... Michael Haitel über NOVA, Erfolg und den Ruhestand
... Michael Haitel ...
... über NOVA, Erfolg und den Ruhestand
: Der Ablauf war recht simpel. Jürgen Eglseer von Amrûn wollte nicht mehr und Michael Iwoleit hat mich gefragt. Ich habe einfach nur „Ja“ gesagt, und damit war die Kuh vom Eis. NOVA war mir damals eher namentlich als inhaltlich bekannt und sehr viele Alternativen für eine Fortführung NOVAs fallen mir auch im Nachhinein nicht ein.
: Meine Herausgeberschaft ist, wenn man es genau nimmt, Schall und Rauch. Ich gebe nicht nur meinen Namen her, sondern arbeite auch an den Ausgaben: Korrektorat, Layout, Druckdaten, Vertrieb usw. Und in manchen Situationen bin ich auch schon mal im Vorfeld beteiligt. Aber es ging Michael und mir vor allem darum, dass auch weiterhin ein Namensgespann auf dem Cover stand. Und Olaf Hilscher stand aus privaten Gründen nicht mehr zur Verfügung.
: Die Möglichkeiten von SF-Magazinen sind in Deutschland vielfältig. phantastisch! hat einen ganz anderen Fokus als SOL, NOVA hat einen anders gelagerten als EXODUS. Wobei NOVA und EXODUS schon Ähnlichkeiten aufweisen: Storys sind der Tenor, aber ansonsten ist EXODUS stark in Sachen Grafik, NOVA eher in Sachen Sekundärliteratur. Insofern belegen NOVA und EXODUS gemeinsam einen sich überschneidenden Sektor des Genres, ergänzen sich aber gut.
Ansonsten soll NOVA Kurzgeschichtenautoren – durchaus mit Platz für Novellen – eine Veröffentlichungsmöglichkeit bieten, wobei wir natürlich Wert auf Qualität legen. Der Neuling muss schon etwas leisten, und da Michael Iwoleit die Storys – inzwischen gemeinsam mit Marianne Labisch – lektoriert, muss der Neuling auch in der Lage sein, etwas auszuhalten. Storys werden nicht einfach so gedruckt, wie sie vorgelegt werden, und das trifft sogar auch auf die Werke von bekannteren Namen zu, die wir natürlich auch nach wie vor berücksichtigen. Schwerpunkt der NOVA jedenfalls ist und bleibt die SF-Kurzgeschichte. Daran wird sich auch nichts ändern.
: Das ist übersichtlich, würde ich meinen. Michael Iwoleit ist für Texte die erste Anlaufstelle. Er prüft sie, lektoriert sie, wenn er sie für gut genug befunden hat. Marianne Labisch unterstützt ihn dabei vor allem bei Texten, die durchaus gut sind, aber noch nicht ganz „rund laufen“. Thomas Sieber kümmert sich um den sekundärliterarischen Teil, Christian Steinbacher steht mit unseren Grafikern in Kontakt und sorgt für die Illustration der zur Veröffentlichung gelangenden Storys.
Meine Aufgabe umfasst das finale Korrektorat der Texte – ein Punkt, der mir sehr wichtig ist –, die Erstellung der Druckdaten und alles Weitere, was mit der Herstellung zu tun hat, und natürlich mit dem Vertrieb.
: Ja. Bin ich.
: Die Ausgaben sind ein wenig größer geworden. Und umfangreicher; früher gab es ein Abomodell, das einen gleichbleibenden Preis nötig machte, damit einen gleichbleibenden Umfang – mit so was habe ich keinen Spaß, das wurde gleich abgeschafft. Die beiden Teile – Storys und Sekundär – bekommen jetzt ein Titelbild, das das Titelbild der gesamten Ausgabe wiederholt. Die Vitae der Mitarbeiter zeigen keine Bilder mehr. Die Schrift ist kleiner als zuletzt, damit ist der Inhalt umfangreicher geworden. Und noch eine ganze Menge Kleinigkeiten mehr. Und es sind insgesamt wirklich nur Kleinigkeiten – NOVA als solches hat sich praktisch nicht verändert.
