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... Elke Pistor über »Das Portal«, das Morden und das Vergnügen dabei

Elke Pistor ... Elke Pistor ...
... über »Das Portal«, das Morden und das Vergnügen dabei

Elke Pistor ist eine ›mörderische Schwester‹. Das meint nicht, dass sie ihre Geschwister ›um die Ecke bringt‹, sondern zu einer Riege von Krimiautorinnen gehört. Vor kurzem legte sie ihre neueste ›Tat‹ vor: Der in Köln spielende Roman: »Das Portal«.

Anlässlich dieses Titel nahmen wir sie einmal selbst ins ›Kreuzverhör‹. Hier das Protokoll der Vernehmung ...


Zauberspiegel: Hallo Elke, du bist Autorin, und wie es auf deiner Internetseite www.elke-pistor.de steht, "Seit 2009 mordet sie sich mit dem größten Vergnügen (...) quer durch alle Gesellschaftsschichten, Personenkreise und Landschaften", bist Seminartrainerin, leitest Schreibseminare ... wie kamst du zum Schreiben und wie würdest du deine Liebe zum Schreiben begründen?
Elke Pistor: Wie ich zum Schreiben kam? Die Frage habe ich mir in den letzten Monaten oft selbst gestellt, und ich glaube, ich komme der Antwort langsam näher. Zu meinem 40. Geburtstag wollte ich mir etwas gönnen, das ich bisher noch nie gemacht hatte. So kam ich an einen Kurs für kreatives Schreiben in der VHS. Schnell bemerkte ich meinen Spaß am Verfassen der Texte und die positiven Rückmeldungen der anderen Teilnehmer. Da habe ich Feuer gefangen, mich der Sache intensiver gewidmet und meine Liebe zum Schreiben entdeckt. Wobei ich diese Liebe eher unter das Motto „nicht mit dir und nicht ohne dich“ stellen möchte. Schreiben ist anstrengend, weil es so viel fordert: Offenheit, Kreativität, Konzentration, Disziplin und Herzblut – ähnlich wie in einer Beziehung. Wenn ich schreibe, habe ich das Gefühl, mein Motor läuft auf 200% und ich gerate in eine Art „Writers-High“, wie ein Läufer. Aber es sind dieselben Aspekte, die das Schreiben auch so faszinierend machen - und für mich unverzichtbar.

Das Portal Zauberspiegel: Du lebst in Köln, hast an der Uni Köln studiert, dein Roman "Das Portal" spielt in Köln. Du scheinst sehr verbunden mit dieser Stadt zu sein. Was ist so reizvoll an Köln?
Elke Pistor: Köln ist meine zweite Heimat. Geboren wurde ich in der Nordeifel, wo ja auch meine Krimiserie um die Kommissarin Ina Weinz und den Förster Steffen Ettelscheid spielt. „Gemünder Blut“ ist der erste Band, im Herbst erscheint die Fortsetzung „Luftkurmord“. Zwischen diesen beiden Orten pendele ich hin und her. Sowohl mit den Themen meiner Bücher, als auch in Wirklichkeit.
An Köln begeistert mich, dass ich diese Stadt liebe, obwohl hier vieles im Argen liegt. Dieses ‚trotzdem‘, das ja ein Charakteristikum der Kölner ist. Ein weiterer Grund: Köln inspiriert mich. Vieles von dem, was hier in der Politik geschieht, bringt mich auf Ideen für meine Krimis. Die alte Geschichte der Stadt birgt Ideen für weitere Mystery Romane. Und da ist der Rhein – ich könnte mir nicht vorstellen, in einer Stadt ohne Fluss zu leben!

