Selbstzensur, Silberbände und gesellschaftliche Konventionen
Selbstzensur, Silberbände und ...
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Der erste Redakteur war Willi Voltz, gefolgt von Horst Hoffmann, abgelöst vom aktuellen Redigisten und Collegtisten (Zusammensteller) Hubert Haensel.
Ein Silberband ist der Versuch, eine eierlegende Wollmilchsau zu erzeugen. Einerseits sollen alle für die Zyklushandlung relevanten Hefte untergebracht werden auf engstem, sehr beschränkten Raume, andererseits gab es durchaus einige bei den Lesern beliebte Einzelhefte, die dafür unter den Tisch fallen mussten. Bei Voltz waren das in den frühen Bänden der ersten Hunderter oft die Siedlerabenteuer von Kurt Mahr, aber Voltz war objektiv genug, auch seine eigenen Hefte 'rauszulassen, wenn sie nichts Wesentliches zum Zyklusbezug beitrugen. Ähnlich sah das bei HoHo aus, in dessen Vorworten zu den Zusammenstellungen der geneigte Leser heute noch nachlesen kann, wie schwierig die Auswahl mitunter war … und welch Murren es gab seitens einiger Leser wider den Redakteur der SiBäs und vielleicht auch ein Widerspruch der/einiger Autoren, das ist allerdings nicht dokumentiert und kann nur vermutet werden.
Nicht vermutet werden, sondern hingegen als Tatsache klar bekannt, ist die Selbstzensur, denen die Bände unerlagen, da die Zusammenstellungen der Hefte fit gemacht werden sollten für den allgemeinen Buchmarkt und damit auch für Leser, die keine eingefleischten SF-und Perryfans waren.So manche Raumschlacht wurde also entschärft … Robotschiffe wurden hineingeschrieben und Kulturen zugeordnet, die solcherart technische Gegenstände gar nicht bauen würden, weil das ihrer Mentalität widersprach, die in den Heften geschildert wurde. Der nicht perrygebundene Buchleser erkennt allerdings die auftretenden Widersprüche nicht, da er ja keinen Zugang zu den Originalheften hat oder will. Er ist kein Heftchenleser, sondern dem Establishment der höheren Bildung zugehörig, der gern einmal nach einem SF-Buch greift, aber ist kein Anhänger der Paraliteratur.
Die Selbstzensur erkennt also der Buchleser nur dann, wenn er ein Perryfan ist, der sich neben den Heften auch die geschönten und geglätteten Bücher leistet, vielleicht, weil er Sammler ist oder just for fun als Fan.Blasterschüsse wurden regelmäßig durch Paralysatoren ausgetauscht, weil Perry als Humanist auf dem Buchmarkt eben erfolgreicher ist. Das wird ja auch bereits seit Scheer grundsätzlich in den Heften propagiert, dennoch ist den scharfen Schüssen in der Frühzeit der Serie nicht auszuweichen. Raumschlachten gehören eben zum Ambiente der Erzählung: der Leser will sie und sie müssen wegen der Handlung zwangstechnisch ab und zu geführt werden.In den Silberbänden wie gesagt, weitgehend entschärft. Entweder werden ganze bemannte Flotten durch Robotschiffe ersetzt oder in den Beschreibungen stark gekürzt.
Nachträglich eingeschobene Sätze stehen in manchen Silberbänden recht fremd und isoliert da und lassen mitunter die Plumpheit der Nachbearbeitung erkennen. Das Ganze aber ist eine Eigenschaft der eher frühen Serie unter Voltz und Hoffmann. Bei Hubert Haensel ist das anders. Die Handlungen wirken in sich geschlossener, aber auch die Serie wird teilweise humanistischer, weil selbst in den Heften weniger große Kämpfe im Weltall vorkommen, eine Zeitlang jedenfalls. Warten wir mal ab, bis die Kolonne TRAITOR in den Silberbänden erscheint … dann wird man sehen, ob hier auch eingreifend nachkorrigiert wird (falls wir das noch lebend erleben, denn in diesen Tagen funktioniert unser Zellchip nicht so gut, ein larisches Störfeld muss ihn erwischt haben).
Der geneigte Leser kann sich sicher selbst das Publikationsdatum dazu ausrechnen, denn es erscheinen vier Silberbände im Jahr mit etwa fünf bis zehn Heften in dort zusammengefasster Form und wer den aktuellen Stand relativ zu den Heftnummern kennt, der kann sich diese Zeiträume klarmachen.
Den echten Fans jedenfalls ist zu empfehlen, in den damaligen Zeitgeist einzutauchen und sich die Hefte zum Lesen zu holen … denn nur original ist original (legal ist Beides natürlich …). Bieten die Silberbände auch eine schön kompakte Zusammenfassung, so fehlen eben doch interessante Einzelbände der Heftreihe, die ich nicht missen will. Noch heute ärgert es mich, dass die beiden Bände 248 („Unter Einsatz seines Lebens“) und 249 („Der Geist der Maschine“) aus dem MDI-Zyklus es nicht in den Silberband von damals schafften … und das ist nur e i n Beispiel!Immerhin wurde ja der damals ausgelassene Hondro-Zyklus dann doch noch nachgeschoben.Das war anerkennenswert, aber ist natürlich sicher auch merkantilen Gesichtspunkten geschuldet.Man vermarktet eben alles, was man hat, was man kann und was sich rechent, wenn die Fans das wollen und kaufen.
Daran ist ja auch nichts falsch.
Als Fazit bleibt, dass die Silberbände natürlich eine gute Synopsis bilden und der eingefleischte, auch älter gewordene Fan sie sich zusätzlich in den schönen Bücherschrank oder ins Regal stellen kann, während die Hefte fein säuberlich in Plastiktüten auf dem Dachboden lagern. Dennoch sei ein Blick in die Hefte gegönnt, denn hier steht der echte Stoff, das gute Zeug, unverwässert.
© 2020 by H. Döring
Kommentare
Allerdings hatte zu Beginn der Silberbände die Selbstzensur eigentlich nichts mit dem "allgemeinen Buchmarkt" zu tun, wo man durchaus etwas mehr wagen konnte als im Heftroman (den ja der Jugendschutz damals extrem im Visier hatte). Viel eher sehe ich da zwei andere Gründe ausschlaggebender. Zum einen die damals mal aufgekommene Kritik, PR hätte faschistoide Züge und dann der schon extreme Humanismus eines Herrn Voltz. Da hat so eine Raumschlacht mit Roboterschiffen so ein seltsames Geschmäckle gehabt nach der Art ... der Friede ist erst einmal wieder gesichert, alle haben sich wieder lieb nur der Blechschaden war etwas zu groß.