Volker Dützer über »Treibsand« , »Der Schacht«, Stein und Funke und über seine weiteren Romanprojekte
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... über »Treibsand« , »Der Schacht«, Stein und Funke und über seine weiteren Romanprojekte
Mein zweiter Roman, den ich vor 24 Jahren mit viel Begeisterung und wenig Knowhow begonnen, aber nie beendet hatte. Wie die meisten angehenden Autoren blieb ich irgendwann stecken, weil ich wild drauflos geschrieben hatte ohne zu planen.
Mag sein, dass Stephen King so arbeitet, ich kann es bis heute nicht. King dürfte da wohl ohnehindie große Ausnahme sein.
Das unfertige Manuskript war zwar roh und ungeschliffen, enthielt aber einige gute Szenen und Ideen. Zwischen den Zeilen konnte ich spüren, dass da etwas war, was sich zu entwickeln lohnte.
Aber ich wusste nicht wie, mir fehlte das handwerkliche Können. Damals gab es noch kein Internet (zumindest hatte ich keins), und ich konnte nichteben mal schnell googeln, wie man einen Roman plant.
Ein Buchhändler drückte mir wenig später einen Schreibratgeber in die Hand mit dem Titel: „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“. Das war der Startschuss, der Autor des Buches, James N. Frey, öffnete mir die Augen.
Vorher war ich einem populären Irrtum erlegen: Schreiben kann man oder man kann es nicht. Das ist natürlich falsch. Man kann ja auch nicht Klavierspielen oder nicht. Man lernt es Schritt für Schritt. Ich begriff, dass man Geschichten genauso entwerfen kann wie eine Maschine auf dem Reißbrett.
Da ich das beruflich machte, kam mir der Vergleich sehr gelegen. Da war von Plot, Spannungsbogen und Figurenentwicklung die Rede. Ich las, begriff, versuchte, versagte und zerknüllte alles, und begann wieder von vorne.
Als nächstes beendete ich das alte Manuskript. Es hieß „DER DRUIDENFLUCH“ und wurde (zum Glück) nie veröffentlicht. Aber ich hatte Feuer gefangen, ich wusste, ich konnte es. Und was ich noch nicht konnte, würde ich lernen. Ich WOLLTE UNBEDINGT Geschichten schreiben. Ein halbes Jahr später kam dann nach viel Learning bydoingder Roman „Schattenjagd“ zustande.
„SCHATTENJAGD“ war der Einstieg, definitiv. Ich bewarb mich bei mehreren Verlagen. Zwei hatten Interesse und ich entschied mich für einen Kleinverlag, der „SCHATTENJAGD“ herausbrachte. Leider ging der Verlag ein Jahr später pleite. Houston, ich hatte ein Problem.
Der Nordmann-Verlag existierte nicht mehr, und ich kämpfte ein halbes Jahr darum, meine Veröffentlichungsrechte wieder zu bekommen. Aber ein Buch, das schon auf dem Markt gewesen ist, nimmt kein anderer Verlag mehr ins Programm, es gilt als ‚verbrannt‘.
Ich hatte das Glück, 2009 auf einer Lesung einen Mann kennenzulernen, dem ich viel verdanke. Dieser besagte Herr gründete gerade den ersten deutschen E-Book-Verlag. Er war von „SCHATTENJAGD“ begeistert und brachte es neu heraus.
Der Chichili-Verlag und ich wurden gewissermaßen gemeinsam groß. Es folgte der zweite Teil der Reihe um Stettner & Moretti mit dem Titel „SEELENEIS“. Das Buch ist heute vergriffen, liegt aber noch in meiner Schublade. Wer weiß …?
Leider konnte sich auch der Chichili-Verlag nicht auf dem Buchmarkt behaupten. Ich hatte dort insgesamt vier Romane herausgebracht, die nun vor dem Aus standen. Kurz darauf nahmmich meine heutige Agentin unter Vertrag. Sie riet mir, es mit einem Regionalkrimi zu versuchen, weil die wie verrückt boomten.
Ich liebte die Figuren Stettner & Moretti (und liebe sie heute noch) und beschloss, die Serie auf neue Füße zu stellen.
Stettner war als Privatdetektiv geplant, der es wider Willen mit übersinnlichen Fällen zu tun bekommt. Diese fiktiven Horrorelemente waren aber bei den Verlagen nicht gefragt. Also schob ich alles beiseite, hielt an den Hauptprotagonisten fest und schrieb die Vorgeschichte zu „SCHATTENJAGD“, nämlich „TREIBSAND“.
