Hexer Stanley im Weltraum - H.J. Müggenburg »Die SF-Chroniken I«
Hexer Stanley im Weltraum
H.J. Müggenburg »Die SF-Chroniken I«
Der Verlag und seine Werkausgaben
Den Lesern des Zauberspiegels wird der Verlag von Peter Emmerich sicher in Zusammenhang mit der Werkausgabe von Hubert Straßl (Hugh Walker) ein Begriff sein. Seit dem Jahr 2013 sind dort neun Horror-Kompilationen und 5 SF- bzw. Fantasy-Zusammenstellungen des Autors erschienen.
Seit 2015 läuft bei Emmerich Books & Media auch die Werkausgabe von H.J. Müggenburg. Dieser Autor schrieb zwischen 1973 und 1981 ausschließlich für den Zauberkreis-Verlag. 7 Horrorromane und 21 SF-Romane sind damals erschienen. Die Horrortitel wurden seinerzeit unter dem Pseudonym Hexer Stanley veröffentlich und drehen sich alle um den Earl of Depford und seinen Butler George McLowrie. Hier sind bisher 4 Ausgaben unter dem Titel die Hexer-Stanley-Chroniken herausgebracht worden. Dabei handelt es sich jeweils um zwei alte Heftromane. Diese Edition erfreut in jeder Hinsicht das Sammlerherz.
Bei den SF-Romanen Müggenburgs geht man von Seiten des Verlages einen anderen Weg. Hier werden jeweils drei alte Romane in einem Band zusammengefasst. Und leider werden hier nicht nur die Originalmanuskripte, sondern zum Teil auch die Zauberkreisausgaben verwendet. Dies liegt nun freilich nicht am Verlag, sondern daran, dass die Originale im Gegensatz zu den Hexer-Stanley-Romanen nicht mehr alle verfügbar sind. Außerdem hält man sich strikt an die von Zauberkreis vorgegebene Reihenfolge der Romane. Bei den SF-Titeln handelt es sich auch fast ausschließlich um Einzeltitel. Anscheinend ist jeweils ein Band pro Jahr vorgesehen. Der erste Titel ist 2017 gedruckt worden.
Die SF-Chroniken I
Dieser Band enthält folgende drei Titel:
Und hier geht es los. Bei "Auf Tod programmiert" und "Jupiter-Plutonium" handelt es sich um zwei Romane, die sich beide um den Detektiv Randolph Wellington Templeton und seinen Freund Ron Jenkins drehen. Sie spielen etwa im Jahr 2050 auf der Erde. Handlungsort sind die Vereinigten Staaten von Nord- und Südamerika. Jenkins ist dabei so eine Art Mischung aus Daniel Düsentrieb und Dagobert Duck, der dem oft abgebrannten Detektiv Randy gelegentlich pekuniär unter die Arme greift.
Seine Erfindungen erinnern dabei an die Spielzeuge, die in den James-Bond-Filmen zum Einsatz kamen. Er ist es auch, der Randys Gleiter, der auf den ersten Blick einen heruntergekommen Eindruck erweckt, mit überraschenden Eigenschaften ausgestattet hat. Bei dem Gegenspieler der beiden im ersten Roman handelt es sich um einen typischen "Mad Scientist". Ein eher ambivalentes Verhältnis pflegt der Detektiv zum CIA-Agenten Lupus Pratz. Und seine Freundin Lynn darf auch nicht vergessen werden. Als Haustier hält er sich den Papageien "Johnson", der mit Flüchen und Beschimpfungen auffällt.
Der Verlag bemerkt dazu:
"Man darf annehmen, dass der Autor damals weitere Abenteuer des Hauptprotagonisten oder sogar eine Miniserie innerhalb von Zauberkreis-SF geplant hatte. Leider kam es dann in den weiteren SF-Veröffentlichungen zu keinen weiteren Fortsetzungen."
(Homepage von Emmerich Books & Media)
Wem die humorvollen Abenteuer des Earls of Depford gefallen, der wird auch mit Randolph Wellington Templeton seinen Spaß haben. Es handelt sich bei beiden Romanen um herrlich ironische Arbeiten.
"Ich ärgere mich grundsätzlich über nichts.
Gar nichts!
