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W. A. Hary zu »Das Jammern der Autoren« - Eine Stellungnahme

Zauberwort - Der Leit(d)artikelW. A. Hary zu »Das Jammern der Autoren«
Eine Stellungnahme

Lieber Horst! Die von dir erwähnte Diskussion auf Facebook wurde von meiner Wenigkeit losgetreten. Natürlich provokativ, weil sich ohne Kontroverse erfahrungsgemäß keine fruchtbare Diskussion aufbauen lässt.

Ich zitiere mal einen amerikanischen Regisseur, der den Aufbau von Spannung folgerndermaßen umschrieb: "Ein Hund plus ein Knochen - ist gleich Langeweile.
Zwei Hunde plus ein Knochen ist gleich Spannung!"

 

Zum Leit(d)artikel »Das Jammern der Autoren«


So einfach ist es im Grunde genommen - aber auch so schwierig für ach so viele.

Die größte Schwierigkeit wahrscheinlich aller hoffnungsfroher Nachwuchstalente ist sowieso eine äußerst seltsame Mischung aus gelebtem Minderwertigkeitsgefühl und gleichzeitiger Selbstüberschätzung. Sie haben noch keinen Erfolg, was ihnen Frust beschert und das Gefühl eben von Minderwertigkeit. Sie träumen jedoch von ihrem ersten Bestseller (noch lange vor der ersten Veröffentlichung), was ihnen das trügerische Gefühl vermittelt, dies könne auch tatsächlich eintreffen.

Womöglich sogar mit ihrem Erstlingswerk. Dabei haben sie meist noch nicht einmal gelernt, zumindest einigermaßen fehlerfrei zu schreiben. Weil sie von sich vielleicht annehmen, darin sowieso perfekt zu sein, weil ... lernt man das nicht schon in der Schule? Und haben sie die Schule nicht erfolgreich hinter sich gebracht?

Insofern hast du natürlich mit deinen Betrachtungen nicht unrecht. Aber es ist dennoch nicht ganz so einfach: Tatsache ist und bleibt, dass ein amerikanischer Autor in Deutschland immer einen wesentlichen Vorsprung hat. IMMER! Es liegt ganz einfach daran, weil Verlage gewinnoptimierend arbeiten (müssen).

Jeglicher Trend - vor allem in SF und Horror - kommt von "drüben". Da ist ja auch ein ungleich größerer Markt mit ungleich größeren Möglichkeiten. Und bei der allgemeinen Amerikanisierung, die ja nun wirklich nicht mehr zu leugnen ist, spiegelt sich das selbstverständlich auch auf dem Buchmarkt wider. Logisch.

Und wenn du Beispiele wie Hohlbein und Co. erwähnst, hat man als Betrachter der Szene dennoch das untrügliche Gefühl, es handele sich dabei in Wahrheit um sogenannte Alibivorgänge: Man nehme einen entsprechend formbaren Autoren, bringt ihm "amerkanisches Schreibverhalten bei" (wurde er nicht auch schon als deutscher Stephen King bezeichnet?) - und baue ihn zum Bestsellerautor auf.

Wozu braucht man jetzt auch noch andere deutsche Autoren? Sich auf Einzelne zu konzentrieren und das ordentlich im Sinne des Wortes, ist wesentlich ökonomischer als sich mit einer Vielzahl hoffnungsfroher Autoren zu verzetteln. Etwas, was man niemals außer Acht lassen darf!

Aber um irgendwann hier zu einem Ende zu kommen, bei einem Thema, bei dem es kein wirkliches Ende geben kann: Meine Freundin pflegt zu sagen: "Wieso weißt du, wie man es macht - und machst es nicht selber?" Das sagt sie nun schon seit vielen Jahren. Meine Antwort ist stets genauso stereotyp: "Weil ich das Schreiben leben will! Ich pfeife darauf, wenn mein Herz nicht mit dabei sein darf!" Wer so denkt, wird wohl niemals einen Bestseller landen.

Aber dann ist er selber schuld - und absolut sonst niemand! Und was soll daran schlecht sein? Wenn jemand wirklich nur Geld verdienen will, sollte er aufhören zu schreiben. Oder er hat Glück wie Hohlbein und passt zufällig genau ins Konzept, ohne sich groß verbiegen zu müssen. Dann ist natürlich nicht nur das Geld allein wichtig, sondern auch sein Herz darf mit dabei sein. So wie bei ihm! Gratuliere!

Kommentare  

#1 McEL 2012-05-04 00:38
Zitat:
Tatsache ist und bleibt, dass ein amerikanischer Autor in Deutschland immer einen wesentlichen Vorsprung hat. IMMER! Es liegt ganz einfach daran, weil Verlage gewinnoptimierend arbeiten (müssen).
Ich denke, dass die Tatsache auch mit ausschlaggebend ist, dass amerikanische Autoren einfach besser im Handwerk ausgebildet sind als deutsche. An nahezu jeder Schule/Uni in den USA werden Kurse in kreativem Schreiben angeboten bzw. kann man gleich Literatur mit Schwerpunkt kreativem Schreiben studieren, lernt also das handwerk von der Pieke auf. Dann gibt man das fertige Werk einem Agenten, das zu dem Zeitpunkt bereits qualitativ die der meisten deutschen Autoren hinter sich lässt, und da Amerika nun mal ganz andere Möglichkeiten hat als sie in unserem Land gegeben sind, haben die US-Autoren eben mehr und vor allem schneller Erfolg.

