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... Christine Schlicht über die Kunst des Zeichnens, Steampunk und Cthulhu

Christine Schlicht in Aktion... Christine Schlicht ...
... über die Kunst des Zeichnens, Steampunk und Cthulhu

Auf dem Marburg Con 2008 wurde von den Veranstaltern eine Ankündigung gemacht, die mich gleich interessierte: Eine Grafikerin und Illustratorin sei da und habe ein paar Mappen mit ihren Werken zur Ansicht ausgelegt.

Außerdem, so stellte sich heraus, sollte sie auch die Gewinnerin des dritten Preises des Marburg Award 2008 sein - mit ihrer Geschichte Deus ex Machina (ein bisschen mehr über die Geschichte siehe unten).

Christine Schlicht - Illustration für CthulhuNachdem ich die ersten Illustrationen gesehen hatte, war ich schon überzeugt. Ihr (na klar, es handelt sich um Christine Schlicht)  Stil war einfach toll, vor allem ihre Darstellungen von Gebäuden und Landschaften gefielen mir sehr.

Geboren wurde Chris(tine) Schlicht 1968 in Frankfurt am Main und lebt jetzt mit ihrem Mann und den zwei Töchtern in Waldems bei Wiesbaden.
Lehrberuf war Gärtner im Garten- und Landschaftsbau. Dieses Fach studierte sie dann und ist heute als Diplom-Ingenieur  Fachrichtung Landespflege in der Stadtplanung beschäftigt.
Nebenbei arbeitet sie als Illustrator und Handoutzeichner für das Rollenspiel „Cthulhu“ und erstellt die Cover und Innenillustrationen für die Romanreihe Saramee im Atlantis-Verlag.
Und noch so Einiges mehr, was auf ihrer Homepage http://www.dreamspiral.de  besichtigt werden kann.

Zauberspiegel: Wir haben uns im Mai auf dem Marburg-Con kennen gelernt. Was hast du dort "getrieben"?
Chris Schlicht: Och, nichts besonderes, zumal ich bis zum Abend vorher nicht wusste, ob ich überhaupt hin fahren kann, oder nicht. Also wollte ich einfach nur mal wieder ein paar Bekannte treffen und ein paar Internet-Bekanntschaften in Natura sehen. Und natürlich auch, um nette neue Leute kennen zu lernen, so wie Horst und dich Wink (Anmerkung der Red.: Wir können nicht behaupten, dass wir uns nicht darüber freuen Laughing
Website Christine SchlichtAus genau den gesundheitlichen Gründen, die fast meine Fahrt nach Marburg verhinderten, konnte ich im letzten Jahr bei keiner Convention dabei sein und ich hatte einfach mal wieder Sehnsucht danach, mich mit Gleichgesinnten auszutauschen.
Abgesehen davon hatte ich am Marburg-Award mit einer Kurzgeschichte teilgenommen und wusste schon, dass ich den 3. Platz innehatte. Das war der letzte Kick, der mich bewog, meinen Rücken schreien zu lassen und nach Marburg zu kacheln.  Außerdem hatte ich für das Magazin der Organisatoren ein paar Bilder beigesteuert und durfte meine Bilder auch ausstellen.
Naja, klingt doch nach einer ganzen Menge, die ich da so „getrieben“ habe.

