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Ein Film wie mit Zombies – ohne Zombies - »Bushwick«

BushwickEin Film wie mit Zombies – ohne Zombies
»Bushwick«

Es ist manchmal recht seltsam. Es gibt Leute, die können aus keiner Geschichte eine Geschichte machen. Okay, mit der Logik hapert es dann zuweilen hinten und vorne, oben und unten. Wen aber juckt das, wenn man dieses Nichts publikumswirksam verpackt und es dadurch genügend Menschen gibt, die einem den Quatsch abkaufen. Ach nee, ich will nicht unfair sein. So schlecht ist der Film nämlich nicht.

Dave Bautista als StupeDer Grundgedanke des Films ist gar nicht mal so übel. Stell‘ dir vor, du fährst mit der U-Bahn nach Hause. Währenddessen geschieht über dir etwas ganz Seltsames. Du steigst aus und willst die Station verlassen, doch du musst feststellen, dass der Krieg ausgebrochen ist. Irgendwelche vermummten Soldaten sind in deinen Stadtteil eingefallen und schießen auf jeden der sich bewegt. Sie sind wie Zombies, gesichts- und gnadenlos.

Diese Erfahrung muss Lucy (Brittany Snow) machen, als sie mit ihrem Freund den Bahnhof von Bushwick verlassen will. Der junge Mann wird getötet und Lucy sieht sich einem völlig veränderten Stadtbild gegenüber. Brennende Autos, überall laufen Menschen herum die aufeinander schießen. Der Weg nach Hause scheint unmöglich, obwohl sie nur ein paar Blocks entfernt wohnt. Sie irrt durch die Straßen und muss immer wieder in Deckung gehen. Es gibt genügend Leute, welche die unübersichtliche Situation zur Plünderung benutzen und um andere zu überfallen. Zwei junge Männer bedrängen die Frau und versuchen sie zu vergewaltigen, doch da schreitet Stupe (Dave Bautista) ein, der in dem zum Tatort erklärten Keller lebt und sich belästigt fühlt.

Stupe hat seine wenigen Habseligkeiten schon gepackt und will irgendwie versuchen aus dem Chaos herauszukommen. Lucy heftet sich an seine Fersen obwohl es ihm gar nicht recht ist. Dennoch begleitet er sie zu ihrer Großmutter, weil sie einfach nicht locker lässt. Oma ist längst tot. Stupe wird bei dem Angriff eines Soldaten am Bein verletzt, doch als ehemaliger Marine und Sanitäter weiß er sich zu helfen. Auch Lucy wird in Mitleidenschaft gezogen, denn sie schießt auf einen Plünderer. Als dieser das Feuer erwidert verliert sie einen Finger.

Brittany Snow als LucyLucy kann Stupe auch noch überreden mit zu ihrer Schwester Belinda (Angelic Sambrana) zu gehen. Als sie dort ankommen dringt einer der maskierten Soldaten in die Wohnung ein. Stupe kann ihn überwältigen und presst die Wahrheit aus ihm heraus. Bei den Angreifern handelt es sich um Söldner, die in den Nachbarstatteil von Brooklyn eingedrungen sind um die Menschen dort als Geiseln zu nehmen. Der Bundesstaat Texas will sich von den USA abspalten und versucht mit dieser Aktion die amerikanische Regierung unter Druck zu setzen. Dabei sollte eigentlich niemand verletzt werden. "Zu viel Gegenwehr und zu viele Waffen." So mussten härtere Maßnahmen den Widerstand eindämmen. Deshalb entstand binnen weniger Stunden so etwas wie ein Bürgerkrieg.