Bei uns dagegen sind die überwiegende Mehrheit der Autoren Autodidakten (sofern sie nicht aus dem Journalismus kommen, wobei aber zu bedenken ist, dass journalistisches Schreiben was ganz anderes ist als belletristisches). Meines Wissens (also ohne Gewähr!) gibt es in Deutschland gerade mal 2 Unis, an denen man kreatives Schreiben studieren kann. Ansonsten gibt es zwar inzwischen unzählige Schreibratgeber und Workshops, aber die sind qualitativ so unteschiedlich (und einige richtig schlecht), dass man von denen kaum erwarten kann/darf, dadurch Erfolg zu erzielen.

Trotzdem träumen wir (fast) alle, die wir schreiben, davon, eines Tages den Bestseller zu schaffen. Idealerwiese mit einem Herzblut-Projekt. Und manchmal ist einem das Glück hold und werden Träume wahr.
Ich für meinen Teil werde weiter träumen und das Meinige zu seiner möglichen Erfüllung arbeitsmäßig beitragen. ;-)
#2 Pisanelli 2012-05-04 12:50
Ja, apropos Agenten: ich denke, auch das spielt für den Erfolg der Amis eine große Rolle. In USA ist es völlig normal und geradezu zwingend, dass man sich für die Veröffentlichung einen Agenten sucht und die sind erstens viel weiter verbreitet als in Deutschland, zweitens ebenfalls qualitativ besser besetzt (und damit auch die Betreuung und Unterstützung des Autoren für ein qualitatives Ergebnis seiner Arbeit). Buchagenten in Deutschland sind immer noch meist Laien, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben oder zweitbessere (ehemalige) Verlagsmitarbeiter oder aber Germanisten, die nichts besseres gefunden haben - will sagen, es gibt keine Lizenz, die irgendwie auf Qualität geprüft wird, sondern alles basiert auf Erfolg und guten Beziehungen, genauso wie bei den Autoren selbst. Es gibt nicht sehr viele Buchagenten in Deutschland, die inzwischen wirklich professionell und erfolgreich arbeiten. Die kann man immer noch an einer Hand abzählen. In USA ist Buchagent dagegen ein richtiger Beruf, der geldmäßig auch in ganz anderen Dimensionen agiert. Ich denke, darin ist auch ein wichtiger Punkt zu finden, warum die amerikanischen Autoren häufig qualitativ besser sind. Zudem haben sie offensichtlich die größere Bereitschaft, sich in ihre Arbeit "reinreden" zu lassen. Da scheitern viele deutsche (unentdeckte ;-) ) Autoren ja schon dran, weil man ja so gut ist, dass man das einfach nicht nötig hat.
#3 McEL 2012-05-04 13:07
Zitat:
Buchagenten in Deutschland sind immer noch meist Laien, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben oder zweitbessere (ehemalige) Verlagsmitarbeiter oder aber Germanisten, die nichts besseres gefunden haben -
AUTSCH! Das lass bloß nicht die Agenten lesen! Die meisten von ihnen sind nämlich qualifiziert und machen einen tollen Job, auch wenn sie Quereinsteiger sind. Und wer kennt sich im Verlagsgeschäft besser aus als ein ehemaliger Verlagsmitarbeiter (solange er nicht der HiWi war, der den Kaffee kochen musste)?

Meine Erfahrung mit Agenten hierzulande ist, dass sie zu eingleisig denken/arbeiten. Sie hagben ihren Pool von Verlagen, mit denen sie arbeiten, und nur diesen bieten sie ein MS an. (Klar, eine Agentur kann nicht aller Verlage des Landes im Pool haben.) Wenn diese Verlage das MS ablehnen, bekommt der Autor es als "nicht vermittelbar" zurück.
Probiert es dann aber auf eigene Faust u. a. auch bei kleineren Verlagen, die nicht im Pool irgendeiner Agentur sind, klappt es mit der Veröffentlichung (wenn man lange genug nach dem passenden Verlag sucht). Und hat man sich über Kleinverlage erfolgreich einen guten Namen gemacht, ist man plötzlich als Autor für die großen Verlage auch interessant.


Zitat:
amerikanischen Autoren häufig qualitativ besser sind. Zudem haben sie offensichtlich die größere Bereitschaft, sich in ihre Arbeit "reinreden" zu lassen. Da scheitern viele deutsche (unentdeckte ) Autoren ja schon dran, weil man ja so gut ist, dass man das einfach nicht nötig hat.
Nur allzu wahr! Wenn ich als Autor (Herzblut-Projekt oder nicht) Geld verdienen will, besonders wenn ich davon leben will (und es noch nicht zum Bestseller geschafft habe), MUSS ich mich den Wünschen der Verlage anpassen. Wenn ich mich zu oft oder zu intensiv querstelle, habe ich in der Branche ganz schnell den Ruf eines "schwierigen Autors" und bin weg vom Fenster.
Meine Lösung des Dilemmas: Meine Romane gibt es immer zweimal: 1 x "Director's Cut" für mich, wie er MIR gefällt, 1 x "Verlagsversion" wie der Verlag ihn wünscht. So sind wir beide zufrieden. ;-)

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