Damit wollte ich die Serie als Krimireihe neu starten. Meine Agentin verkaufte das Buch dann auch schnell an den Bookshouse-Verlag, ebenso wie „DAS PROMETHEUS-PROJEKT“ und „DIE BRUT“, Bücher, die zuvor bereits als E-Book erschienen waren. Danach erschien dann ein Westerwald-Krimi mit dem Titel „TÖDLICHE HEIMKEHR“ im Sutton-Verlag.
Die Geschichte dreht sich um die Trickdiebin Sammy, die es faustdick hinter den Ohren hat und ein besonderes Talent besitzt, das ich hier nicht verraten will. Auf einem ihrer Diebeszüge beobachtet sie unfreiwillig einen Mord und gerät in große Gefahr, weil der Mörder sie nun ausschalten will.
Sie sucht Hilfe bei der Polizei, doch der einzige, der ihr glaubt, ist der junge Mordermittler Mario Moretti. Da er nicht gleichzeitig Sammy beschützen und den Täter überführen kann, gibt er Sammy in die Obhut seines ehemaligen Kollegen Jan Stettner, der gerade seinen Job hingeworfen hat und sich als Privatdetektiv verdingt. Das bietet Gelegenheit, den Beginn der Freundschaft zwischen Stettner & Moretti zu erzählen und das Geheimnis zu lüften, warum Rainer Tarp und Stettner zu Todfeinden werden; und warum Stettner unbedingt dieses verrostete alte Hausboot mit Namen „Styx“ haben will.
Dann gibt’s noch eine verschworene Dorfgemeinschaft, die mehr als eine Leiche im Keller hat, korrupte Polizisten und einen Haufen Geld, hinter dem Sammy her ist.
Ein solcher Genre-Mix ist bei den Verlagen leider nicht gefragt, schon gar nicht, wenn man als Autor noch keinen großen Namen hat. Es sind also gewisse Zwänge des Marktes, die mich dazu brachten, darauf zu verzichten.
Aber keine Angst, es bleibttrotzdem spannend. Bis heute liebe ich Geschichten, wie sie Dean Koontz schreibt, und das wird auch in meinen neuen Romanen deutlich. Koontz ist und bleibt eins meiner Vorbilder.
Sie liegt auf Eis, weil andere Projekte vielversprechender waren und sind, und „TREIBSAND“ leider ein etwas stiefmütterliches Dasein führt, was das Verlagsmarketing angeht.
Aber man soll niemals nie sagen. Wenn ich einen großen Verlag für die Serie begeistern kann, lasse ich alles stehen und liegen und schreibe einen neuen Band, versprochen. Die beiden sind bis heute meine Lieblingsfiguren.
Bei den Krimis hat mich Parker sehr stark beeinflusst, vor allem seine Figur des Jesse Stone, eine Reihe, die mit Tom Selleck in der Hauptrolle verfilmt wurde.
Bei den anderen Autoren muss ich noch mal auf die übersinnlichen Elemente zurückkommen.Es fällt mir heute leicht, darauf zu verzichten, und das hat einen verblüffenden Grund. Da ich etwas abgefahrene Grundideen mag, hilft mir inzwischen die rasante Entwicklung der Technik, Themen wie Telepathie, künstliche Intelligenz und Grenzgebiete der Wissenschaft wieder aufzugreifen, ohne einen Ausflug in die Science-Fiction machen zu müssen.
Manchmal habe ich Ideen zu Romanen, die ich als zu weit hergeholt verwerfe. Wenn ich dann ein bisschen recherchiere, kann ich oft kaum glauben, dass die Realität meine Fantasie zuweilen bereits überflügelt hat.
So geht es in „Nexx-Die Spur“ um die Möglichkeit, die Zukunft vorherzusagen. Eigentlich ein eher esoterisches Thema, doch mit der Entwicklung moderner Computeralgorithmen in greifbare Nähe gerückt.
Ähnliches gilt für Gedankenlesen oder die Videoaufzeichnung von Träumen - Ideen, die ich schon vor Jahren in Romanen verarbeitet habe und an denen heute intensiv geforscht wird. In „DAS PROMETHEUS-PROJEKT“ beschrieb ich schon vor zehn Jahren den Versuch, das Bewusstsein eines Menschen vor seinem Tod auf einen Computer zu übertragen.