Zauberspiegel: "Das Portal" ist ja nicht nur "einfach" ein Krimi, das Buch spielt an der Grenze zwischen ... ja ... wie würdest du es nennen? Horror, Grusel, Fantasy?
Elke Pistor: Auf dem Cover des „Portals“ steht Mystery. Ich bezeichne es lieber als „Cross-Over-Plot“. Das Buch spielt auf verschiedenen Zeitebenen, die sich im Genre unterscheiden, aber ein gemeinsames Überthema haben. Der Mittelalterliche Handlungsstrang ist stark beeinflusst vom Historischen. Die Szenen, die in der Jetztzeit spielen sind Krimi. Gemeinsam ist beiden das Mystische, die Geschichte des Engels Halei und seiner Liebe zu Anna.

Zauberspiegel: Du nimmst eine Menge historischer Bezüge in "Das Portal". Da ist das Mithräum, die Engelsfigur des Doms, die Steinmetzfamilie Parler. Wieviel von all diesen Dingen sind historisch belegt, und wo überschreitest du die Grenze?
Elke Pistor: Bei den Vorarbeiten zum „Portal“ und auch während des Schreibens stapelte sich ein Bücherturm von ca. 1 Meter Höhe neben meinem Schreibtisch: Fachliteratur zur Kölner Stadtgeschichte, dem Leben im Mittelalter und zur Baugeschichte des Kölner Doms. Ich lege sehr viel Wert darauf, mich soweit an die Wirklichkeit zu halten, wie es die Fiction erlaubt. Das macht für mich einen besonderen Reiz aus, diese kleine Frage „Was wäre wenn …“
Die Mithräen, die Tempel des persischen Gottes Mithras, sind in Köln nachgewiesen. Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr. kamen die Mysterien dieses Lichtgottes, vermutlich durch die römischen Soldaten, an den Rhein. Diese Religion war geprägt durch griechisch-philosophisches Gedankengut und wies sehr viele Ähnlichkeiten mit dem Christentum auf. So habe ich zum Beispiel eine Quelle gefunden, die besagte, dass die Legende der heiligen drei Könige ursprünglich aus dem Mithraskult stammte. So etwas beflügelt dann meine Fantasie außerordentlich.
Die Parler-Familie hat es wirklich gegeben. Heinrich (der Vater) und Peter (der Sohn) sind reale Personen. Anna, die Schwester, bzw. Tochter der beiden ist erfunden, obwohl es sie so gegeben haben könnte. Ich habe auch viel über Frauenleben in dieser Zeit recherchiert. Die Angaben, die ich zum Bau des Doms mache, zur Arbeit der Steinmetze und zum Leben im mittelalterlichen Köln, orientieren sich alle an den Fakten, die ich gefunden habe. Zusätzlich habe sehr eng mit einer Kunsthistorikerin zusammengearbeitet, die das Manuskript in dieser Hinsicht auf Herz und Nieren geprüft hat.
Die Grenze zum Nachweisbaren überschreite ich ganz klar bei der Figur des Engels Halei, der in die (reale) Steinfigur des Glockenschwingenden Engels am Petersportal verband wurde. Diese Figur gab überhaupt den Anstoß zum „Portal“, als ich vor dem Dom stand, auf jemanden wartete und mir die Figuren anschaute. Da kroch dann wieder diese kleine Frage in meine Gedanken. „Was wäre, wenn du keine Steinfigur, sondern ein richtiger Engel wärst?

