Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Andrew Jackson?
Wie war das mit Andrew Jackson?
: Am 15. März 1767 wurde einer der bis heute umstrittensten Präsidenten der USA geboren: ANDREW JACKSON. Zweifellos war er ein kontroverser Charakter, ein früher Populist, ein radikaler Expansionist. Im Gedächtnis geblieben ist bis heute seine erbarmungslose Vertreibung vieler Indianervölker aus den östlichen Gebieten in das unwirtliche Indianerterritorium (heute Oklahoma). Vor allem der „Weg der Tränen“ der Cherokee ist unvergessen und wurde schon zu seiner Zeit als unmenschlich und völlig herzlos angesehen. Andererseits fielen unter seiner Regierung auch einige positive Entscheidungen, die für Historiker eine gemischte Beurteilung seiner Präsidentschaft zulassen.
Jacksons Wiege stand im Grenzbereich von North und South Carolina, genau weiß das niemand. Seine Eltern waren schottisch-irischer Abstammung. Sein Vater starb bei einem Unfall noch vor seiner Geburt. Seine Kindheit war, wie in dieser Zeit üblich, von harter Arbeit auf der Farm der Mutter geprägt. Die Mutter pflanzte in ihn und seine Geschwister eine unversöhnliche anti-britische Gesinnung ein. Als junger Mann galt er als jähzornig und aggressiv. Schon als Junge diente er als Kurier in der amerikanischen Revolutionsarmee. Er geriet zeitweise in Gefangenschaft und weigerte sich hier, einem englischen Offizier die Stiefel zu putzen, worauf er einen Säbelhieb erhielt, dessen Narbe ihn sein Leben lang zeichnete. Er verlor mit 14 seine Mutter und machte die Engländer dafür verantwortlich. Den Hass gegen England verlor er nie. Seine schulische Bildung war eher marginal. Trotzdem gelang es ihm, nach einer Lehre bei einem Anwalt selbst die notwendigen juristischen Prüfungen abzulegen. Er wurde Bezirksstaatsanwalt in einem Gebiet, das heute Tennessee ist und focht hier sein erstes von mehreren Duellen aus. 1788 ließ er sich mit einem Partner als Anwalt und Landmakler in der damals kleinen Stadt Nashville nieder. Die Männer verkauften Land, das eigentlich den Cherokee gehörte. Das war in jener Zeit und in diesem Gebiet nicht ungewöhnlich. 1819 gehörte er zu den Mitbegründern der Stadt Memphis.
Jackson brachte es schnell zu Reichtum. Er besaß am Ende mehrere Plantagen und im Laufe seines Lebens um die 500 Sklaven – damit gehörte er zur Elite der südstaatlichen Pflanzer.
Zeitweise wurde er an den Obersten Gerichtshof von Tennessee berufen. Als Richter genoss er einen guten Ruf, aber er wollte mehr. Er trat in die Miliz des Staates ein und bewarb sich für politische Ämter. Er war mehrfach Abgeordneter und Senator im amerikanischen Kongress.
So sehr er die Engländer hasste, so sehr verabscheute er die Spanier und half, sie aus den südöstlichen und südwestlichen Gebieten Nordamerikas zu vertreiben. 1812 offerierte er der Regierung 2.500 Milizmänner für den Krieg gegen England. Wegen seiner Härte und strengen Disziplin erhielt er den Spitznamen „Old Hickory“. 1812 führte er eine Kampagne gegen aufständische Muskogee-Indianer (Creek) und schlug sie erfolgreich in der Schlacht von Tallushatchee. Im Juni 1814 erreichte er den begehrten Rang eines Generalmajors der amerikanischen Bundesarmee. Am 7. November des Jahres schlug er spanische und britische Truppen in der Schlacht von Pensacola. Als er erfuhr, das England die Einnahme von New Orleans plante, zog er mit seinen Truppen zu der wichtigen Hafenstadt an der Mississippi-Mündung und fügte den Engländern am 8. Januar 1815 eine schwere Niederlage zu – wobei zu dieser Zeit der Krieg zwischen England und den USA längst vorbei war, so dass dieser Kampf keine Bedeutung mehr hatte. Gleichwohl wurde Jackson als Kriegsheld gefeiert und erhielt eine Ehrenmedaille des Kongresses. Jacksons Verhalten in New Orleans, wo er zeitweise das Kriegsrecht ausrief, war grenzwertig. Er vertrieb nicht nur alle mit England und Spanien sympathisierenden Elemente aus der Stadt, sondern auch seine eigenen kreolischen Hilfstruppen, die als französische Staatsbürger galten. Er verhängte eine Pressezensur und ließ Reporter verhaften. Dafür wurde er später von einem Gericht mit einer Strafe von 1.000 Dollar – eine hohe Summe in jener Zeit – gemaßregelt.