Viele Träume der Menschheit, die früher als unerreichbare Fiktion galten, sind inzwischen Wirklichkeit geworden. Das ermöglicht es mir, ein bisschen zu spekulieren, wo die Wissenschaft in ein paar Jahren stehen wird und welche bösen Sachen man in einem Thriller anstellen kann.
Ich kann also problemlos fiktive Horrorelemente in meine Geschichten einbauen, ohne den Boden der Tatsachen zu verlassen. Naja, fast.
Ich lese alles, was mir in die Finger kommt. Das Spektrum reicht vom Thriller bis zu Fachbüchern über Evolutionsbiologie. In Sachen Lesen bin ich ein richtiger Staubsauger.
Allerdings sind gute Thriller rar (Hüstl.) Meistens sind mir die Figuren zu eindimensional. Auch Dean Koontz hat mich in letzter Zeit arg enttäuscht. Interessanterweise habe ich mich wieder mehr den Klassikern zugewendet. „VIA MALA“ von John Knittel zum Beispiel ist für mich einer der besten Krimis, die je geschrieben wurden.
Zuletzt habe ich „DER GESCHLOSSENE RAUM“ von John Dickson Carr gelesen. Dabei ist mir eine Idee gekommen, wie man die „Locked-Room-Mystery-Krimis“ der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts auf eine moderne Grundlage stellen könnte. Das wird ganz sicher in einem meiner nächsten Bücher vorkommen. Zu meinen Favoriten ist noch Dave Zeltsermann hinzugekommen, dessen Romane sehr schätze.
In „SCHWARZER REGEN“ habe ich mich in Sachen „Übersinnliches“ richtig ausgetobt. Ich hätte nie damit gerechnet, hinter Andreas Eschbach den 2. Platz zu belegen. (Das müssen wir beim nächsten Mal klar stellen )
Es geht um ein seltsames Haus, in dem eine Frau verschwindet, und um einen Schreibtisch, auf dem unheimliche Nachrichten erscheinen … und um eine erschreckende Erkenntnis am Ende der Handlung. Mehr darf ich nicht verraten. Es ist eine lupenreine Horrorstory.
Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet und die Geschichte nur auf Drängen meines damaligen Verlegers geschrieben. Die Preisverleihung auf der Frankfurter Buchmesse war natürlich ein Highlight. Es fühlte sich an, einen Riesenschritt gemacht zu haben, nach all der Arbeit und den Rückschlägen ein bisschen belohnt zu werden.Der Preis hat heute einen Ehrenplatz in meinemSchreibzimmer.
Helen Stein ist eine sehr ambitionierte, toughe Profilerin und Mordermittlerin, die geradezu verbissen einen Serienkiller sucht. Dabei unterläuft ihr ein furchtbarer Fehler, der sie aus der Bahn wirft. Sie nimmt eine Auszeit in einer kleinen Polizeiinspektion im Westerwald und merkt bald, dass der Killer ihr gefolgt ist und ein perfides Spiel mit ihr treibt.
Sie lernt den Dorfpolizisten Ben Funke kennen, dessen Tochter vor einem Jahr spurlos verschwand. Funke gibt sich die Schuld an ihrem Verschwinden und trinkt sich mit Basaltfeuer langsam zu Tode.
Als Helen erkennt, dass der Verlust seiner Tochter mit ihrem Fall zusammenhängt, kann sie Funke dazu bewegen, ihr zu helfen. Sie bilden ein gegensätzliches, kongeniales Team, bei dem ständig die Fetzen fliegen. Helen ist eine Großstadtpflanze, die sich im Westerwald wie ein Puma in einem Streichelzoo fühlt, und Funke, der sich eigentlich aufgegeben hat, kämpft gegen seinen größten Feind, den Alkohol, und wächst über sich selbst hinaus. Gemeinsam stellen sie sich einem übermächtigen Gegner, der gerissen und brutal zu Werke geht.
Nein, sicher nicht. Ich liebe extreme Figuren und die Leser tun es auch. Beide, Funke und Helen, sind jeweils in eine sehr tiefe Grube gefallen. Der Reiz ist, ihnen dabei zuzuschauen, wie sie aus der Grube wieder herausklettern. Je geschickter und einfallsreicher sie das tun, desto mehr fesselt es den Leser, davon bin ich überzeugt.
