Napoleon und die Deutschen
Geschichte, die sich nur in Zahlen und Zitaten von Historikern ergeht, ist existent, bleibt aber häufig ohne Strahlkraft. Wie anders, wenn Menschen jener Zeit zur Sprache kommen. Wenn es dann auch noch in Form von gut gestalteter Einspielungen in Szene gesetzt wird, kann was sehr Interessantes heraus kommen.
Es sind sehr allesamt sehr persönliche Berichte, die teilweise aus Tagebüchern stammen, teilweise aus noch erhaltener Korrespondenz. Sie beleuchten nicht nur die Beweggründe und Gedanken dieser Menschen, sie machen auch deutlich, wie menschlich sie alle sind. Und die Motive der Bewunderer des Korsen, die ihm in einem letzten Akt von Bewunderung und Menschlichkeit die Verbannung ersparen wollen, sind darin genauso ehrenhaft und zu verstehen wie die Gegner, die alles tun, um ihre Heimat wieder "deutsch" zu bekommen.
Diese Berichte machen Geschichte nicht nur lebendig, sie zeigen auch die Seite der Verlierer auf, soweit möglich befreit von siegreicher Arroganz und Geschichtsfärberei - Vae Victis.
Die Produktion ist einfach gut gemacht. Die Spielszenen, in denen die Augenzeugen auftreten, sind - soweit dies überhaupt möglich ist - in dem Versuch gestaltet worden, möglichst korrekt und angemessen zu sein. Dabei wird dann nicht nur die ganze Schrecklichkeit des Krieges deutlich (z.B. als Förster Fleck, ein junger Hesse aus dem Raum Kassel, der mit Napoleons Armee auf Abenteuersuche in den Osten gezogen ist, den Rückzug miterlebt. Auf dem Weg zurück nach Westen stoßen er und sein Mitsoldaten auf eine Scheine, in der einige verwundete und entkräftete Soldaten hausen, die auf dem Marsch in Richtung Moskau zurück gelassen wurden. Einige von ihnen leben noch, sind in einem scheußlichen Zustand - und Fleck ist im Grunde seines Herzens froh darüber, dass man ihnen den Weiterzug befiehlt und er sich nicht um die Verletzten kümmern muss). Auch Kafka beispielsweise kannte die Erinnerungen des jungen Mannes.
In der arte EDITION erschienen, zeichnet Das Erste - genauer gesagt mdr und WDR - verantwortlich für die Produktion, die schon aus dem Jahr 2005 stammt, unter Regie von Georg Schiemann, Elmar Bartlmae und dem Entwurf von Steffen Schneide. Im Handel als DVD ist die Dokumentation seit 2007.
Ingesamt sind fast 4 Stunden Film plus Bonusmaterial dabei herausgekommen, die auf 2 DVD`s verteilt sind. Die DVD's kommen in einem aufwändig gestalteten Pappschuber mit aufklappbarem Einschub, ebenfalls aus Pappe, und vollfarbig mit Szenenbildern bedruckt. Ausgesprochen schön gestaltet und sehr ansprechend gemacht.
Als vor allem Geschichts- und weniger als Technikfan achte ich auf technische Rafinessen weniger, jedoch fällt sehr nachteilig auf, dass es keine Untertitel gibt und keine englische Sprache - ok, es ist arte, insofern ist Letzeres noch irgendwo verständlich, aber gerade das Manko der nicht behindertengerechten Ausstattung mit Untertiteln für Hörbehinderte finde ich sehr schade.
Napoleon und die Deutschen