1816 und 1818 führte er Feldzüge gegen die Seminolen in Florida, wobei er gnadenlos gegen geflüchtete schwarze Sklaven vorging, die bei den Seminolen Zuflucht gefunden hatten, und zugleich die Spanier vertrieb, die noch immer starke Stützpunkte in Florida besaßen. Dabei setzte er sich zeitweise über die Anordnungen des Präsidenten hinweg, weil er der Überzeugung war, Florida sollte Teil der USA werden.1821 wurde er zeitweise zum amerikanischen Gouverneur von Florida ernannt, bevor er nach Tennessee zurückkehrte.
Nach schweren gesundheitlichen Problemen 1822, die sowohl von Duell-Verletzungen als auch den Strapazen des Militärdienstes herrührten, entschloss Jackson sich, endgültig in die Politik zu gehen. Als Senator war er Vorsitzender des einflussreichen Militärausschusses. 1824 wurde Jackson in mehreren US-Staaten als Präsidentschaftskandidat aufgestellt. Jackson gewann 99 Elektoralstimmen. Das waren die meisten, aber nicht genug. Er hätte 131 benötigt. Die anderen Kandidaten schlossen einen Handel, und wählten John Quincy Adams zum Präsidenten. Jackson fühlte sich – mit Recht – betrogen und schwor Vergeltung. 1828 gewann er die Präsidentschaft mit einem Erdrutschsieg. Dieser Sieg beendete die bis dahin offiziell herrschende Koalition mehrerer Parteiflügel. Jacksons Anhänger hatten schon 1825 die „Demokratische Partei“ gegründet, die zunächst noch als „Jacksonians“ bezeichnet wurde. Damit begann in den USA das 2-Parteien-System.
Jacksons Präsidentschaft war von schweren innenpolitischen Konflikten gezeichnet. Schon damals wollte South Carolina sich aus der Union lösen und eine eigene Südstaatengemeinschaft gründen. Jackson drohte mit militärischer Gewalt gegen jeden Staat, der diesem Plan folgen würde. Er schwor auf die Einheit der Union.
Jackson war ein überzeugter Anhänger von „Checks and Balance“, wonach jede amtliche Institution von einer anderen kontrolliert werden sollte, so dass es keine Alleinherrschaft verschiedener Behörden geben konnte. Er sprach sich für strickte Begrenzungen der Amtszeiten höherer Regierungsämter aus und führte scharfe Missbrauchs- und Korruptionsermittlungen durch. Das Elektoral-College bei der Präsidentenwahl – bis heute heftig umstritten – wollte er bereits abschaffen. In mancher Beziehung war er seiner Zeit weit voraus. Er schuf ein neues Pensions-System für Kriegsveteranen und deren Witwen. Er leitete erste Reformen ein, die zur Verbesserung der Stellung der Frauen führten.
Zu seinen umstrittensten Entscheidungen gehörte 1830 die gewaltsame Umsiedlung von Indianervölkern ins heutige Oklahoma. Etwa 45.000 Indianer wurden aus ihren Heimatgebieten vertrieben. Damit verursachte er Leid und Tod, Diese Maßnahmen sind bis heute – vor allem unter den betroffenen Völkern – unvergessen. Es gab aber auch schon zu seiner Zeit erbitterte Gegner. Einer der prominentesten war der Kongressabgeordnete David Crockett, der später in Texas im Alamo starb.
Außenpolitisch versuchte er erfolglos, den Staat Texas von Mexiko zu kaufen. Weltweite Handelsinteressen standen für ihn im Vordergrund. Im Januar 1835 gab es das erste Attentat auf einen US-Präsidenten, als ein englischer Einwanderer auf Jackson schoss. Seine Pistole versagte. Jackson blieb unverletzt, stürzte sich persönlich wutschnaubend auf den Täter und schlug ihn mit seinem Spazierstock nieder.
Am Ende wurde Jacksons Amtszeit von schweren wirtschaftlichen Verwerfungen, Bankenpleiten und anderen Krisen überschattet. 1837 schied er aus dem Weißen Haus, blieb aber eine einflussreiche Stimme in der jungen Demokratischen Partei. Krankheit und Altersschwäche zeichneten seine letzten Jahre. Er starb am 8. Juni 1845 auf seiner Hermitage-Plantage.
Andrew Jackson wurde in der populären Stimmung immer als ein recht erfolgreicher Präsident gesehen. Sein Ansehen hat aber seit den 1960er Jahren erheblich gelitten, seit seine Behandlung der Indianervölker und seine Ansichten als Sklavenhalter in den Fokus rückten. Das hat manche seiner persönlichen Charaktereigenschaften, seine Radikalität im Umgang mit Gegnern, seine Rachsucht, seine Gewalttätigkeit selbst im Alter wieder ans Licht gebracht, obwohl Zeitgenossen beschrieben, dass er sein aggressives Temperament meist unter Kontrolle hatte.
Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de