Wenn ich zum Beispiel einen Beutel Synthomilch aus dem Kühlschrank nehme und mir selbiger aus der Hand fällt und auf dem Teppichboden zerplatzt, dann Freunde, dann fange ich keineswegs an zu fluchen. Man ist schließlich ein gebildeter und kultivierter Amerikaner. Sie werden jetzt vermutlich ein zweifelndes Gesicht ziehen, da das Gesagte nicht mit dem Bild übereinstimmt, das sie sich von einem mäßig erfolgreichen Privatdetektiv gemacht haben. Ihrer Ansicht nach muss ein echter Privat Eye täglich mindestens eine Flasche Bourbon trinken, er muss bei jeder Gelegenheit lästerlich fluchen und mindestens eine rothaarige Privatsekretärin haben, mit der er täglich mindestens dreimal ins Bett steigt.
Stimmts?"
(Auf Tod programmiert, S.11)
Ein wenig anders liegt der Fall bei "In memoriam G.H. Walker". Hier findet man deutlich weniger vom typischen Müggenburg-Stil. Gregory H. Walker nimmt nachts Anhalter mit, die sich als Außerirdische entpuppen, die einen Ausbilder für ihren Krieg suchen. Terraner gelten in der Galaxis aufgrund ihrer jahrtausende alten kriegerischen Geschichte als Spezialisten. Der Protagonist hat eigentlich keine Lust dazu, lässt sich aber von der Aussicht auf medizinische Hilfe für seine querschnittsgelähmte Lebensgefährtin ködern. Die Auftraggeber sind die pazifistischen Cataner, die von den äußerst aggressiven insektoiden GORMS bedrängt werden.
"Ich habe sechs Jahre lang in einem Krieg mitgekämpft, von dem mir gesagt wurde, dass er für den Weiterbestand Amerikas unbedingt notwendig sei. Als er vorbei war, wusste ich, dass er lediglich zur Bereicherung einiger Wirtschaftsbosse gedient hatte. Ich wurde vom Präsidenten empfangen und bekam einige Orden und dieses Haus. Man sagte mir, ich sei ein Held. ... Ich habe mehr als tausend Menschen getötet, mit den Händen mit dem Messer und auch mit der Pistole. Sechs Jahre lang. Weil es ja für die Freiheit war. Ich träume sehr oft Sandy, und dann sehe ich Gesichter vor mir, immer wieder andere. Ich kenne sie alle, denn ihre Augen hatten mich voller Entsetzen angesehen, bevor sie brachen. Vielleicht vergesse ich eines Tages. Wenn ich aber wieder mit diesem verfluchten Job beginne, vergesse ich nie. Dann werde ich über kurz oder lang wahnsinnig. Und, ich bin kein käuflicher Söldner."
(In memoriam G.H. Walker, S.158-159)
An diesem Roman wird wieder deutlich wie weit das Lektorat des Zauberkreis-Verlages gegangen ist. Ein mehrseitiger Prolog Müggenburgs wurde damals komplett gestrichen und durch eine wenige Zeilen umfassende Einführung ersetzt.
Was gibt es sonst noch zu sagen? Das Vorwort stammt diesmal von Peter Emmerich. Dem Autoren und der Coverzeichnerin ist jeweils eine kurze biografische Skizze gewidmet. Außerdem werden die drei Titelbilder der Zauberkreisausgaben abgebildet und die bibliografischen Angaben zu den Romanen geliefert. Zusätzlich wird im Anhang der "Anheizertext" abgedruckt, der bei Zauberkreis den Prolog zu "in memoriam G.H. Walker" ersetzt hat.
Meine Gedanken
Ich habe in den Siebzigern die meisten der Müggenburgromane verschlungen. Aber vierzig Jahre später ist von der Handlung nicht viel im Gedächtnis geblieben. Die Romane lesen sich aber heute noch mit genau so viel Vergnügen wie damals. Meine Erwartungen an die Edition waren angesichts der vorliegenden Bände der Hexer-Stanley-Chroniken hoch. Der Verlag scheint hier jedoch ein wenig zurückgesteckt zu haben. Es gibt deutlich weniger "Goodies". Die chronologische Veröffentlichung nach dem Erscheinungsdatum scheint zwar vertretbar, da es sich ja fast ausschließlich um Einzelromane handelt. Doch schon der erste Band stellt dies ein wenig in Frage. Warum wurden die beiden Abenteuer um Templeton nicht hintereinander gestellt? Ein Interview mit dem Autoren gibt es ebenfalls nicht. Geht der Verlag davon aus, dass alle Leser auch die Hexer-Stanley-Romane erworben haben?
Insgesamt handelt es sich bei der Edition aber um eine tolle Sache. Die alten Romane werden ohne störende Anpassungen an die heutige Zeit veröffentlicht. Teilweise handelt es sich sogar um die Originaltexte des Autors ohne die zum Teil doch sehr weitgehenden Kürzungen des Zauberkreis-Verlages. Ein MUSS für jeden Sammler!
SF-Chroniken I