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Die Schere im Kopf des Gutmenschen... - (Selbst-)›Zensur‹ in den frühen Silberbänden

1 Die Schere im Kopf des Gutmenschen...
(Selbst-)›Zensur‹ in den  frühen Silberbänden

Der Heftperry musste  einst hoffähig werden ... im Hardcover ... Deshalb wurden in den Silberbänden viele Passagen verändert, geschnitten, eingebremst, gedämpft.

Das fiel mir vor kurzem wieder einmal auf, als ich einige Silberbände durchlas bzw. durchblätterte.


Nebenhandlungen in Einzelheften mussten, bearbeitungstechnisch ohnehin herausgelassen werden, leider. Hier traf es in den frühen Bänden oft Klaus Mahn, der zu der Zeit in den USA saß und wie Horst Hoffmann, der damalige Editor der Silberbände nach Willy Voltz in einem Vorwort selbst betonte: dessen Nebenhandlungshefte wurden eben herausgelassen, weil sie oft, obwohl spannende (Kolonisten)-Abenteuer beschreibend, die Haupthandlung des/der Zyklus/Zyklen nicht so recht voranbrachten. Hier muss man also sowieso zu den Heften greifen, wenn man die Bände lesen möchte.

Viel schlimmer aber war das gefühlte Gutmenschentum, dass  mit der Schere im Kopf den zugegebenermaßen recht landser-im-weltraumhaften frühen Perry korrigieren wollte...und dies auch tat. Blaster und Impulsstrahler wurden hier flugs in Paralysatoren verwandelt...feindliche Flotten in Robotschiffe umgewandelt...kurz: es wurde alles getan, um so zu tun, als würden sich alle lieb haben im Kosmos und nur mal so gegenseitig im Vorbeigehen mit Paralysatoren betäuben. Dann stehen wir wieder auf und alles ist gut. Diese freiwillig korrigierende Selbstzensur hat natürlich mit zweierlei Dingen zu tun: Einmal mit der politischen Einstellung des Bearbeiters bzw. Redakteurs...und dann natürlich mit dem Ziel des Buches: wer ist die gewünschte Leserzielgruppe...?

Diese war jedenfalls nicht der durchschnittliche Perryheftleser, sondern es sollten neue Kunden im „seriösen“ Bereich des Buchmarktes bzw. des Buchlesers erschlossen werden...und dieser Leser ist bei aller Thrillerfreude doch nicht so hart gesotten wie der Perryheftleser, der auch mal 80.000 verlorene akonische Großkampfschiffe achselzuckend  mit so hin nimmt...dazu ebenso 30.000 zerstörte Maahkschiffe, selbstverständlich im Originalheft alle mit Personen bzw. Lebewesen bemannt. Im Silberband auf Roboter reduziert, wie gesagt.Nur keine Toten. Das Gleiche gilt auch für die Druuf etc. Vergleichende Textstellen habe ich jetzt nicht parat, da die Hefte geordnet im Keller liegen, nur die SiBä auf dem Regal (grins...) aber wer von den Nerd-Akribiern möchte, kann dies hier sicher ausführlichst dokumentieren.

Ob diese Palmzweigwedelei der Serie gut tat, ist Ermessenssache...Perry ist als Person ein Humanist, und schießt immer erst als zweiter...(Wie oft warf Atlan , Lordadmiral  der USO und arkonidischer Flotillenchef ihm Zögern vor...). Dennoch, so schien es, musste hier das Geschehen handlungstechnisch für den Buchmarkt entschärft werden, damit nicht wieder Spiegel&Co. der Serie ihre Gewalttätigkeit vorwerfen konnten...wie öfter kritisch oder verreißend geschehen...

Na schön, Bearbeitungen von Literatur gibt es nun einmal bei Neuherausgaben, das ist eben so. Es gibt Straffungen, Verbesserungen, Verwässerungen, Abmilderungen, Schnitte, Verschlimmbesserungen in fast jeder Neuausgabe eines belletristischen Werkes. Gerade im Heftebereich ist das ja (im Horrorgenre z.B.) zur Genüge bekannt und oft trefflich (auch hier im ZSP) dokumentiert.

Beim Perry kann ich nur sagen: Die Silberbände (auch Platin beim NEO) sind immer nett anzuschauen, aber die frühen Bände eben arg korrigierend „redigiert“. Weil später der Perryheftleser auch älter wurde (und besser situiert), weil ein wahrer Fan sowieso alles kauft...landete natürlich ein Großteil der frühen Heftleser nach Haus und Mercedes auch beim Buch des Silberbandes. Ich schätze, den meisten Insider-Lesern ging es auch nur um den hübschen Band mit 3D-Titelbild und in schmuckem Silber mit Blau unterlegt...weniger um den eingeschmolzenen, zu stark pazifistisch korrigierten Inhalt. Das war eben so.Das nahm man hin. Meistens.

