Überfall im Cockpit - »Abschied von den Wolken«
Überfall im Cockpit
»Abschied von den Wolken«
Gottfried Reinhardt (1913-1994), der Sohn des legendären österreichischen Theaterleiters und Schauspiellehrers Max Reinhardt, hatte im Jahr 1959 fast parallel zwei Stoffe für Artur Brauners CCC-Film inszeniert, die sich auch thematisch trotz sehr unterschiedlicher Settings unglaublich ähnlich waren. „Menschen im Hotel“, eine Verfilmung von Vicki Baums gleichnamigem Bestsellerroman, lief nur sechs Wochen vor „Abschied von den Wolken“ in den bundesdeutschen Kinos an. In beiden Filmen sind etliche identische Darsteller mit von der Partie, neben den Protagonisten Sonja Ziemann und O.W. Fischer zieht sich das bis in die kleinsten Nebenrollen, denn auch Friedrich Schoenfelder, Bruno W. Pantel, Gerd Martienzen, Hans W. Hamacher und die Frau des Regisseurs, Silvia Reinhardt, kann man hier wie da vor der Kamera sehen. Weiterhin gleichen sich die Storylines, denn sowohl das Hotel als auch die Kabine im Flugzeug liefern den eng abgesteckten Raum, in dem sich die Schicksale der unterschiedlichsten Menschen kreuzen und gegenseitig beeinflussen werden.
Der Kapitän eines Frachtflugzeugs (O.W. Fischer) soll in einer karibischen Bananenrepublik wegen Kollaboration mit dem Feind hingerichtet werden. In letzter Minute wird er begnadigt, aber postwendend des Landes verwiesen. Kapitän Pink Roberti (Peter van Eyck), der mit seiner Linienmaschine auf dem Weg zu den Bermudas ist, wird gezwungen, auf der Insel zwischenzulanden und Peter van Houten mit an Bord zu nehmen. Der zu diesem Zeitpunkt aufgrund seiner ungewohnten Begnadigung volltrunkene Haudegen stößt an Bord bei den weiteren Passagieren und der Besatzung nicht gerade auf Gegenliebe. Auch Chefstewardess Carla (Sonja Ziemann) begegnet ihm eher mit professionell-freundlicher Reserviertheit. Im Flugzeug befindet sich auch inkognito der ehemalige General Cordobas (Leon Askin), dem van Houten seine Verurteilung zu verdanken hat. Zusammen mit seinen Handlangern Dr. Quartz (Paul Dahlke) und einem gewissen Joe (Hans W. Hamacher) will Cordobas die Piloten zwingen, ihn nach Venezuela zu fliegen. Bei den Handgreiflichkeiten im Cockpit fällt ein Schuss, der den Kapitän handlungsunfähig macht…
Es ist schon erstaunlich, wie viele dramaturgische Kniffe aus Georg Hurdaleks Drehbuch sich später auch in Arthur Haileys Roman „Airport“ wiederfinden. Äußerst geschickt werden auch hier schon private Verwicklungen, Liebesleid und Eifersüchteleien herangezogen, um das Figurenensemble plastisch werden zu lassen. In der zweiten Hälfte wird es dann spannender, sobald auch die politischen und kriminalistischen Elemente in die Handlung hineinspielen und die Banalitäten des Anfangs mehr und mehr verdrängt werden. Durchweg ist O.W. Fischers Figur die interessanteste, da sie angenehm gegen den Strich gebürstet ist und auch die süffisantesten Bemerkungen machen darf. Hier schimmert ein subversiver Humor durch, der auch heute noch gut funktioniert. Die DVD-Wiederveröffentlichung des Films als Einzel-Disc liegt in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ mit einem sehr guten, scharfen und schmutzfreien Schwarz-Weiß-Bild (im Vollbildformat 1,33:1) vor. Auch der deutsche Originalton (in Dolby Digital 2.0) ist nicht zu beanstanden und stets gut zu verstehen. Als Extra hat man den verkleinerten Nachdruck der vierseitigen „Illustrierten Film-Bühne“ (Nr. 5046) als Booklet beigefügt, in dem sich etliche Fotos, Stab- und Besetzungsangaben sowie eine ausführliche Inhaltszusammenfassung finden.