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Muskelprotz im Lendenschurz - »Gordon Scott Tarzan Collection«

Gordon Scott Tarzan CollectionMuskelprotz im Lendenschurz
»Gordon Scott Tarzan Collection«

„Tarzan“-Filme waren für Produzent Sol Lesser (1890-1980) ein einträgliches Geschäft. 1933 hatte er mit Buster Crabbe in der Titelrolle den ersten produziert, es folgten weitere Abenteuer mit Glenn Morris und schließlich dem bekanntesten „Tarzan“-Darsteller, Johnny Weissmuller. Fünf Filme lang übernahm ab Ende der 1940er Jahre Lex Barker für Sol Lesser die Heldenrolle, ehe 1955 mit dem Bodybuilder Gordon Scott ein weiterer neuer Darsteller gefunden wurde.

Gordon Scott Tarzan CollectionIn den Jahren 1955 bis 1960 zog sich Gordon Scott insgesamt sechsmal den Lendenschurz über und beeindruckte in der ikonografischen, von Edgar Rice Burroughs kreierten, Rolle durch sein Sonnyboy-Lächeln zur stets gutsitzenden lockigen Föhnfrisur, durch seinen muskelbepackten Körper mit beeindruckendem Brustumfang und seine gertenschlanke Taille. Der insgesamt elfte Film-Tarzan Gordon Scott (1926-2007) war von Talentsuchern entdeckt worden und stand für „Tarzan und der schwarze Dämon“ zum ersten Mal vor einer Filmkamera. Nach seinem letzten „Tarzan“-Film ging seine Schauspielkarriere nahtlos in Italien weiter, wo ihn sein 48 Zentimeter umspannender Bizeps für Muskel- und Sandalenfilme qualifizierte. So schlüpfte er in den folgenden Jahren in Titelrollen in Filmen wie „Macistes größtes Abenteuer“, „Der Gladiator von Rom“ oder „Zorro und die drei Musketiere“.

Gordon Scott Tarzan CollectionDer von Harold Schuster inszenierte „Tarzan und der schwarze Dämon“ wurde 1955 noch für RKO produziert und knüpft in Stil und Story nahtlos an die vorangegangenen fünf „Tarzan“-Filme mit Lex Barker an. Da dessen Urwaldhaus in seinem letzten Auftritt durch ein Feuer zerstört wurde, wird für den neuen Tarzan zunächst keine eigene Bleibe mehr eingeführt. Auch seine Partnerin Jane (bei Barker von wechselnden Darstellerinnen gespielt) ist vorerst gestrichen, was dem Dschungelhelden die Möglichkeit gibt, in den meisten Filmen mit einer anderen hübschen Dame zu flirten. Hier ist dies Jill Hardy (Vera Miles), die als Assistentin für den Urwald-Doktor Bob Cellier (Peter van Eyck) tätig ist. Die beiden redlichen Menschen werden von Burger (Jack Elam) und DeGroot (Charles Fredericks) für ihre sinistren Pläne eingespannt. Denn Cellier ist mit einem Eingeborenenstamm befreundet, der ein wachsames Auge auf alle Tiere in seinem Gebiet hält. Burger hingegen will diese erbeuten, um ihr Fett, ihre Felle und ihr Elfenbein gewinnbringend zu verkaufen. Hier ist Tarzans Hilfe gefragt. Gordon Scott spielt sich in seinem ersten „Tarzan“-Film gleich in die Herzen der Fans der Serie. Auch seine Dschungelabenteuer bieten eine routinierte Mischung aus kindgerechter Spannung und charmantem Humor. Die Nebenrollen sind hier mit interessanten Charakterdarstellern besetzt. Gut ist auch, dass der Regisseur nicht versucht hat, den Film unnötig in die Länge zu ziehen.

Gordon Scott Tarzan CollectionMit seinem zweiten Tarzan-Auftritt in „Tarzan und die verschollene Safari“ hat Gordon Scott Filmgeschichte geschrieben, da es sich dabei um den ersten Farb-Tarzan-Film überhaupt handelt – noch dazu gedreht in beeindruckendem Cinemascope. Zwar sind auch hier, wie im Vorgängerfilm, reale Tieraufnahmen aus Afrika mit teilweise etwas unbeholfen wirkenden Studioaufnahmen der Schauspieler kombiniert, der Schaueffekt ist aber dennoch gegeben. Die Geschichte selbst ist auch deutlich origineller und spannender inszeniert. Millionär Dick Penrod (Peter Arne), seine vergrämte Ehefrau Diana (Betta St. John) und drei weitere Passagiere (Wilfrid Hyde-White, George Coulouris und Yolande Donlan) fliegen mit dem Privatflugzeug über Afrika, als sie durch die Kollision mit einem Flamingo-Schwarm abstürzen. Tarzan rettet die Gruppe vor dem sicheren Tod. Auch Jäger Hawkins (Robert Beatty) ist schnell als Beschützer zur Stelle, verheimlicht aber, dass er in Wirklichkeit mit dem feindseligen Eingeborenenstamm der Upa kooperiert. Die Farbe tut dem Film gut, der dadurch eine deutliche Aufwertung erfährt. Die simple Geschichte ist gleichwohl effektiv und ohne Längen inszeniert. Darüber hinaus gibt es durch etliche schöne Tieraufnahmen immer etwas zum Staunen. Als Familienunterhaltung empfehlenswert.

