Verfilmung einer Pulp-Romanreihe - »S.A.S. Malko – Im Auftrag des Pentagon«
Verfilmung einer Pulp-Romanreihe
»S.A.S. Malko – Im Auftrag des Pentagon«
Gérard de Villiers (1929-2013) war als Schriftsteller überaus erfolgreich, seine internationale Gesamtauflage betrug nach eigenen Angaben kurz vor seinem Tod rund 150 Millionen Exemplare. Für die Taschenheftserie „Malko“, die von 1977 bis 2001 beim Berliner Cora-Verlag erschien und es insgesamt auf rund 150 Titel brachte, bedeutet das rund eine Million Exemplare pro Romantitel. Die französischen Originalausgaben erschienen bereits ab 1965 unter dem Originaltitel „S.A.S“, was sowohl die Abkürzung für „Son Altesse Sérénissíme“ (wörtlich: Seine Durchlaucht) als auch für „Special Air Service“ darstellt. Das Ungewöhnliche an de Villiers‘ Geheimagenten, der auf der Hochphase der James-Bond-Manie Mitte der 1960er Jahre das Licht der Welt erblickte, liegt nämlich in der Tatsache, dass es sich bei Malko Linge um einen Prinzen handelt, der auf einem österreichischen Schloss residiert. Da die Unterhaltskosten des alten Gemäuers, das sich bereits seit sechs Jahrhunderten im Familienbesitz befindet, astronomische Summen verschlingen, ist Linge gezwungen, immer mal wieder in die Dienste des CIA zu treten und sich seine Agententätigkeit an den Brennpunkten dieser Welt mit größenwahnsinnigen Superverbrechern stattlich bezahlen zu lassen. Die erste (von bislang lediglich zwei) „S.A.S.“-Adaptionen entstand 1982 als deutsch-französische Koproduktion. Für die Titelrolle engagierten Artur Brauner und Raymond Danon den gerade erst durch seine Auftritte in „Tarzan, Herr der Affen“ und „Ator: Herr des Feuers“ zu internationaler Popularität gelangten Muskelmann Miles O’Keeffe.
Prinz Malko Linges (Miles O’Keeffe) Schäferstündchen mit der hübschen Gräfin Alexandra Vogel (Sybil Danning) wird jäh unterbrochen, als sich der amerikanische Geheimdienst per Telefon auf dem Schloss des österreichischen Aristokraten meldet. CIA-Chef David Wise (Alexander Kerst) schickt den smarten Auftragsagenten undercover nach San Domingo, wo der skrupellose Enrico Chacon (Raimund Harmstorf) gerade den Bischof in seiner Kirche ermorden ließ. Chacon, der auch „Der Schlächter“ genannt wird, hält das südamerikanische Land (bei dem es sich eigentlich um El Salvador handelt) in seinem eisernen Griff und soll nun von Linge im Auftrag des Pentagons eliminiert werden. Im Flugzeug macht der Prinz bereits die Bekanntschaft mit Chacons Betthasen Maria Luisa Delgado (Dagmar Lassander), aber diese erweist sich als unnahbarer Eisklotz. Wesentlich mehr Erfolg hat der gutaussehende Frauenschwarm hingegen bei der jungen Revolutionärin Rosa (Catherine Jarret) und der drallen Pilar (Monika Kälin), die ihm einen heißen Tipp gibt, wie er noch einmal mit Maria Luisa in Kontakt kommen kann, um auf diese Weise das Versteck Chacons ausfindig zu machen.
Auch zu Beginn der 1980er Jahre war die Agentenfilmbegeisterung ungebrochen, weswegen der findige Artur Brauner mit seiner „S.A.S.“-Verfilmung offensichtlich versuchte, ebenfalls eine Scheibe davon abzubekommen. Dass dies am Ende nicht gelang, dürfte in erster Linie an der drögen und uninspirierten Inszenierung durch Raoul Coutard (immerhin der Kameramann der Klassiker „Jules und Jim“ oder „Z: Anatomie eines politischen Mordes“) gelegen haben, die durch einen etwas konfusen Schnitt weiter leidet. Auch das doch recht simpel gestrickte Drehbuch kann schwerlich mit den Ian-Fleming-Geschichten mithalten, was man allerdings geschickt mit einigen sehr gelungenen On-Location-Aufnahmen zu überdecken versucht. Das Finale in einem Raum voller Spiegel kopiert mehr schlecht als recht die bekannte Szene aus „Der Mann mit dem goldenen Colt“, ohne je deren Raffinesse zu erreichen. Aufgrund seiner illustren Besetzung (Anton Diffring ist als alkoholkranker Fotograf ebenfalls sehenswert) nach wie vor für Genrefans von einem gewissen Interesse, wenngleich die Pulp-Herkunft nicht zu verleugnen ist.