Zauberspiegel: Du hast den 3. Preis beim Marburg-Award gewonnen. Thema war ja dieses Mal Steampunk. War das für dich ein neuer Bereich?
Chris Schlicht: Völlig! Ich musste erst mal googlen, um herauszufinden, was mit Steampunk gemeint ist. Wikipedia hat schlauer gemacht, wie sich das gehört. Das war natürlich eine Herausforderung, aber das Thema ist so weit gefächert, das man auch wirklich alle Genretypen in eine Steampunk-Welt einfügen kann. Letztes Jahr war das einfacher, da war das Thema „Verbotene Bücher“ und hat natürlich für große Konkurrenz gesorgt. Trotzdem, als ich hörte, dass meine Geschichte „Das Skizzenbuch“ (war ja wohl klar, dass es ein solches Buch sein musste – bei einem Zeichner) immerhin bis zum 7. Rang vorgedrungen war, war ich schon ziemlich stolz. Da hatte ich das Schreiben ja gerade erst für mich entdeckt und an ersten Ausschreibungen teil genommen.Steampunk also, und das, obwohl ich von Technik gerade gar keine Ahnung habe. Während meiner Lehrzeit musste ich auf einem Agrartechnik-Lehrgang einen Einachsschlepper auseinandernehmen und wieder zusammenbauen – er lief danach wieder. Aber weniger wegen technischem Verständnis als wegen meines guten Gedächtnisses, denn im Gegensatz zu manchem anderen aus meinem Lehrgang waren bei mir nachher keine Teile mehr übrig. Deshalb liegt mir Science-Fiction auch nicht so sehr, jedenfalls nicht das, was man mir als „Hard-SF“ beschrieb. Mein Vorstellungsvermögen in Sachen technische Entwicklung ist ziemlich beschränkt, anders als bei Fantasy.Aber das hindert mich ja nicht daran, mich mehr auf andere Aspekte zu konzentrieren, und so stehen bei mir dann die Charaktere im Vordergrund und wie sie mit der Technik klarkommen. Dazu ist der Hintergrund für den Steampunk ja das viktorianische Zeitalter und das hatte noch einen anderen Aspekt. Nämlich den, das die Industrialisierung eine völlig neue Architektur hervorbrachte, nämlich Fabrikgebäude, die aber optisch kaum weniger detailverliebt waren als die Wohnhäuser. Und diese Bauten faszinierten mich schon lange vor meiner ersten Berührung mit Steampunk.

Christine Schlicht - Ausschnitt einer IllustrationZauberspiegel: Erzähl doch kurz mal mit ein paar Sätzen - soweit möglich - den Inhalt deiner Geschichte.
Chris Schlicht: Pfffff... Lassen wir mal Dampf ab. Ein Detektiv wird beauftragt, den Anführer einer neuen Sekte ausfindig zu machen, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Jungfernflug eines neu entwickelten Luftschiffes zu verhindern. Der Detektiv findet heraus, dass es sich bei dem Anführer um den Sohn seines Auftraggebers, eines Lords, handelt und erfährt, warum das Luftschiff vernichtet werden soll. Das Schiff wird von einem menschlichen Gehirn gesteuert, dem Gehirn des verstorbenen Zwillingsbruders des Rebellen. Der Detektiv hilft ihm, weil diese Art der Steuerung jedem moralischen Verständnis und auch allen Gesetzen widerspricht. Der Rebell vernichtet das Schiff und opfert sich dabei selbst. Das ist es in Kurzfassung.

Zauberspiegel:  Wenn du auf das Schreiben deiner Geschichte und die Auseinandersetzung mit dem Bereich Steampunk zurück denkst ... gibt es etwas, das du"mitnimmst" als Erfahrung oder Gefühle dazu?
Chris Schlicht: Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass ich nur schreiben kann, wenn ich in der entsprechenden Stimmung für die bewusste Szene bin. Aber das ist auch bei meinen Bildern so. Da sind die besten Bilder die, welche ich in einem, dem Motiv entsprechenden Gemütszustand zu Papier gebracht habe. Und so läuft es auch bei der Schreiberei. Ich brauche nicht zu versuchen eine flockige Liebesgeschichte zu schreiben, wenn ich total neben mir stehe. Oder wenn ich mich gut amüsiere, was Trauriges zu schreiben. Auftragsarbeiten dürften also ziemlich schlecht ausfallen und in die Hose gehen.Bei meiner Steampunk – Geschichte  stirbt auch wieder mal einer der Helden am Ende. Ist bei mir sehr stimmungsabhängig und komischerweise sind bisher meine traurigen Storys am besten angekommen. Muss mir das jetzt zu denken geben?