Auch heute raten  wir Neulesern, die mit den sicher handlichen und griffigen Silberbüchern anfangen wollen, aber lieber zu den puren, echten Heften der Originalserie. Die Synopsis des glänzenden Buches sollte man sich erst danach vergleichend antun. Ein unbeleckter, perryfremder Buchleser wird ohnehin keinen Zugang zum Heftmarkt haben (wollen)...und begnügt sich deshalb mit Paralysatoren und Roboterschiffen...unecht und sekundär...das Echte im Falschen...

PS: Mehrmals schlich sich oben ein Tippfehler ein: Statt „korrigieren“ hieß es „korrogieren“...da fällt einem gleich „korrodieren“ ein: ...Silber kann ja auch anlaufen...

© 2017 by H. Döring

Kommentare  

#1 matthias 2017-02-07 12:41
DAS habe ich weder gewusst noch vermutet. Kopfschüttel! Und ich wollte die Serie von vorne (Silberbände) anfangen...
Lasse ich jetzt!
Typisch Deutschland!
Wir Konsumenten sind doch unmündige Kinder...
#2 Laurin 2017-02-07 19:05
Ist aber durchaus so, Matthias. Deshalb hatte ich, als ich es in vollem Umfang merkte, damals meine Silberbände alle an einen anderen, mir bekannten Fan verschenkt, darunter auch das signierte erste Silberband DIE DRITTE MACHT.

Aber Deutschland hatte hier nicht die Finger mit im Spiel. Vielmehr war es meines Wissens nach sogar der Humanismus von William Voltz, der hier maßgeblich zu inhaltlichen Veränderungen im negativen Sinne führte. Und die Autoren wie auch der Verlag standen dabei, soweit ich es abschätzen konnte, leider voll dahinter. hier mal kurz ein Auszug zum Thema aus der Wikipedia:

Zitierung:
Für die Bearbeitung der einzelnen Heftromane und deren Transferierung in die Silberbände erstellte William Voltz eine Konzeption, mit deren Hilfe die Tendenzen der frühen sechziger Jahre umgangen wurden. Um den globalen gesellschaftlichen und weltanschaulichen Veränderungen seit der Hochzeit des Kalten Krieges Rechnung zu tragen, wurden alle übertriebenen, einseitig glorifizierenden Darstellungen der Terraner, übertriebene Schwarz-Weiß-Schematisierungen anderer Völker (insbesondere des Feindbildes), allzu drastische militärische Darstellungen und anderes entschärft. Die Romane wurden entweder umgeschrieben oder fanden keinen Einzug in die Bücher.
#3 Andreas Decker 2017-02-08 10:20
Und ehrlich gesagt lesen sich so manche Silberbände dank der Kürzungen und Straffungen durchaus besser. Und der Markt gab Voltz recht. Es war ja kein Zufall, dass man zb den Phlopos-Zyklus aus den Silberbänden rausließ und den 200er vorzog.

Und selbst in den Heftneuauflagen der ersten Bände wurde schon rumgebastelt und geglättet.
#4 AARN MUNRO 2017-02-08 13:24
...Andererseits wollten viele Fans, die auch die Silberbände lasen, den Plophos-Kurzzyklus drin haben...deshalb musste er ja auch nachträglich noch in Buchform gebracht werden...übrigens sind die übergehenden zusammenhänge der Bände zu einem ganzen gewiß flotter...mir selbst fehlen im Buch aber oft gerade die fehlenden, herausgelassenen einzelbände...und manche Sätze oder Absätze sind einfach zu "sauber" gekürzt oder abgekürzt worden...bei WE allerdings hätte man mehr kürzen können :-*
#5 Laurin 2017-02-08 15:45
Zitat Andreas Decker:
Und selbst in den Heftneuauflagen der ersten Bände wurde schon rumgebastelt und geglättet.

