W. A. Hary zu »Das Jammern der Autoren« - Eine Stellungnahme
W. A. Hary zu »Das Jammern der Autoren«
Eine Stellungnahme
Eine Stellungnahme
Zum Leit(d)artikel »Das Jammern der Autoren«
So einfach ist es im Grunde genommen - aber auch so schwierig für ach so viele.
Die größte Schwierigkeit wahrscheinlich aller hoffnungsfroher Nachwuchstalente ist sowieso eine äußerst seltsame Mischung aus gelebtem Minderwertigkeitsgefühl und gleichzeitiger Selbstüberschätzung. Sie haben noch keinen Erfolg, was ihnen Frust beschert und das Gefühl eben von Minderwertigkeit. Sie träumen jedoch von ihrem ersten Bestseller (noch lange vor der ersten Veröffentlichung), was ihnen das trügerische Gefühl vermittelt, dies könne auch tatsächlich eintreffen.
Womöglich sogar mit ihrem Erstlingswerk. Dabei haben sie meist noch nicht einmal gelernt, zumindest einigermaßen fehlerfrei zu schreiben. Weil sie von sich vielleicht annehmen, darin sowieso perfekt zu sein, weil ... lernt man das nicht schon in der Schule? Und haben sie die Schule nicht erfolgreich hinter sich gebracht?
Insofern hast du natürlich mit deinen Betrachtungen nicht unrecht. Aber es ist dennoch nicht ganz so einfach: Tatsache ist und bleibt, dass ein amerikanischer Autor in Deutschland immer einen wesentlichen Vorsprung hat. IMMER! Es liegt ganz einfach daran, weil Verlage gewinnoptimierend arbeiten (müssen).
Jeglicher Trend - vor allem in SF und Horror - kommt von "drüben". Da ist ja auch ein ungleich größerer Markt mit ungleich größeren Möglichkeiten. Und bei der allgemeinen Amerikanisierung, die ja nun wirklich nicht mehr zu leugnen ist, spiegelt sich das selbstverständlich auch auf dem Buchmarkt wider. Logisch.
Und wenn du Beispiele wie Hohlbein und Co. erwähnst, hat man als Betrachter der Szene dennoch das untrügliche Gefühl, es handele sich dabei in Wahrheit um sogenannte Alibivorgänge: Man nehme einen entsprechend formbaren Autoren, bringt ihm "amerkanisches Schreibverhalten bei" (wurde er nicht auch schon als deutscher Stephen King bezeichnet?) - und baue ihn zum Bestsellerautor auf.
Wozu braucht man jetzt auch noch andere deutsche Autoren? Sich auf Einzelne zu konzentrieren und das ordentlich im Sinne des Wortes, ist wesentlich ökonomischer als sich mit einer Vielzahl hoffnungsfroher Autoren zu verzetteln. Etwas, was man niemals außer Acht lassen darf!
Aber um irgendwann hier zu einem Ende zu kommen, bei einem Thema, bei dem es kein wirkliches Ende geben kann: Meine Freundin pflegt zu sagen: "Wieso weißt du, wie man es macht - und machst es nicht selber?" Das sagt sie nun schon seit vielen Jahren. Meine Antwort ist stets genauso stereotyp: "Weil ich das Schreiben leben will! Ich pfeife darauf, wenn mein Herz nicht mit dabei sein darf!" Wer so denkt, wird wohl niemals einen Bestseller landen.
Aber dann ist er selber schuld - und absolut sonst niemand! Und was soll daran schlecht sein? Wenn jemand wirklich nur Geld verdienen will, sollte er aufhören zu schreiben. Oder er hat Glück wie Hohlbein und passt zufällig genau ins Konzept, ohne sich groß verbiegen zu müssen. Dann ist natürlich nicht nur das Geld allein wichtig, sondern auch sein Herz darf mit dabei sein. So wie bei ihm! Gratuliere!
Kommentare
Bei uns dagegen sind die überwiegende Mehrheit der Autoren Autodidakten (sofern sie nicht aus dem Journalismus kommen, wobei aber zu bedenken ist, dass journalistisches Schreiben was ganz anderes ist als belletristisches). Meines Wissens (also ohne Gewähr!) gibt es in Deutschland gerade mal 2 Unis, an denen man kreatives Schreiben studieren kann. Ansonsten gibt es zwar inzwischen unzählige Schreibratgeber und Workshops, aber die sind qualitativ so unteschiedlich (und einige richtig schlecht), dass man von denen kaum erwarten kann/darf, dadurch Erfolg zu erzielen.
Trotzdem träumen wir (fast) alle, die wir schreiben, davon, eines Tages den Bestseller zu schaffen. Idealerwiese mit einem Herzblut-Projekt. Und manchmal ist einem das Glück hold und werden Träume wahr.
Ich für meinen Teil werde weiter träumen und das Meinige zu seiner möglichen Erfüllung arbeitsmäßig beitragen.
Meine Erfahrung mit Agenten hierzulande ist, dass sie zu eingleisig denken/arbeiten. Sie hagben ihren Pool von Verlagen, mit denen sie arbeiten, und nur diesen bieten sie ein MS an. (Klar, eine Agentur kann nicht aller Verlage des Landes im Pool haben.) Wenn diese Verlage das MS ablehnen, bekommt der Autor es als "nicht vermittelbar" zurück.
Probiert es dann aber auf eigene Faust u. a. auch bei kleineren Verlagen, die nicht im Pool irgendeiner Agentur sind, klappt es mit der Veröffentlichung (wenn man lange genug nach dem passenden Verlag sucht). Und hat man sich über Kleinverlage erfolgreich einen guten Namen gemacht, ist man plötzlich als Autor für die großen Verlage auch interessant.
Zitat: Nur allzu wahr! Wenn ich als Autor (Herzblut-Projekt oder nicht) Geld verdienen will, besonders wenn ich davon leben will (und es noch nicht zum Bestseller geschafft habe), MUSS ich mich den Wünschen der Verlage anpassen. Wenn ich mich zu oft oder zu intensiv querstelle, habe ich in der Branche ganz schnell den Ruf eines "schwierigen Autors" und bin weg vom Fenster.
Meine Lösung des Dilemmas: Meine Romane gibt es immer zweimal: 1 x "Director's Cut" für mich, wie er MIR gefällt, 1 x "Verlagsversion" wie der Verlag ihn wünscht. So sind wir beide zufrieden.