Zauberspiegel: Wenn du deine Romane schreibst, wie viel von dir steckt in so einer Geschichte? Willst du einen "tieferen Sinn" in deinen Erzählungen einbringen? Willst du den Leser "nur" unterhalten?
Elke Pistor: Nach dem Abitur habe ich zunächst eine Zeit lang eine Schauspielschule besucht und dort gelernt, als Schauspieler in der Figur aufzugehen, so denken wie sie, so reden wie sie und so handeln. Dazu muss man erst einmal eine Menge über die Figur wissen, ihr Leben, ihre Erfahrungen, ihre Gefühle. So arbeite ich meine Romanfiguren aus und so schreibe ich sie auch. Wenn ich aus der Perspektive einer bestimmten Figur schreibe, dann BIN ich die Figur, aber nicht umgekehrt. Die Figur ist nicht ich. Besonders gut lässt sich das am Beispiel von Mörderfiguren darstellen. Ich versuche dann, in diese Figur hineinzuschlüpfen. So zu denken wie sie, so zu handeln – auf dem Papier. Aber diese, oft verqueren Gedanken, wären nie meine!
Aus meinem eigenen Leben ziehe ich natürlich Inspiration. Begebenheiten, die ich erlebe, Dialoge, die ich höre, besonders auffälliges Verhalten von anderen Menschen, so etwas findet sich dann schon mal in der ein oder anderen Szene wieder.
Ich glaube, man kann den Leser nicht gut unterhalten, wenn das Buch keinen „tieferen Sinn“ hat. Der ist immer Teil der Handlung, treibt die Figuren an und bestimmt, was sie machen. Für mich ist der „tiefere Sinn“ immer der Punkt, an dem der Leser mit seinen eigenen Erfahrungen andockt und spürt , ‚ja, so etwas kenne ich‘, ‚dieses Gefühl ist mir vertraut‘, oder auch, ‚so hätte ich auch gehandelt‘. Von diesem Punkt aus geht er mit auf die Reise und lässt sich auf die Entwicklung ein, die die Figuren machen. Nimmt vielleicht davon etwas in seinen eigenen Erfahrungsschatz auf. Für mich ist der „tiefere Sinn“ nichts, was ich dem Leser mit erhobenem Zeigefinger einbläue, oder das ich auf Betroffenheitsplakaten vor mich her trage. Ganz im Gegenteil.

Zauberspiegel: Ein Teil der Frage steckt schon in der vorherigen Frage - dennoch: Teilweise wird Literatur heute immer noch unterschieden in ernsthafte Literatur und die reine Unterhaltungsliteratur, die gerne in Bezug zum Eskapismus geschoben wird. Was entgegnest du jemandem, der mit dieser Einstellung an deine Bücher herangeht?
Elke Pistor: Die Diskussion um ernsthafte und unterhaltende Literatur ist ein breites Thema, zu dem jeder seinen persönlichen Zugang finden sollte. Wenn ein Leser zu einem Buch greift, macht er das ja immer mit einer bestimmten Absicht. Diese Absicht ist bei jedem grundverschieden und wechselt beim Einzelnen auch je nach Stimmung, Bedürfnissen, Lebenssituationen. Manchmal will man sich entspannen, auf andere Gedanken kommen, ohne an die eigenen Probleme denken zu müssen. Was ist dann gegen Eskapismus einzuwenden, wenn er mit den Mitteln der Literatur betrieben wird? Zumal sich auch mit Literaturklassikern wunderbare Kopffluchten betreiben lassen. Zu anderen Zeiten möchte man sich bewusst mit einem Thema auseinander setzen und sucht in der Literatur nach Beispielen. In diesem Sinne bieten meine Bücher dem Leser hoffentlich das, was er gerade sucht.

Zauberspiegel: Gibt es ein Buch von dir, auf das du besonders stolz bist? Wenn ja warum?
Elke Pistor: ‚Besonders stolz‘ bin ich jedes Mal darauf, ein Manuskript vollendet zu haben. Es von der ersten Idee, über die Recherche bis zur letzten Seite gebracht zu haben. Wenn ich dann das erste Exemplar in den Händen halte, ist das ein tolles Gefühl.
Inhaltlich liegen mir alle meine Bücher am Herzen. Die Eifel-Krimiserie, weil ich hier die Möglichkeit habe, einige Figuren sich über eine lange Zeit entwickeln zu lassen, einen großen Teil ihres Lebens mit zu gehen und zu sehen, was aus ihnen wird.
Die Einzelprojekte geben mir immer Gelegenheit mich in neue Themenschwerpunkte einzuarbeiten und vieles neu zu lernen, zu erfahren. Wenn es mir gelingt, diese Themen so umzusetzen, dass die Leser sich auch über das Buch hinaus dafür interessieren, dann bin ich stolz. In der letzten Zeit haben mir einige Leser des „Portals“ Fotos von sich vor dem Petersportal des Kölner Doms zugeschickt und mir berichtet, sie hätten wegen des Buches eine Domführung gemacht, oder würden sich nun ganz neu für den Dom interessieren. Das ist toll! Dann bin ich stolz.

