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Für mich ein Wichtiger und Guter - Jürgen Grasmück zum 10. Todestag

Zauberwort - Der Leit(d)artikelFür mich ein Wichtiger und Guter
Jürgen »Dan Shocker« Grasmück zum 10. Todestag

Heute - am 7. August - vor zehn Jahren starb Jürgen Grasmück in Altenstadt. Er war ein bemerkenswerter Mensch, doch was ihn bekannt machte, war der Name »Dan Shocker«. Als eben dieser brachte er den Horror (von ihm zärtlich ›Grusel‹ genannt) in den Nachkriegsheftroman und etablierte das Genre am Kiosk und im Bahnhofsbuchhandel. Und: Er war - mit seinen Romanen um Larry Brent und Björn Hellmark - derjenige, der mich zum Phantastischen brachte.

Ich war neun Jahre alt und hatte schon Hitchcocks Vögel (im zarten Alter von vier), Frankenstein (mit Karloff, ebenfalls gesehen als ich noch im Vorschulalter wear), Dracula (auch den Prince of Darkness mit Lee gesehen, in dem einer ausblutete was ich von Hausschlachtungen kannte, auch den hatte ich gesehen, als ich noch in den ersten beiden Schuljahren war), S.R.I., Godzilla und anderes gesehen, aber Western, Krimis und Jugendbücher abenteuerlichen Inhalts dominierten mein Leseverhalten. Keine Spur von Vampiren, Raumschiff oder schwertschwingenden Helden in fremden Welten. Doch dann trat Dan Shocker in mein Leben und gewann mich als Leser für Horror, SF und Fantasy. Larry Brent und Björn Hellmark wurden zu Helden meiner Kindheit und öffneten mir die Türen, die mich dann zu Tolkien, Heinlein, Stoker und ihren modernen Erben führten. Das war der Einfluss, der das Phantastische in jeder Form, egal ob trivial oder anspruchsvoll, zu ›meinem‹ Genre machte. Im Grunde prägten mich seine Romane. Ich möchte soweit gehen, dass ohne ihn mir vieles verborgen geblieben wäre, insbesondere was Literatur angeht.

Am 3. Januar 1976 wurde meine erste Sammlung von ›Shocker‹-Romanen und anderen Horrorheften ein Raub der Sturmflut und des Schlicks, den das Wasser mitbrachte und zurück ließ. Ich schrieb via Zauberkreis-Verlag einen Brief an Dan Shocker und schilderte mein Missgeschick. Erst passierte nichts, aber eines Tages war ein Brief da, der von Dan Shocker stammte und zwei signierte Romane und sogar ein paar persönliche Zeilen enthielten. Ich war motivierten denn je, Larry Brent und Björn Hellmark zu lesen und zu sammeln.

Und als in dem Macabros-Roman mit der Nummer 56 »Die Leichenpilze kommen« die Gründung des »Dan Shocker's Fantastik Club ›Marlos‹« verkündet wurde, stieg ich ins Fandom ein und bin bis heute mehr oder weniger dabei. Und es macht immer noch Spaß. Das ist in diesem Jahr vierzig Jahre her. Und Uwe Schnabel wird zum 40. Marlos-Jubiläum nach Frankfurt einladen. Das dürfte auf das erste Dezember-Wochenende diesen Jahres fallen. Dann gehöre ich dem Fandom seit vier Jahrzehnten an und ich werde wohl bis ans Lebensende dazu gehören.

Aus dem Club ging unter anderem ja auch der Zauberspiegel hervor (der seinen Namen ja auch von Jürgen Grasmück bekam). Natürlich zeigte sich dann im Laufe der Jahre, dass es bessere Autoren und Romane gab als die von Dan Shocker, so habe ich seinen Einfluss auf meinen Werdegang nie verleugnet und werde das auch nicht tun. Jürgen Grasmück war für die Initial-Zündung zuständig. Seine teilweise immer noch großartigen Ideen und seine durchaus mitreißende Art zu erzählen hat die Pforten geöffnet.

Viele andere Autoren griffen Elemente aus seinen Serien auf. Grasmück ließ seinen Helden Björn Hellmark in fremde Dimensionen reisen. Zamorra, Sinclair, Ballard und viele der anderen Helden des Heftromans folgten in ihm in fremde Dimensionen. Dabei gab es einen Unterschied. Larry Brent blieb (bis auf zwei Ausnahmen) immer erdgebunden. Für die Reisen in fremde Welten schuf Grasmück die Serie »Macabros«, eben mit dem Helden Björn Hellmark. Andere Autoren ließen ihre erdgebundenen Helden in fremde Welten eintauchen und verwässerten so ihr Konzept.

Jürgen Grasmück aka Dan Shocker ist für die Entwicklung des Phantastischen in Deutschland ein durchaus wichtiger Autor, der sich in den Grenzen des Heftromans bewegte (und diese auch manchmal dehnte), dessen Ideen durchaus immer noch spannend sind. Die Ausführung ist allerdings - wie es bei Unterhaltung immer so ist - letztlich nicht zeitlos. Die Wurzeln seiner Romane liegen irgendwo zwischen den deutschen Edgar Wallace-Verfilmungen, Hammer und James Bond. Die Wurzeln liegen eindeutig in den Sechzigern. Die Brent-Serie war nicht makellos. Gerade die Doppelfunktion von Larry Brent als Chef und wichtigster heldenhafter Angestellter war ein Fehlgriff. Dessen war ers ich auch bewusst.

Wie bei fast allen Unterhaltungsformaten (egal ob gedruckt, zum hören oder zu sehen) muss der Konsument in der Lage sein, sich auf die Grundvoraussetzungen des Gebotenen einzulassen. Gelingt das nicht, wird man auch keinen Spaß. Sowas wie die PSA muss man akzeptieren können. Ist das OK für den Leser, dann aht man auch Brent seinen Spaß, zumal Grasmück in diese - wie im Heftroman üblich - absurde Grundvoraussetzung viele spannende Ideen eingebaut hat.

Für mich persönlich bleibt die Erinnerung an spannende Stunden der Kindheit und immer noch unterhaltsame Stunden im fortgeschrittenen Alter.

Auch den Menschen durfte ich kennenlernen. Das war mir eine besondere Ehre, aber hiervon will ich ein andermal erzählen ...




Kommentare  

#1 Schnabel 2017-08-07 11:30
10 Jahre ist jetzt schon her, als ich von Karin Grasmück die Nachricht erhielt, das Jürgen gestorben sei. Der Schock war groß, aber für Jürgen war eine Zeit der Qual vorbei und in seinen Romanen lebt er weiter.
Von Zeit zu Zeit nehme ich mir einen Grusel-Krimi von ihm in die Hand und verlasse für ein bis zwei Stunden die Gegenwart und tauche in seine Phantasie-Welt Larry Brent ein.

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