Stupe und die beiden Frauen verlassen die Wohnung, denn sie konnten erfahren, dass es in der Nähe einen Sammelplatz gibt, von wo aus Hubschrauber der Regierungstruppen die Menschen evakuieren würden. Der Weg dorthin ist jedoch nicht leicht. Sie werden von einer Bande aufgehalten, die ein riesiges aber ungenutztes Waffenarsenal besitzt. Stupe und Lucy erklären sich bereit jene Leute heran zu führen, die in einer Kirche Unterschlupf gefunden haben. Die Bande selbst ist dort nicht gut angesehen. Ausgestattet mit den Waffen soll der Widerstand dann organisiert werden. Das Ganze läuft nicht so wie gedacht und so sitzen die Beiden schließlich in einem Waschsalon. Stupe wird von einer völlig verängstigten Frau erschossen. Lucy flieht und trifft auf Belinda. Gemeinsam versuchen sie zum Fluchtpunkt vorzudringen. Auch dort herrscht inzwischen offener Krieg und Lucy erreicht das Ziel ebenfalls nicht.

Bedrohung im KellerDer Gedanke, dass ohne Vorwarnung plötzlich Krieg herrscht, ist erschreckend. Vielleicht hätten sie es dabei belassen sollen. Die Erklärung, dass einzelne Landesteile sich abspalten wollen, wirkt schon etwas hanebüchen. Sie hätte, wenn es denn schon sein muss, besser auf Spanien gepasst. Oder doch nicht? Der Film wurde bereits 2015 gedreht und bekam bei seiner Uraufführung 2017 bereits einen unangenehmen aktuellen Bezug.

"Es ist ein bisschen unheimlich, denn der Film wurde gedreht bevor sich die politischen Verhältnisse hier änderten. Nun haben wir diesen Film, der einen aktuellen Bürgerkrieg simuliert. Es ist beängstigend, denn als wir den Film machten konnten wir die Entwicklung nicht ahnen." *

Donald Trump hatte das Regiment in den USA übernommen und es gibt seitdem nicht wenige Strömungen, die eine Spaltung des Landes befürworten. Aber wohl kaum jemand würde auf die Idee kommen, zur Durchsetzung eines solchen Gedankens die Menschen eines ganzen Stadtteils als Geiseln zu nehmen, um Druck auf die Regierung auszuüben. Zudem würde wohl keiner sich ausgerechnet einen Stadtteil aussuchen, der von bewaffneten Kleinkrimiellen beherrscht wird.

Die WahrheitMuss man also Alles erklären, wenn der Film auch so funktionieren kann? Die gesichtslosen Soldaten reichen als Bedrohung vollkommen aus. Nichts ist furchteinflößender als das Unbekannte. Die Maskierten wirken wie mechanisch angetriebene Zombies. Eine Erklärung an den Haaren herbei zu ziehen, nur um eine bieten zu können, droht das Anliegen eher lächerlich zu machen.

Aber dennoch, mit diesem Argument den Film festzunageln wäre zu billig, denn dann müsste man ihn in Bausch und Bogen verdammen. Erstaunlicherweise tun das die Wenigsten. Wenn man so die Rezensionen im Netz durchgeht, dann kommt er sogar bemerkenswert gut weg. Vielleicht liegt es daran, dass er zuweilen realistisch wirkende Bilder einfängt. Eine digitale Kamera. Es gibt lange Takes bis zu zehn Minuten ohne Zwischenschnitte. Die Aufnahmen zeigen nur das, was die Protagonisten unmittelbar wahrnehmen können. Aber nein, es handelt sich nicht um ein Werk im Found-Footage-Stil. Recht clever wird dieses umgangen, richtet aber seinen Fokus niemals auf Nebenschauplätze. Wir hören Schüsse, Menschen schreien, das Meiste geschieht jedoch außerhalb des Sichtfeldes. Dieses wird manch einen Actionfreak richtig frustrieren, ist aber bemerkenswert logisch und konsequent. Auch der Tod von Stupe wirkt so, als käme er selbst für den Kameramann überraschend. Während die Kamera auf Lucy ruht sehen wir den Mann im Hintergrund zur Toilettentür gehen. Plötzlich hört man einen Schuss und er kippt um. Das war es, nichts Spektakuläres.