: Nichts Konkretes. Wir haben NOVA nach der Nummer 30 von „NOVA Science-Fiction“ in „NOVA – Magazin für spekulative Literatur“ umbenannt und werden zukünftig ein größeres Augenmerk auf die Außenwirkung der veröffentlichten SF-Literatur haben, was bedeuten soll: Wir wollen mit NOVA zukünftig nicht nur die typischen SF-Leser ansprechen, sondern eben auch Menschen, die sich nicht der SF-Szene in Deutschland zurechnen. Ob und wie genau das gelingen wird, wird sich zeigen. Aber ich denke, im Team sind wir uns in dieser Hinsicht einig. Und letztlich ist eine gute Story eine gute Story eine gute Story J. Das gilt auch wenn, wenn nicht plakativ überall das Label „SF“ draufklebt.
: Zuerst messe ich das an mir selbst. Wenn mir die Produktion Spaß gemacht hat und sich das fertige Exemplar in meinen Händen gut anfühlt, dann ist das ein erster Erfolg.
Die Auflagenhöhe ist ein Kriterium, das ich eher verwende, um abzuschätzen, wie sich die verschiedenen Nummern voneinander unterscheiden. Die heutigen Auflagen sind noch nicht wieder da, wo sie – angeblich, mir liegen keine Belege, nur Aussagen zu früheren Auflagestärken vor – einmal waren, aber das ist eben auch nur eine Zahl. Wenn ich 500 Exemplare verticke, die 450 Leuten nicht gefallen, dann ist das ein geringerer Erfolg, als wenn 120 Exemplare für 120 Leute ein echtes Leseerlebnis darstellten.
Und was die Nominierungen angeht – natürlich ist auch das ein Kriterium, an dem man den Erfolg messen kann, wobei man letztlich berücksichtigen muss, dass es heute keinen SF-Preis in Deutschland gibt, dessen „Machart“ nicht massiv bemeckert wird. Auf Deutsch: Der KLP ist scheiße, weil er vermeintlich elitär ist, der DSFP sagt nichts aus, weil die Jury namentlich nicht oder nicht vollständig bekannt ist und die Mitglieder vermutlich keine Ahnung haben, der Seraph ist ja noch schlimmer, und so weiter und so fort. Wenn man diese letztlich sinnlose Kritik außen vor lässt, dann ist es natürlich eine schöne Bestätigung, wenn wieder Storys und Titelbilder von Nova in Nominierungslisten landen und am Ende sogar einen Preis bekommen. Und was meine Einstellung zu solcher Kritik an den SF-Preisen in Deutschland angeht, halte ich es mit den Ärzten: „Lasse reden“.
: Das Thema ist vom Tisch, Michael bleibt NOVA erhalten. Es wird sicherlich Verschiebungen im Arbeitspensum geben, dafür haben wir Marianne Labisch an Bord genommen, aber seinen Abschied nehmen wird er nicht. Jedenfalls nicht jetzt und nicht in absehbarer Zeit. Und insofern mache ich mir auch noch keinen Gedanken über eine Stellenanzeige, die ich beizeiten gemeinsam mit Michael entwickeln würde. Vielleicht läuft das Ganze einfach darauf hinaus, dass ich einen neuen Michael Iwoleit suchen werde J.
: Die Ausgabe 31 soll noch vor Weihnachten 2021 erscheinen – im Augenblick sieht es nach Oktober oder November aus – und wird Storys und Essays, Artikel, sekundärliterarische Texte enthalten. Story gibt es von Maike Braun, C. M. Dyrnberg, J. A. Hagen, Lars Hannig, Karsten Kruschel, Dirk Alt, Thomas Grüter und Frank Neugebauer, dazu kommt eine Novelle von Michael Iwoleit und eine Gaststory von Iván Molina aus Costa Rica. Zum Sekundärteil habe ich Namen und Themen gerade nicht griffbereit – Gelegenheit, sich überraschen zu lassen. Sicher ist, dass Thomas Sieber hier wieder ausgezeichnete Arbeit geleistet haben wird.
: Da hat euch aber einer in den April geschickt J … Nein, im Ernst: Ich bin jetzt seit bald drei Jahren selbstständig und ich sehe nicht, warum ich mich wirklich zur Ruhe setzen sollte. Ich bin 62 Jahre alt und unausstehlich, wenn ich nichts zu tun habe. Und so lange die Arbeit für meinen Verlag Spaß macht – woran ich keinen Zweifel habe – werde ich wohl weitermachen. Möglicherweise findet sich ein neues Hobby, das mir mehr Spaß macht, aber ein solches sehe ich noch nicht.