Zauberspiegel: Was liest du selbst gerne?
Elke Pistor: Ich lese gerne das, was ich selber schreibe oder schreiben möchte: Krimis, Mystery und ja, ich gestehe – gut gemachte, klischee-und kitschfreie Liebesromane.
Bisher habe ich es geschafft, beim Lesen tatsächlich auch Leser zu bleiben. D.h., ich habe nicht die Rezenssionsschere im Kopf, wenn ich die erste Seite aufschlage. Ich lasse mich gerne entführen, in die Welten zwischen den Seiten. Und wenn einem Buch gelingt, mein Kopfkino anzukurbeln – wunderbar.

Zauberspiegel: Wie vermeidest du den "Ideenklau" bei deinen Autorenkolleginnen und -kollegen? Lässt sich so etwas überhaupt vermeiden?
Elke Pistor: Wenn ich Krimi schreibe, lese ich Mystery und umgekehrt. Um zumindest schon einmal einen Genre-Riegel vorzuschieben. Natürlich beeinflussen einen Kollegen, deren Schreibe man gut findet, und man versucht, das Prinzip dahinter heraus zu finden, an den Büchern zu lernen. Aber direkter Ideenklau im Sinne von „der schreibt über Thema X, also mache ich das auch“ geht für mich gar nicht. Außerdem glaube ich, dass man mit einer „geklauten Idee“ sowieso nicht weit kommt. Weil es nicht die eigene ist, kann man sie nicht komplett durchdenken und rund machen. Und „Copy&Paste“ würde mich doch um den Spaß und den Flow beim Schreiben bringen …

Zauberspiegel: Du bist ja Mitglied der Mörderischen Schwestern. Was bedeutet dir diese Gruppe? Was ziehst du daraus, und wie bringst du dich ein?
Elke Pistor: Ich bin Mitglied bei den Mörderischen Schwestern, beim Syndikat und seit Kurzem bei DeLia. Ich bin absolut überzeugte Netzwerkerin und engagiere mich, soweit es meine Zeit zulässt. Bei den Mörderischen Schwestern bin ich zurzeit die Vertreterin der Westschwester Gitta Edelmann und wir organisieren gemeinsam die Treffen der Mörderischen Schwestern im Rheinland, Lesungen und was darüber hinaus ansteht. Für das Syndikat sitze ich ab 2012 in der Jury für den Friedrich-Glauser-Preis 2013 in der Sparte Debut. Bei DeliA bin ich erst sehr kurz und muss mich erst einmal umschauen.

Zauberspiegel: Wenn ich dich fragen würde, durch welches deiner Bücher man dich am besten kennenlernen kann. Welches wäre das?
Elke Pistor: Das ist schwer zu sagen. Ich würde sagen, immer das aktuellste Buch, da ich mich ja als Schreibern und im Leben (hoffentlich) immer weiter entwickele. Jede neue Erfahrung fließt ja in die Texte ein. Für den Herbst wäre das dann der „Luftkurmord“, der im September erscheint.
Meine richtig böse Seite findet man in meinen Kurzkrimis wieder, die ich mit großer Begeisterung schreibe und in verschiedenen Anthologien veröffentliche. Da haben mich Zuhörer auf meinen Lesungen schon als „optische Täuschung“ beschrieben: „Äußerlich lieb & nett und dann …“ Das macht mir dann besonders großen Spaß!

Kommentare  

#1 McEL 2011-07-24 23:50
Zitat:
Meine richtig böse Seite findet man in meinen Kurzkrimis wieder, die ich mit großer Begeisterung schreibe und in verschiedenen Anthologien veröffentliche.
Oh ja, die haben's in sich! Und was ich vom "Portal" schon gelesen habe (bin noch relativ am Anfang) hat mich auch in seinen Bann gezogen! Weiter so, Elke!
Gruß, Mara

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