Gordon Scott Tarzan CollectionWer sich wundert, dass der dritte Film „Tarzan und die Jäger“ wieder in Schwarz-Weiß daherkommt, dem muss man sagen, dass dieser Beitrag eigentlich nur aus drei Episoden einer nie zur Aufführung gelangten Fernsehserie zusammengestückelt ist, die Sol Lesser mit Gordon Scott auf die Beine stellen wollte. Dementsprechend dünn ist die Handlung hier ausgefallen, in der nun plötzlich auch wieder Jane (Eve Brent) und Tarzans Sohn Boy (Ricky Sorensen) mit von der Partie sind. Großwildjäger (Leslie Bradley, Maurice Marsac) sorgen im ersten Teil für Aufsehen, zumal sie Boy und die Schimpansin Cheta entführen. Danach muss sich Tarzan mit Lapin (William Keene) herumärgern, der auf den sagenumwobenen Schatz einer verschollenen Stadt aus ist. Um an sein Ziel zu gelangen, kidnapped er Häuptling Tyana (Scatman Crothers), mit dem Tarzan befreundet ist, und der diesem natürlich alsbald zur Hilfe eilt. Nichts Neues im Urwald, stattdessen sind die etablierten Konstellationen hier allzu überraschungslos variiert, so dass es schnell langweilig wird. Die besten Auftritte hat Cheta, hinzu kommen einige interessante Naturaufnahmen, die die sterilen Studiosets gelegentlich in Zwischenschnitten unterfüttern.

Gordon Scott Tarzan CollectionWieder bunt wurde es dann in Gordon Scotts drittem richtigen „Tarzan“-Kinofilm, „Tarzans Kampf ums Leben“. Auch hier lebt er noch einmal (und zum letzten Mal) mit Jane (Eve Brent) und seinem Adoptivsohn Tartu (Rickie Sorensen) zusammen. Ein nahe gelegenes Krankenhaus, das von Dr. Sturdy (Carl Benton Reid) und seiner Tochter Anne (Jil Jarmyn) geleitet wird, bekommt Ärger mit dem Eingeborenenstamm, in dessen Gebiet es liegt. Obwohl die Wissenschaftler das Tropenfieber der Menschen vor Ort bekämpfen wollen, ist vor allem deren Medizinmann Futa (James Edwards) neidisch auf die erfolgreiche Konkurrenz. Er hetzt seinen Stamm auf, gegen das Krankenhaus zu sabotieren. Richtig gefährlich wird es, als Jane eine Blinddarmentzündung bekommt und im Krankenhaus der Missgunst der fehl geleiteten Eingeborenen ausgeliefert ist. Zum ersten Mal werden hier längere Außenaufnahmen eingesetzt, die extra in Afrika gedreht wurden, in denen Gordon Scott allerdings durch ein Double, das immer von hinten aufgenommen wurde, ersetzt ist. Echt hingegen ist sein Kampf mit einer lebenden Riesenschlange, der genauso zum Unterhaltungswert des Films beiträgt wie die mal wieder etwas abwechslungsreichere Geschichte. Auch die Besetzung der Nebenrollen mit Woody Strode und James Edwards weiß zu gefallen.

Gordon Scott Tarzan CollectionGordon Scott, auf dessen stählerner Brust bei seinem fünften Auftritt zum ersten Mal ein paar Härchen wachsen, erlebt unter John Guillermins Regie wahrlich „Tarzans größtes Abenteuer“. Weil hier ein wahrer Action- und Abenteuerprofi („Flammendes Inferno“, „King Kong“) auf dem Regiestuhl saß, ist dieser Beitrag wohl der gelungenste unter den Scott-Filmen. Tarzan bekommt es hier mit dem gewissenlosen Slade (Sir Anthony Quayle) und seiner Bande (u.a. Sir Sean Connery) zu tun, die in einem Dorf Dynamit stehlen und Menschen töten, um anschließend eine Diamantenmine zu plündern. Tarzan kann diese Ungerechtigkeit nicht hinnehmen und nimmt die Verfolgung der Gangster auf, die in einem Boot den Fluss hinunterfahren. Unfreiwillig hat er schließlich die Pilotin Angie (Sara Shane) im Schlepptau, die mit ihrem Flugzeug eine Bruchlandung im Dschungel hingelegt hat. Langeweile kommt hier in keiner Minute auf, wenn sich die verfeindeten Lager bis aufs Blut bekämpfen und sich gegenseitig Fallen stellen und aus dem Hinterhalt angreifen. Der entsprechend harte Abenteuerfilm legt aber auch Wert auf eine differenzierte Zeichnung der Bösewichte, und hebt sich dadurch aus dem Einerlei der schablonenhaften Figuren der Vorgängerfilme ab. Talentierte britische Charaktermimen verfeinern den Dschungelkampf zusätzlich und machen diesen auch heute noch zu einer Empfehlung.