Ja, scheinbar eine besondere Krankheit bei manchen Verlagen bzw. Verlegern. Statt selber neue und gute Romane zu verfassen, verplempern sie ihre Zeit damit, in den Werken anderer herum zu pfuschen. Und wenn dann Verleger (erinnere mich da an die Aussage zum ähnlichen Thema von LARRY BRENT) vom lesen der alten Texte Kopfschmerzen bekommen, sollten sie ein Aspirin einwerfen oder besser gleich mal zum Arzt gehen.
Allerdings konnte ich mit William Voltz noch nie etwas bei PR oder Atlan anfangen, dass war mir für Spannungsliteratur einfach drei Zacken zu viel Humanismus, weshalb ich mit dem Hype um seine Person noch nie persönlich etwas anfangen konnte. Der Markt mochte es mögen, keine Frage, aber mich persönlich hat das bei den Silberbänden eher abgeschreckt, zumal vieles einfach verloren ging, was ich gerne auch in diesem durchaus schönen Format im Original wieder gelesen und gesammelt hätte. Leider hat es nicht sollen sein, aber grob gesehen gab es genügend Alternativen (wenn man nicht stur auf PR, SF oder Heftromane allgemein fixiert ist).

Und der Phlopos-Zyklus zieht hier leider nicht als Beispiel, wie AARN MUNRO bereits treffend hier ausgeführt hat.
#6 Advok 2017-02-08 18:45
Die Kürzung des Plophos-Zyklus dürfte eine schnell gefällte Entscheidung gewesen sein, als WV plötzlich verstarb, die Produktion aber weiter gehen musste.
Musste der Verlag sie tatsächlich bringen? Habe gedacht, Bertelsmann hätte Nachschub benötigt - also ein Muss von Verlasseite sieht für mich anders aus.

Überarbeitung der Hefte:
Bei Serien, die von Verlagen in Auftrag gegeben wurden und eben nicht den Autoren gehören, halte ich es prinzipiell für legitim, dass der Verlag den Inhalt dem Zeitgeist anpasst. Auch Autoren haben das Recht, ihr Werk immer wieder neu zu gestalten (Karl May fällt mir spontan ein).

Die Kürzungen gehen mir aber auch zu weit. Die vielen guten Charaktere, die oft kaum in den Büchern mehr auftreten ...

Noch dramatischer war die Überarbeitung bei Ren Dhark - da wurde das Überarbeitungskonzept im 1. Zyklus immerhin gefühlt mit jedem Band geändert:
Band 1 alle Hefte (wenn auch bis zu 75 % z.B. bei Band 6 wegfielen - leider mit die schönste Handlung, die sich auch heute noch gut lesen lassen würde), Band 2, wo ein Band nicht gebracht, dafür aber komplett neu geschrieben wurde, Band 3, wo bereits Bände weggelassen wurden, Band 4, der bereits mehr als 10 Romane enthalten hat, dabei aber ca. 50 % neuen Text enthalten hat, und dann irgendwann die Entscheidung, einen kompletten - zugegeben sehr schwachen Zyklus - wegzulassen.
DA kommen die Silberbände noch echt gut weg ...
#7 Laurin 2017-02-08 19:56
Zitat Advok:
Bei Serien, die von Verlagen in Auftrag gegeben wurden und eben nicht den Autoren gehören, halte ich es prinzipiell für legitim, dass der Verlag den Inhalt dem Zeitgeist anpasst. Auch Autoren haben das Recht, ihr Werk immer wieder neu zu gestalten (Karl May fällt mir spontan ein).

Gegen Überarbeitungen wie, dass man "ratternde" Computer und "Lochkarten" usw. heraus nimmt und dieses etwas moderner anpasst, will ich auch nichts sagen, Advok. Mit den Jahren liest sich so etwas ja auch eher trashig. Aber bei den Silberbänden war es schlicht zu viel Anpassung an einen Zeitgeist mit einer gewissen Lebensdauer für mich. Der Verlag als Eigentümer kann das ja machen, aber honorieren muss ich es als Leser nicht, wenn ich eigentlich als Fan die Hoffnung habe, die Geschichten im Original lesen zu können und im Regal dann auch was hübsches an Sammlung zu stehen bekomme. Klar, meckern bringt da nichts, man ist ja kein Hardcore-Nerd. Aber Geld möchte ich dafür allerdings auch keines ausgeben.

Auch wenn ein Autor selbst sein Werk verändert, ist dagegen nichts zu sagen, es ist ja sein Werk und mit dem kann er ja auch verfahren wie er möchte. Nur ob es mir dann noch gefällt, wenn ich vorher mal das Original gelesen habe, steht dabei auch noch auf einem anderen Blatt. Aber auch hier bin ich ja nicht gezwungen, mir die Überarbeitung auch noch zuzulegen. Doch nett wäre es vom Verlag/dem Autor schon, wenn er vorher auch offen sagt, dass er massiv an der alten Handlung rumgeschraubt hat. Dann kann man sich als Kunde überlegen, ob man sich das antun will oder nicht. Aber meistens wird da um den heißen Brei herum schwadroniert mit Floskeln wie "sorgfältige Modernisierung" bzw. "leichte Anpassung" und dann schreiben sie den halben Roman um.

