..... Julia Vogel über Fuchsgold, Legenden, Mythen und neue Projekte
... Julia Vogel ...
... über Fuchsgold, Legenden, Mythen und Projekte
: Fuchsgold handelt von der Suche nach einer rätselhaften Insel im Nordpolarmeer im Jahre 1978. Die Teilnehmer einer Polar-Expedition suchen Schutz in einer verlassenen Hütte, wo sie mit ihrer eigenen Vergangenheit und einer uralten Legende der Inuit konfrontiert werden. Der Ich-Erzähler bleibt namenlos und die Handlung genauso nebulös und unheimlich wie die gesamte Atmosphäre auf der Insel.
Die Insel »Ultima Thule« existiert übrigens tatsächlich. Sie liegt im Nordpolarmeer und verschwindet immer wieder auf rätselhafte Weise, um irgendwo anders wieder aufzutauchen, deshalb ist sie so schwer zu finden. Leider war der Titel bereits vergeben, daher der Name »Fuchsgold«. Er bezieht sich auf eine fiktive Legende, wonach das Gold von einem Fuchs auf die Erde gebracht wurde.
: Ich schrieb die Geschichte im Jahr 2011 für eine Ausschreibung zum Thema »Insel«, aber das Magazin wurde während der laufenden Aktion eingestellt. Weil mir jedoch die Idee gefiel, wollte ich sie nicht einfach in der Schublade vergammeln lassen. Deshalb versuchte ich es etwas später noch einmal, diesmal bei einer Ausschreibung des TextLustVerlages. Ich schrieb sie ein wenig um und verpasste ihr einen stärkeren mystischen Nimbus. Und dann hat es tatsächlich geklappt, die Geschichte wurde angenommen! Die ursprüngliche Version ist fast doppelt so lang und musste für die Novelle stark gekürzt werden. Die Geschichte hat also schon einige Veränderungen auf dem Buckel, aber es hat sich gelohnt.
: Nein, nicht direkt, aber ich habe dem Atelier Bonzai voll vertraut, ein passendes Cover-Layout auszuwählen. Mir gefallen das Motiv und die Überschriftengestaltung sehr gut, denn sie passen hervorragend zur Geschichte, genauso die Idee mit dem Teebeutel in Anlehnung an die Reihe »Teezeitgeschichten«.
Was hat sich bei dir nach der Veröffentlichung verändert? Wieviel Aufmerksamkeit bringt das mit sich und ist es danach leichter, Verlage für deine Arbeiten zu begeistern?
Julia Vogel: Natürlich war gerade zu Anfang ein tolles Gefühl, ein »eigenes« Buch in den Händen zu halten. Die öffentliche Wahrnehmung ist bei einer Veröffentlichung logischerweise eine ganz andere, und die Menschen finden es interessant, eine Autorin kennenzulernen. Letztes Jahr erschien zur Leipziger Buchmesse ein regionaler Zeitungsartikel über die Veröffentlichung und ein Delmenhorster Magazin führte ein sehr schönes Interview mit mir. Das sind alles kleine Höhepunkte, die sehr viel Spaß gemacht haben, aber geändert hat sich dadurch nicht viel und das ist auch gut so.
Mit einer Veröffentlichung im Gepäck ist es mit Sicherheit leichter, bei einem Verlag oder Magazin aufzuwarten, aber Garantien gibt es nicht. Man kann bereits mit seiner ersten Story einen großen Wurf landen oder erst nach vielen kleineren Veröffentlichungen. Und es kommt sicherlich auch auf das Genre an, in dem man zuhause ist.
: In Bezug auf Öffentlichkeitsarbeit bin ich eher zurückhaltend, auf Buchmessen und Cons bin ich daher seltener anzufinden. Was Lesungen angeht, organisiere ich seit einigen Jahren Wohnzimmerlesungen, bei denen unterschiedliche Autoren aus der Region ihre Werke entweder selber lesen oder vorlesen lassen. Die Lesungen sind zwar nicht öffentlich, aber immer sehr gut besucht, daher denke ich, dass es auch in diesem Jahr wieder einige Events geben wird. Als Vorstandsmitglied eines Kulturvereins in Delmenhorst möchte ich mich außerdem stärker die regionale Autoren-Szene einsetzten.
Lesungen sind wichtig, aber ich habe festgestellt, dass es auch auf andere Art und Weise möglich ist, sein Buch zu präsentieren. Zum Beispiel kann man für kleines Geld eine Werbefläche in einem schönen kleinen Geschenkeladen mieten und darüber seine Bücher verkaufen, bzw. sie bewerben.
: Woher genau mein Interesse stammt, kann ich nicht genau sagen, vielleicht liegt es tatsächlich an der geografischen Lage. Ich fahre nur eine Dreiviertelstunde bis an die Nordsee, und Bremen liegt genau nebenan. Bremen ist eine alte Hansestadt mit großer Seefahrertradition, genauso wie Hamburg. Irgendwie sind hier alle ein bisschen stolz darauf, »Nordländer« zu sein, daher ist eine gewisse Affinität zum Meer und der See nicht weiter verwunderlich.