Christine Schlicht - Ausschnitt aus ihrer Zeichnung "Exham"Zauberspiegel: Ich habe deine Grafiken und Illustrationen gesehen - und konnte nicht widerstehen und haben eine gekauft. Was bist du nun ... Grafikerin oder Autorin?
Chris Schlicht: Alles und nichts, würde ich fast sagen. Oder besser: Wo ist der Unterschied? Ich erzähle Geschichten. Das kann ich mit geschriebenem Wort ebenso wie visuell im Bild. Viele Geschichten, die ich schreibe, hatten ein Bild als Ideengeber. Und umgekehrt setze ich viele Texte in Bilder um.
Nehmen wir Deus ex Machina als Beispiel. Während der „Ideenfindung“ habe ich „Das Herz der Hölle“ von Jean-Christoph Grangé gelesen und da tauchte der sumerische und akkadische Gott „Pazuzu“ auf. Der ist der personifizierte Südostwind, der Pest und Fieber bringt. Das nächste war das Bild der explodierenden „Hindenburg“, als ich nach Bildmaterial für Steampunk suchte. Irgendwie hat sich da der böse Südostwind mit dem explodierenden Schiff assoziiert und die Geschichte nahm Gestalt an. Zuerst das dramatische Ende, wie sich das gehört. Und darauf habe ich hingearbeitet.
Okay, ich weiß, das ist jetzt vielleicht weit her geholt, aber so funktioniert meine Fantasie nun mal.

Zauberspiegel: Was bedeutet zeichnen für dich? Ist es "nur" Broterwerb?
Chris Schlicht: Gewiss nicht. Und das ist es sowieso nicht und wird es auch nicht werden. Ein „Zubrot“ vielleicht. Aber ich bin inzwischen ohnehin froh, dass ich einen Broterwerb in dieser Art nie angestrebt habe, da ich wegen meiner Knochenprobleme stark zurückstecken musste.
Computerarbeit ist passé und ich werde den Eindruck nicht los, dass viele, die einen Illustrator suchen, nur noch die cleanen Computerillustrationen und Poser-Bilder haben wollen. Handarbeit ist out, aber vielleicht gibt’s ne Rückbesinnung und dann stehe ich zur Verfügung.
IChristine Schlicht - Illustration für Cthulhuch mache nur noch, was mir Spaß macht, jedenfalls so lange, bis es meinem Rücken wieder besser geht – gehen sollte. Das bedeutet natürlich, das meine eigentlicher Broterwerb mein Job als Ingenieur bei der Stadt Wiesbaden ist und bleiben wird.
Und mal im Ernst – ich hab das Fach studiert, weil er mir Spaß gemacht hat. Warum sollte ich den Spatz in der Hand für die Taube auf dem Dach aufgeben. Ich bin doch trotz Halbtagsjob, Haus und Familie auch sehr produktiv und gehe voran. Lerne dazu und werde – hoffentlich – auch stetig besser, wenn auch langsamer, als wenn ich nur noch zeichnen würde.
Und ich mache auch so ganz verschiedene Sachen und lasse mich nicht auf eine Sache festnageln: Alle Techniken, alle Materialien. Die Bandbreite ist groß.
Zeichnen ist manchmal auch eine Art Psychotherapie. Ich lasse dabei viel Dampf ab und bei meinen Bildern, die nicht für irgendeinen Auftrag sind, sieht man das vielleicht auch. Egal.
Wie viel mir die Zeichnerei wirklich gibt, habe ich letztes Jahr gemerkt, als ich kurz vor der Rücken- und Ellbogenoperation gar nichts mehr machen konnte wegen der Schmerzen. Da fehlte ein Ventil und ich bin fast durchgedreht.
Jetzt geht es wieder und ich bin wieder deutlich ausgeglichener.

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