Man muss Figuren Raum zur Entwicklung geben, und dazu sollten sie von einem Pol zum anderen wachsen. Ein Feigling gewinnt Mut, ein Egoist setzt am Ende für andere sein Leben aufs Spiel, das ist es, was ich meine. Thriller bieten die beste Möglichkeit, Menschen in Extremsituationen zu zeigen. In solchen Momenten wird ihr Charakter vollständig offengelegt. Das gelingt nicht mit Durchschnittstypen und einer zahnlosen Story.
Es sind zunächst die Figuren. Sie sind mir am wichtigsten. Sie müssen lebensecht sein, müssen viele Facetten haben und innerlich wachsen. Und dann ist da noch das Spiel, dass der Killer mit Helen treibt. Aber darüber kann ich nichts verraten, sonst verderbe ich meinen Lesern die Spannung.
Es geht in „DER SCHACHT“ um ein zentrales Thema, nämlich Erinnerungen, und wie sie manipuliert werden können. Jeder von uns besitzt echte und falsche Erinnerungen, die wir für wahr halten. Wie leicht man Menschen mit falschen Erinnerungen „impfen“ kann, zeige ich im Roman.
Mittlerweile wird dieses Thema sehr kontrovers diskutiert, vor allem in Hinblick auf sexuellen Missbrauch oder auch auf die oft beschriebenen Entführungen durch Außerirdische. Die Mechanismen, die dahinterstecken, sind rein psychologischer Natur und sehr interessant, vor allem für einen Thrillerautor.
Ich liebe die psychologischen Spielchen, die der Killer im Roman mit Helen Stein und Funke spielt, die ganzen Wendungen, bösen Fouls und Tricks, das Spiel mit Schein und Sein.
Sie ermitteln in einem neuen Fall. Während es im ersten Teil Helen war, die es unentwegt ,auf die Mütze‘ kriegt, ist es diesmal Funke, den es hart erwischt.
Schon auf der ersten Seite erwacht er neben der Leiche seiner neuen Geliebten, die mit seiner Dienstwaffe erschossen wurde. Er kann sich an nichts erinnern, wird zum Gejagten und versucht, seine Unschuld zu beweisen.
Helen gerät erneut in die Fänge eines Serienkillers. Ich wollte ihr Trauma weiterentwickeln. Während ihr in „DER SCHACHT“ die Erinnerung an ihre Gefangenschaft fehlt, erlebt der Leser diesmal jedes mörderische Detail und darf mit Helen leiden. Harhar.
Ja. Es gibt mehrere Ideen. Aber es wird wohl 2019 werden. Zu viele Projekte, zu viele Ideen und Bücher, die geschrieben werden wollen.
Die Journalistin Valerie de Crécy rettet dem Starwahrsager Gabriel Nexx bei einem Attentatsversuch das Leben. Zum Dank gewährt er ihr eins seiner seltenen Interviews.
Valerie nimmt die Einladung an, weil sie Nexx als Schwindler entlarven will. So gut wie jede seiner Vorhersagen ist bisher eingetroffen, niemand weiß, wie er diese Trefferquote erzielt.
Doch ohne es zu ahnen, öffnet Valerie mit Nexx einem besessen Stalker die Tür in ihr Leben. Als sie sich gegen seine Nachstellungen wehrt, sagt er ihren baldigen Tod voraus. Ihr bleibt nur wenig Zeit, um hinter sein Geheimnis zu kommen. Der Polizist Lenny Koriatis hilft ihr dabei.
Es hat mich interessiert, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, die Zukunft vorherzusagen. Nach einiger Recherche stellte ich dann erstaunt fest, wie genau man mit Algorithmen Krisen, Katastrophen und das Auf und Ab der Börsen vorhersagen kann.
Ich begann mich mit dem Thema Big-Data zu beschäftigen, mit der allgegenwärtigen Datensammelwut, PredictivePolicing und der digitalen Überwachung von Smartphones und Computern. Was dabei zutage trat, erschreckte mich.
Die Kernüberlegung war dann: Wenn ich genug über einen Menschen weiß, wenn ich weiß, wie er im Detail in jeder nur erdenklichen Situation reagieren wird, könnte ich theoretisch ein Umfeld schaffen, in dem ich ihn steuere, ohne dass er es überhaupt bemerkt, und damit gewissermaßen die Zukunft vorweg nehmen. Alles ist dann nur noch eine Frage der Speicherkapazität und der Rechenleistung.
Ich kam schnell zu der Frage, ob der Mensch dann überhaupt noch einen freien Willen hat oder ob dies nur eine Illusion ist. Das sind sehr aktuelle und brisante Themen. Auch hier holte die Realität meine Fantasie inzwischen wieder ein. Gerüchten zufolge hat Donald Trump ja die Präsidentschaftswahlen mit dem Einsatz solcher Algorithmen gewonnen.