Wie gesagt, machen können sie es ja, aber ich muss es nicht noch mit meinem Geld belohnen, wenn ich eigentlich etwas anderes erwartet hatte. Aus diesen Gründen hatte ich bei REN DHARK gleich die Finger gelassen und halte die vier oder fünf Romane der Serie, die ich damals im Original mal lesen durfte (durch meinen älteren Bruder) in netter Erinnerung.

Das bei den Kürzungen dann viel verloren geht (spannende Handlung, gute Charaktere) ist dann nur noch das Sahnehäubchen oben drauf.
#8 Cartwing 2017-02-08 21:06
viele lesen ja auch, heute wie damals, nur die Bücher. Manche wissen nicht mal, dass es da auch Hefte gibt, und eine Menge Leute glotzen dich völlig ungläubig an, wenn du ihnen sagst, dass die Bücher zusammengefasste Heftromane sind bzw. wollen das nicht glauben. Denen ist das völlig egal, was mal ursprünglich in den Heftromanen stand...
#9 AARN MUNRO 2017-02-09 09:20
@Cartwing: ...das sind dann aber nicht die echten Perry-Fans...keine Puristen...sondern nur Mitläufer... ;-)
#10 Cartwing 2017-02-09 14:01
stimmt, das sind keine echten Fans, aber andererseits, wenn man wirklich alle Bücher gelesen hat, was ist man dann? Dat sind ja nu so einige...
#11 Laurin 2017-02-09 16:26
@ AARN MUNRO & Cartwing:
Nun ja, ich glaube nicht, dass die PR-Serie so lange durchgehalten hätte, wenn sie wirtschaftlich gesehen nur am Tropf der Fans gehangen hätte. Von daher wird es sogar sehr viele geben, die die Originalromane von damals nicht kennen und damit auch nichts vermissen.
Das die mit unserer Diskussion nicht immer was anfangen können, dürfte daher verständlich sein und finde ich jetzt auch nicht schlimm. Von daher dürfte unsere hier aufgeführte Kritik eher ein nörgeln auf ziemlich hohem Niveau sein. Ich will den Lesern (oder vielleicht doch irgendwo Fans) der Silberbände ja nun auch nicht ihren Spaß madig machen. Für mich persönlich fehlt mir aber da zu viel und ist einfach auch zu viel verändert worden, um für mich noch den Spaß zu entwickeln, den ich mal an den früheren Romanen hatte.
Ist genauso wie PR NEO, ich konnte mit dieser Serie nix anfangen, aber wer es mag, der soll sich von mir aus ruhig weiter daran erfreuen können. Wäre ja auch völlig daneben, wenn ich versuchen würde, anderen meine Sichtweise aufzwingen zu wollen.
#12 HP. Göldner 2017-02-12 23:07
Also prinzipiell hat der Autor ja Recht und in Silberbänden wurden viel gekürzt (meist Wiederholungen), viel weggelassen (meist Nebenhandlungen) und etwas dem aktuellen Zeitgeist angepasst. Das ganze jetzt aber als "Gutmenschentum" zu geisseln ist gerade in der heutigen Zeit wo "Schlechtmenschentum" wieder vermehrt um sich greift gänzlich unangebracht ...
#13 AARN MUNRO 2017-02-13 10:20
@HP.Göldner: Ich finde, gewisse Begriffe sollten auch dann verwendet werden dürfen, wenn sie durch den aktuellen Zeitgeist einer Bedeutungsveränderung unterliegen. (Das Konnotaive und das Denotative...... ;-) ) ...vor zehn Jahren hätte sich niemand aufgeregt über den Titel...aber er sollte natürlich auch etwas provokativ sein...

Interessant wäre auch eine Untersuchung der Bände unter der Bearbeitung von Hubert Haensel...immerhin hatte sich auch der Buchleser ja inzwischen an den Perry gewöhnt...das hätte vielleicht mehr Freiheiten erlaubt...andererseits ist der Buchmarkt auch brisant...wenn die SiBä immer auf der Verkaufs-Bestsellerrliste stehen, möchte man vielleicht auch von der Verlagssseite her die Vorgehensweise nicht allzusehr verändern...ob Denis Scheck den Perry liest...? :lol:

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