In der Gewalt der GangMach aus der Not eine Tugend. Der Film ist Extreme-Low-Budget. Schon deshalb sind keine aufwändigen Actionsequenzen möglich. Also macht man diesen Mangel zum Stil des Films. Konsequent werden nur ein paar Kämpfe und Schusswechsel gezeigt, welche unsere Helden unmittelbar betreffen. Wieder einmal fühle ich mich bestätigt darin, dass ich mir lieber die kleinen Filme anschaue. Ja, BUSHWICK ist kein Highlight, nichts wirklich Außergewöhnliches, aber er ist ein kreativ inszenierter und gespielter Film. Dave Bautista wird nicht wegen seines beachtlichen Körpers in den Mittelpunkt gerückt, den er fraglos ob seiner Herkunft aus der Wrestling-Szene besitzt. Der Mann ist ein guter Schauspieler – ohne ein solches Talent hat man auch im Wrestling keine Zukunft, denn dort werden die Abläufe vorgegeben und entsprechend inszeniert. Dass Bautista es diesbezüglich drauf hat stellt auch der Film in den Vordergrund.

"Ich möchte den Leuten beweisen, dass ich ein Schauspieler bin, kein Filmstar. Ich habe das Wrestling (WWE) nicht verlassen, weil ich ein Filmstar werden will. Ich möchte wirklich ein Schauspieler sein." *

Panik in den StraßenUnd es gelingt ihm. Da ich nun mal einen Großteil der A-Filme meide habe ich ihn in GUARDIANS OF THE GALAXY 2 (2017) oder AVENGERS: INFINITY WAR (2018) nicht gesehen. So grotesk es klingen mag, er fiel mir positiv auf in dem Klopper KICKBOXER – VENGEANCE (2016), der natürlich in erster Linie von seiner körperlichen Präsenz profitierte. Es gab jedoch Momente darin die mir zeigten, dass er mehr drauf hat als um sich zu dreschen. Seine Augen sind sehr ausdrucksstark, was auch in BUSHWICK deutlich zur Geltung gebracht wird.

Nun denn, es wird eine Menge Leute geben die den Film ablehnen. Ob der vorgegebenen Situation und des Hauptdarstellers werden viele einen brutalen Actionreißer erwarten. Unter diesen Voraussetzungen bin auch ich daran gegangen. Wer Solches braucht, der wird schnell eine lange Nase machen, denn der größte Teil dessen wird dem Zuschauer überlassen. Der Film will sich gar nicht der Masse von B-Actionern unterordnen. Es gelingt ihm recht gut seinen eigenen Weg zu finden. Nicht immer sind die Abläufe schlüssig, aber das mag man ihm verzeihen, denn der Gedanke kommt ´rüber. Dazu trägt auch und gerade ein Dave Bautista bei.

BushwickBUSHWICK
(BUSHWICK)
Mit Dave Bautista (Stupe), Brittany Snow (Lucy), Angelic Zambrana (Belinda), Jeremy Harris, Myra Lucretia Taylor, Max Breaux, Arturo Castro
Produktion: Nate Bolotin, Adam Folk, Joseph Mensch für Bullet Pictures, Mensch Productions, Ralfish Films, XYZ Films
Regie: Cary Murnion, Jonathan Milott
Drehbuch: Nik Damici, Graham Reznick
Kamera: Lyle Vincent
Musik: Aesop Rock

USA 2015/17

Farbe – 2,35:1 – 94 Minuten (NTSC) – 90 Minuten (PAL)

Uraufführung: 21. Januar 2017
Deutsche Erstaufführung: 20. April 2018 (DVD/Bluray-Veröffentlichung)

Deutscher Vertrieb: Universum Film/Universal

* Zitate aus THE HOLLYWOOD REPORTER. Dave Bautista zur Uraufführung 2017

Cover und Screenshots der deutschen DVD (Universum Film/Universal)

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