Jede unserer Kaufentscheidungen wird heute beeinflusst und manipuliert. Wir werden mit Pay-Back-Karten und Rabatten geködert, um alles von uns preiszugeben. Jeder fragt sich, was wollen ,die‘ mit all dem Datenmüll? Die Antwort: Sie wollen unser Geld, alles und restlos. Doch mit der Macht der Computeralgorithmen kann man noch sehr viel mehr als nur Geld verdienen. „Nexx-Die Spur“ liefert eine mögliche Antwort.
Valerie ist eine toughe Investigativjournalistin, die glaubt, jedem Problem gewachsen zu sein. Doch Nexxdemontiert ihr Selbstbewusstsein mit seinem Stalking völlig. Sie erlebt zum ersten Mal am eigenen Leib, wie es sich anfühlt, ein von den Medien gehetztes Wild zu sein.
Lenny Koriatis istein Mann, der eigentlich 50 Jahre zu spät geboren wurde. Er liebt Swingmusik, spielt Saxonfon, fährt einen alten Chevrolet Camaro und besitzt die Manieren eines Gentleman. Ein bisschen kommt er wie ein FBI-Agent aus alten Schwarzweißfilmen daher.
Ich habe ihn bewusst konträr zur heutigen, schnelllebigen Zeit besetzt. So kann man zum Beisipiel einen alten Camaro nicht hacken, weil der Wagen keine moderne Elektronik besitzt -was Lenny im Roman einen Vorteil verschafft.
Doch, auf jeden Fall, sehr sogar. Wir reden ja nicht von Gabriel Nexx, demDarth Vader der Algorithmen.
Nein, ich bin bei der Literaturagentur Lesen & Hören unter Vertrag. Ich kann nur jedem angehenden Autor empfehlen, sich um einen Agenturvertrag zu bemühen. Ohne Agenten hat man heute keine Chance mehr, bei einem großen Publikumsverlag unterzukommen; und selbst mit der Hilfe eines Agenten ist es sehr, sehr schwer. Bei kleineren Verlagen wie KBV kann es noch gelingen, sich direkt zu bewerben.
Aber natürlich muss man auch einen Literaturagenten erst einmal von sich überzeugen. Er prüft das Manuskript auf Schwächen, macht Verbesserungsvorschläge und übernimmt dann die Vermittlung an die Lektoren der Verlage. Im Erfolgsfall bekommt er dann die üblichen 15-20% vom Gewinn.
Die Chancen auf einen Verlagsvertrag steigen enorm.Dennoch wird es zunehmend schwieriger. Der Buchmarkt schrumpft, die Verkaufszahlen gehen zurück, der E-Book-Boom scheint vorbei zu sein.
Das führt zu immensem Druck bei den Verlagen und den Buchhändlern. Programmplätze werden gestrichen, man konzentriert sich auf wenige Bestsellerautoren und geht keine Risiken ein.
Geld für Marketing ist kaum vorhanden, Nachwuchsautoren müssen selbst kräftig mithelfen, um den Kopf über Wasser zu halten. Eine Alternative bietet das Selfpublishing. Es nie so einfach wie heute, ein Buch herauszubringen. Das Problem ist die fehlende Aufmerksamkeit. Die meisten Bücher gehen in der Vielzahl der Neuveröffentlichungen unter, auch so manche Perle.
Wenn ich wüsste, wie man zuverlässig eine Idee bekommt, wenn man sie braucht, würde ich das Geheimnis in Flaschen abfüllen und verkaufen. Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.
Als Autor hält man ständig die Augen offen für neue Themen und Einfälle. Alles kann Inspiration bedeuten – ein Zeitungsartikel, ein unheimlicher Schatten an der Wand, einfach alles. Ich spinne die Möglichkeiten der modernen Wissenschaften weiter und frage mich, wo wir in ein paar Jahren stehen werden. Ist dies oder jenes möglich? Was könnte ein Schurke damit anstellen?
Am liebsten frage ich: „Was wäre wenn?“ Eine Idee muss mich überfallen, packen und nicht wieder loslassen. Dann drücke und tätschele ich sie eine Weile, und wenn sie sich dann immer noch gut anfühlt, überlege ich mir, was man daraus machen könnte.
Das kommt immer wieder mal vor.