X-Cess-Entertainment hat von „S.A.S. Malko – Im Auftrag des Pentagon“ nun Mediabooks in drei verschiedenen Covervarianten in einer limitierten Gesamtauflage von 777 Exemplaren veröffentlicht, die eine BluRay und eine DVD sowie ein 20seitiges Booklet mit einem Text von Thorsten Hanisch beinhalten. Zur Rezension stand lediglich die BluRay zur Verfügung, die ein gestochen scharfes Bild mit intensiven Farben (im Widescreen-Format 1,78:1) bietet, dem das deutsche Master zugrunde lag. Diese Fassung ist mit 85 Minuten Laufzeit rund 10 Minuten kürzer als die internationale Version, weswegen der Film auch lediglich in deutschem Synchronton (im DTS HD Master Audio 2.0 Stereo) vorliegt. Brauner hatte diese "entpolitisierte" Variante speziell für den deutschen Markt erstellt, um den Film etwas flotter, aber auch etwas trivialer zu machen. Die erweiterten Szenen der internationalen Fassung (rund 15 Minuten) findet man mit englischem Ton im Vollbildformat unter den Extras. Diese umfassen darüber hinaus noch einen sehr fundierten und durchaus kritischen Audiokommentar von Torsten Dewi und Marco Erdmann, den deutschen Trailer sowie eine umfangreiche animierte Bildergalerie, bestehend aus Kinoaushang- und Standfotos sowie dem deutschen Presseheft zum Film.
Kommentare
Den wirklich schlechten Film hat de Villiers übrigens später selbst verrissen. ""Schlechter Regisseur, schlechte Schauspieler, schwer zu drehende Geschichte. Wir haben uns geirrt und einen schlechten Film gemacht, anstatt einen guten zu drehen.", hat er in einem Interview gesagt.
zitiere Friedhelm:
Die deutsche Ausgabe ist schwer und oft schlampig bearbeitet. Das gilt nicht nur für die für die expliziten Sex-Szenen und die Folterszenen, die häufig ersatzlos gestrichen sind, sondern auch für Inhaltliches. Wenn der Held z. B. am Ende gelegentlich Selbstjustiz übt, wurde das zu Notwehr umgeschrieben.
Hier kannst du es nachlesen:
www.zauberspiegel-online.de/index.php/krimi-thriller-mainmenu-12/gedrucktes-mainmenu-159/36214-eine-franzoesische-agentenserie-in-deutschland-und-ihre-bearbeitung-malko
Nichtdestotrotz sind manche Romane vom Plot durchaus gelungen, wenn der Autor reale Geschehnisse aus den Schlagzeilen nachgestellt hat.
Die letzten Bände Ende der 90er vor der deutschen Einstellung 2001 kommen dem Original wieder etwas näher, was Sex und Action angeht.
Aber:
"Gérard de Villiers (1929-2013) war als Schriftsteller überaus erfolgreich, seine internationale Gesamtauflage betrug nach eigenen Angaben kurz vor seinem Tod rund 150 Millionen Exemplare. Für die Taschenheftserie „Malko“, die von 1977 bis 2001 beim Berliner Cora-Verlag erschien und es insgesamt auf rund 150 Titel brachte, bedeutet das rund eine Million Exemplare pro Romantitel."
Nö, ich vermute, die Schlussfolgerung ist nicht richtig. Wenn die Cora-Auflage dermaßen hoch gewesen wäre, dann hätte der gute Mann ja international gar nix anderes als die deutschsprachige Ausgabe veröffentlicht.
Hat er eigentlich was anderes auch noch geschrieben?
Ja. Ein paar Sachbücher. Die gab es sogar auf Deutsch.
"Papillon aufgespiesst : Die 5 Wahrheiten d. Henri Charrière", gab es 1970 bei Desch.
"Der Schah : der unaufhaltsame Aufstieg d. Mohammed Reza Pahlew", gab es 1975 bei Econ und dann nachgedruckt bei einigen anderen, unter anderem bei Heyne als Taschenbuch. Laut Autor hat ihm das angeblich ein Einreiseverbot in Persien eingebracht.
Insgesamt erschienen von Malko in Frankreich 200 Bände. Wenn man da die diversen Lizenzausgaben dazurechnet, die aber nur in Italien bis zum Ende übersetzt wurden (glaube ich) , kommt einiges zusammen.
Ich hatte das auch nicht nur auf die Cora-Ausgaben beziehen wollen, sondern 150 Millionen verkaufte Exemplare und rund 150 Bücher... dass es doch mehr waren, wie Andreas Decker im Post danach geschrieben hat, wusste ich nicht.