Gordon Scott Tarzan CollectionSeinen letzten „Tarzan“-Auftritt absolvierte Gordon Scott schließlich 1960 in „Tarzan, der Gewaltige“, der in erster Linie durch die Tatsache besticht, dass fast ausschließlich on Location in Afrika gedreht wurde und die Studioaufnahmen hier mal in der Minderheit sind. Dadurch kommt echtes Abenteuer-Feeling auf, das leider durch eine etwas zähere Geschichte wieder relativiert wird. Tarzan hat den per Steckbrief gesuchten Coy Banton (Jock Mahoney, der ein paar Jahre später in „Tarzan erobert Indien“ und „Tarzans Todesduell“ ebenfalls den Dschungelhelden spielen durfte) gestellt und will diesen nach Kairobi bringen. Coys Vater Abel (John Carradine) und seine Brüder sprengen das einzige Schiff, das für die Auslieferung benötigt wird. Nun ist Tarzan gezwungen, den Verbrecher auf dem Fußweg in die Stadt zu bringen. Der Reisegruppe schließen sich Ames (Lionel Jeffries) und dessen unglückliche Frau Fay (Betta St. John), der ehemalige Arzt Conway (Charles Tingwell) und die hübsche Blondine Lori (Alexandra Stewart) an. Während Tarzan aufgrund der Anhängsel nur langsam vorankommt, rücken ihnen die Bantons immer dichter auf die Pelle, da sie Coy befreien wollen. Ein würdiger Abschluss für Gordon Scotts „Tarzan“-Karriere, obgleich dieser Film nicht mehr viel mit Edgar Rice Burroughs zu tun hat.

Gordon Scott Tarzan CollectionDie sechs jeweils knapp anderthalbstündigen Filme liegen in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ nun in einem Set bestehend aus drei DVDs vor, das in technischer Hinsicht überzeugen kann (und nicht dieselben Probleme wie die Erstauflage der „Lex Barker Tarzan Collection“ aufweist). Bis auf den ersten Film (der im Vollbildformat 1,33:1 vorliegt) sind alle im Widescreen-Format (1,78:1) aufgespielt, die Filme eins und drei sind schwarz-weiß, die anderen vier in Farbe. Das Tonformat ist einheitlich in Deutsch und Englisch jeweils Dolby Digital 2.0, und man konnte dabei auf die gängigen deutschen Synchronfassungen (jeweils Kinosynchros, außer bei „Tarzan und die Jäger“, der 1970 fürs Fernsehen eingedeutscht wurde) zurückgreifen, die überzeugend aufgespielt sind. Bei zwei Filmen („Tarzans größtes Abenteuer“ und „Tarzan, der Gewaltige“) gibt es jeweils kurze Passagen im Originalton, die deutsch untertitelt wurden. Leider hat Gordon Scott aufgrund der damals unterschiedlichen deutschen Verleihe insgesamt vier verschiedene deutsche Sprecher (Eckart Dux, Hans-Dieter Zeidler, Tommi Piper und Horst Niendorf), und einzig bei den beiden MGM-Filmen („Tarzan und die verschollene Safari“ und „Tarzans Kampf ums Leben“) spricht er in grammatikalisch fehlerhafter Dschungelsprache. Auch, wenn die Box keine Extras erhält, ist es trotzdem toll, die sechs Filme nun noch einmal gebündelt und in überzeugender Qualität fürs Heimkino präsentiert zu bekommen.

Kommentare  

#1 Laurin 2019-07-01 16:17
Also ich kann mich aus meiner frühen Jugendzeit noch erinnern, die Tarzan-Filme von Johnny Weissmüller und Lex Barker gesehen zu haben. Danach kam dann noch die Serie TARZAN (1966 - 1968) mit Ron Ely, bei der ich aber nur sporadisch reingesehen hatte, weil die Handlung für mich einfach zu modern abgehandelt wurde.

An Gordon Scott kann ich mich heute allerdings absolut nicht mehr erinnern. Kann es daher sein, das dessen Filme hierzu nicht so oft im Fernsehen gezeigt bzw. wiederholt wurden als die von Weissmüller oder Barker?
#2 Laurin 2019-07-01 17:55
Wie gesagt, sollte keine Kritik an der Tarzan-Rolle von Scott sein, aber ich kann mich ehrlich nicht an ihn zurückerinnern (also mal gesehen zu haben). Kann ja auch Alzheimer meinerseits sein ... keine Ahnung. :sigh:
Aus den Sandalenfilmen kenne ich ihn ja auch nicht, da ich die (bewusst) damals wie auch späterhin aus reinem Desinteresse nie gesehen habe.

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