bei Jägern populär.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

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