Jeder hat bestimmte Vorlieben, die sich seinem Charakterbild wiederspiegeln. Ich bin für klare direkte Worte ohne Schnörkel und Tamtam, daher liebe ich die rauen Legenden und Mythen der nördlichen Meere, weil sie so ursprünglich und unverfälscht sind. Die Welt der Seefahrer und Küstenbewohner wiederum ist ein in sich geschlossener Kosmos, gespickt mit uralten Traditionen und naturverbundenen Geschichten, die das Leben auf nüchterne Art erklären und wiedergeben. Da ich gerne Reise, lasse ich mich von den Erzählungen der jeweiligen Länder inspirieren, wobei es mich seltsamerweise immer wieder in den unberührten Norden zieht. Und so schließt sich der Kreis :)
: Mein erster Beitrag »Prager Zeitreise um 1900« erschien in der Anthologie »PragMagisch« im Verlag p.machinery. Es ist eine altertümlich angehauchte Stadtbesichtigung um die Jahrhundertwende. Danach erschienen Beiträge in Online-Magazinen, von denen einige leider eingestellt wurden, und im Geisterspiegel meine Lieblingsgeschichte »Elmsfeuer«, eine klassische Seefahrer-Geistergeschichte. Außerdem schrieb ich kleinere Essays für ein Künstlerbuch, das aber nicht im Handel erhältlich ist.
: Mythen und Sagen haben mich schon in jungen Jahren fasziniert und begleitet. Ich besitze ein wunderschönes Buch von James Krüss, das die Sagen und Geschichten der unterschiedlichen Kulturen behandelte und noch heute auf meinem Schreibtisch steht. Später setzte ich mich intensiv mit den nordischen Mythen auseinander, angefangen bei der Edda bis hin zu den Islandersagas. Ich mag auch diese düsteren, verrätselten Filme wie Walhalla Rising usw., auch wenn sie historisch nicht immer korrekt sind. Als ich anfing, Kurzgeschichten zu schreiben, ließ ich mich von den Deutschen Sagen der Gebrüdern Grimm inspirieren, daher stammt meine Neigung für eine etwas altertümliche Sprachweise. Ich finde diesen archaischen Stil wundervoll, er ist viel schwungvoller und rhythmischer als unser heutiges Schnell-Sprech-Schreib. Leider haben viele Menschen nicht mehr die Geduld, sich mit alten Texten auseinanderzusetzten.
Julia Vogel: Richtig wohl fühle ich mich bei der klassischen Phantastik mit ihren alten Gespenstergeschichten und allem, was eine diffuse Furcht hervorruft und nicht auf Anhieb erkennen lässt, ob es sich um Realität oder Fiktion handelt. Eine Kombination mit Science-Fiction gefällt mir auch sehr gut, aber mit bonbonbunter Fantasy kann ich nichts anfangen. Bluttriefende Splatter-Horrorstorys sind ebenfalls nicht mein Ding.
Welche Autoren haben dich beeinflusst? Gibt es so etwas wie literarische Vorbilder?
: Früher verschlang ich alle Bücher von Stephen King, daher denke ich, dass mich seine Geschichten stark beeinflussten. Außerdem bin ich ein Fan des Reiseschriftstellers Bruce Chatwin und ich lese gerne die Reisetagebücher von Polar-Abenteurern. Diese Mischung findet sich auch in meinen Geschichten wieder, denn sie handeln oft von Menschen, die irgendwo in der Welt unterwegs sind und phantastisches erleben.
Insgesamt sind es vor allem die alten Phantasten, die mich beeinflussen, allen voran Clark Ashton Smith und William Hope Hodgson, der etliche unheimliche Seefahrergeschichten geschrieben hat. Edgar Allan Poe und H.P.Lovecraft dürfen natürlich auch nicht fehlen.
: Ich bevorzuge Kurzgeschichten, wobei ich häufig feststellen muss, dass sie viel zu lang geraten, daher ist die Novelle eine gute Alternative. Aber einen Roman könnte ich mir inzwischen auch gut vorstellen.
: Da ich mich letztes Jahr mit einer Kurswerkstatt für handwerkliche Druckkunst selbstständig gemacht habe, kommt das Schreiben im Moment leider viel zu kurz. Aber ich versuche trotzdem am Ball zu bleiben und freue mich besonders auf das kommende Jahr. Dann werden voraussichtlich zwei meiner Kurzgeschichten in Anthologien erscheinen: Eine klassische Geistergeschichte im TextLustVerlag und eine düstere phantastische im Amrûn Verlag. Außerdem schreibe ich streckenweise an einem Romanmanuskript, das von einer mittelalterlichen Expedition handelt, die nach verschwundenen Siedlern auf Grönland sucht. Und es schlummern noch etliche Kurzgeschichten auf der Festplatte …