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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Charles Marion Russell?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Charles Marion Russell?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Er ist bis heute neben Frederic Remington der bedeutendste Maler der sogenannten „Western Art“ im 19. Jahrhundert. Aber er war nicht nur ein Künstler, dessen aktionsreiche, farbenprächtige, vitale Bilder dramatisches Leben reflektieren, er liebte auch die Lebensart des amerikanischen Westens, so dass er bis heute als der „Cowboy-Maler“ gilt. Er war Maler, Bildhauer und Geschichtenerzähler, und er setzte sich nachdrücklich für indianische Landrechte ein. Es war maßgeblich ihm zu verdanken, dass 1916 in Montana die „Rocky Boy Reservation“ für die heimatlosen Chippewa geschaffen wurde. Er hatte seine Prominenz in der Öffentlichkeit dafür genutzt.

CHARLES MARION RUSSELL wurde am 19. März 1864 – vor 157 Jahren – in der Gemeinde Oak Hill in der Nähe von St. Louis (Missouri) geboren. Schon als Kind begann er zu zeichnen und mit Ton zu modellieren. Sowie er lesen konnte, verschlang er alle Berichte über den Fernen Westen. Er suchte in St. Louis Kontakt zu alten Pelzhändlern, lauschte deren Geschichten, und lernte reiten. Mit 16 Jahren verließ er sein Elternhaus und ging nach Montana, um auf einer Schafranch zu arbeiten. Er zog mit einem Trapper in die Rockies, arbeitete auf Rinderranches und erwarb selbst ein Stück Land, um eine Ranch zu gründen.

Als der Vormann der O-H Ranch eine Skizze Russells von Rindern, die von Wölfen belauert werden, an einen Freund schickte und dieser sie in einem Schaufenster ausstellte, erreichten Aufträge von Leuten, die realistische Westernszenen für ihre Wohnungen haben wollten, den jungen Cowboy. Damit begann seine Karriere als professioneller Maler.

1888 verbrachte Russell einige Zeit bei den Blood-Indianern in der Blackfoot-Reservation. Danach lebte er in kleinen Plainssiedlungen im Cascade County und malte Bilder über das Leben in der Zeit der freien Weide. 1892 zog er nach Great Falls in Montana und ließ sich als Maler nieder. 1896 heiratete er. Inzwischen war sein Name bekannt geworden. Sein Atelier wurde von Reisenden aus den gesamten Vereinigten Staaten aufgesucht. Erste Postkarten, die von seinen Arbeiten gedruckt wurden, trugen seine Kunst in die ganze Welt.

Russell war der Öffentlichkeit gegenüber eher scheu. Seine junge Frau Nancy hatte das Geschick, ihn zu „vermarkten“. Dank ihr gab es mehr und mehr große Ausstellungen von seinen Kunstwerken in den USA, in Kanada und sogar in England.

Schon seine frühesten Werke strahlen pralle Lebenslust aus. Eine regelrechte Flut von starken Farben nimmt den Betrachter ebenso gefangen wie die kraftvolle Vitalität der Bewegungen der dargestellten Menschen und Tiere. Man meint den Hufschlag der Pferde zu hören, die Schreie der Cowboys, das Krachen von Schüssen. Man meint, den Staub zu schmecken, den Pulverrauch, aber auch den würzigen Duft der Prärie von Sweetgras und Salbei.

Russells Gemälde waren „Western pur“. Damit gewann er Bewunderer auf der ganzen Welt. Seine Kunst traf den Nerv seiner Zeit, als der „Wilde Westen“ langsam zu Ende ging und in den urbanen Teilen Amerikas und Europas zum Mythos wurde. Die Wirkung seiner Gemälde und Skulpturen wurde von seiner Persönlichkeit unterstrichen: Russell war selbst ein „Westerner“, wie er authentischer kaum sein konnte. Er liebte die Indianer und die Lebensweise der alten Cowboys. Er liebte die Natur mit all ihren Erscheinungen. In seinen Werken fing er die einzigartige Magie dieses Lebens ein.

Zu seinen Auftraggebern gehörten reiche und berühmte Zeitgenossen wie die Filmstars William S. Hart, Will Rogers und Douglas Fairbanks. Dabei machte er sich nichts aus persönlichem Ruhm und Glanz. Ihm reichte eine kleine Holzhütte in der Wildnis, um die Atmosphäre zu genießen, die er in seinen Bildern auf die Leinwand bannte.

Er schuf im Laufe seines Lebens über 4.000 Kunstwerke, Gemälde, Skulpturen, Skizzen, Aquarelle. Eines seiner größten Werke ist die Wandmalerei „Lewis and Clark Meeting the Flathead Indians“ im Staatskapitol von Helena (Montana). Der größte Teil seines Schaffens liegt im „C. M. Russell Museum“ in Great Falls (Montana), wo etwa 2.000 seiner Werke ausgestellt sind. Einige der bedeutendsten Stücke finden sich auch im „Buffalo Bill Center“ in Cody, im „Amon Carter Museum“ in Texas und im „Thomas Gilcrease Museum“ in Tulsa (Olahoma). Seine Erlebnisberichte und Kurzgeschichten wurden in vielen Zeitungen gedruckt und erschienen ein Jahr nach seinem Tod unter dem Titel „Trail Plowed Under“ als Buch.

Als Charles Russell am 25. Oktober 1926 in Great Falls starb, wurden die Flaggen im ganzen Staat auf Halbmast gesetzt. Die Schulkinder erhielten frei, um an der Beerdigung teilnehmen zu können.

1955 wurde Russel in die „Ruhmeshalle großer Westerner“ im „National Cowboy & Western Heritage Museum“ in Oklahoma City aufgenommen. Eine Statue, die Russell darstellt, steht als Symbol Montanas im US Congress in Washington. Zahlreiche Schulen in Montana, aber auch in anderen amerikanischen Staaten tragen seinen Namen.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2021Die kommende Ausgabe

 

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