Wenn ich die Grundidee im Hinterkopf habe, beschäftige ich mich erst einmal sehr lange mit den Figuren. Ich frage mich, wer könnte in der Geschichte die Hauptrolle spielen? Was will er im Roman erreichen? Daraus ergibt sich dann schon fast zwangsläufig ein brauchbarer Plot. Wenn die Figur unbedingt der beste Pilot der Galaxis werden will, steht ihr Weg schon im Groben fest.
Ich schreibe dann Biographien meiner Figuren, lasse sie aufeinander los und sehe zu, wie sie aufeinander reagieren. Das ganze Ensemble muss ein gut aufeinander abgestimmtes Orchester sein. Der Plot ist dann die Musik dazu.
Als Nächstes mache ich mir Gedanken über einen packenden Einstieg, das ist ungeheuer wichtig. In meinen Romanen steht der Held schon auf der ersten Seite vor furchtbaren Problemen, die dann von Kapitel zu Kapitel immer bedrohlicher werden. Ich versuche, beim Leser sofort in irgendeiner Form Mitleid mit der Hauptfigur zu erzeugen. Dadurch binde ich ihn an das Schicksal der Figur, er will wissen, was ihr weiterhin geschieht und liest deshalb immer weiter. Hört sich einfach an, ist aber harte Arbeit.
Dann überlege ich, was in den einzelnen Kapiteln passiert und wie alles auf einen großartigen Showdown zusteuern könnte. Und dann … wird doch alles ganz anders.
Mein neues Manuskript lag schon bei meiner Agentin, und nun habe ich die ersten 100 Seiten weggeworfen und neu geschrieben.
So kann das gehen. „Nexx-Die Spur“ landete dreimal im Papierkorb, bevor es so wurde, wie ich es haben wollte. Ich vergleiche das Planen eines Romans gerne mit dem Kramen in einer Kiste mit Legosteinen.
Es kommt darauf an, die richtigen Steinchen zu finden und auch noch in der richtigen Reihenfolge aufeinander zu türmen. Hört sich nach sehr viel Arbeit an, nicht wahr? Und das ist es auch.
Sehr wichtig. Ich muss wissen, worüber ich schreibe. Das fängt bei den Schauplätzen an und hört bei Fachwissen über Details auf. Wie setzt man eine intravenöse Spritze? Wie gestaltet ein Psychologe eine Rückführung in die Kindheit? Wie funktioniert die Nanotechnologie?
Zum Glück gibt es heute Internet, außerdem jede Menge hilfsbereite Menschen. Mein Hausarzt weiß bereits, dass ich bei jedem Besuch eine sehr merkwürdige Frage stelle. Vor einem halben Jahr wurde ich an der Hand operiert.
Der Anästhesist bereitete mich für die Vollnarkose vor und ich fragte ihm ein Loch in den Bauch, wie Propofol wirkt, wenn man es oral verabreicht, so lange bis ich weg war.
Als ich wach wurde, haben alle gelacht und gefragt: „Sie schreiben Romane?“ Ich konnte mich an nichts erinnern, aber mich macht Propofol geschwätzig. Naja, immer im Dienst.
Die Planung nimmt etwa drei bis vier Monate in Anspruch. Die reine Schreibzeit beträgt dann noch ein halbes Jahr plus einige Wochen zum Überarbeiten.
Manche Bücher habe ich schneller geschrieben, „DER SCHACHT“ etwa, da war ich kpl. nach einem halben Jahr fertig. Andere brauchen länger.
Früher habe ich mir ein festes Pensum von vier Seiten pro Tag gesetzt, aber das mache ich nicht mehr. Manchmal schreibe ich zehn Seiten in der Stunde und dann wieder schaue ich dem Cursor beim Blinken zu, wenn gar nichts geht.
Meine Agentin stellt zur Zeit einen neuen Roman bei den Verlagen vor. Darin geht es um alte Menschen, die spurlos verschwinden, und eine neurotische junge Frau, die der Sache auf die Spur kommt.
Im Augenblick überarbeite ich einen Roman, der sich mit dem Thema Kryonik beschäftigt. Es ist ja heute möglich, sich nach dem Tod einfrieren zu lassen, in der Hoffnung, in ferner Zukunft vielleicht wieder zum Leben erweckt zu werden.
Das bietet natürlich jede Mange Raum für ordentlichen Grusel, und alles ohne übersinnliche Elemente. Das Horrorgenre lässt mich nicht los.
Ich danke ebenfalls. Es hat viel Spaß gemacht.
Volker Dützers Romane