Ost-West-Romanze - »Einmal Ku’damm und zurück«
Ost-West-Romanze
»Einmal Ku’damm und zurück«
Inszeniert hatte den Film 1983 Herbert Ballmann (1924-2009), der zwar in Dortmund geboren wurde, seine Regiekarriere aber in den frühen 1950er Jahren bei der DEFA in der DDR begann. Dort inszenierte er einen Dokumentarfilm über die jungen Pioniere („Blaue Wimpel im Sommerwind“), aber auch Abenteuer- und Familienfilme wie „Das geheimnisvolle Wrack“, „Der Teufel vom Mühlenberg“ oder „Das Traumschiff“. Ballmann war mit der Schauspielerin Gisela Uhlen verheiratet, die zwar in die DDR übergesiedelt war, aber dennoch auf Theaterengagements im Westen nicht verzichtete. Nachdem es mehrfach deswegen zu Unstimmigkeiten mit der Parteiführung gekommen war, verließ Ballmann 1959 die DDR und zog mit Uhlen in West-Berlin zusammen. Dort lieferte er in den 1960er Jahren zwar auch einige Beiträge zur Softsexfilmwelle („Eva – Der große Frauenreport“, „Helgalein – Trimm dich durch Sex“), wurde aber spätestens in den 1970er Jahren zu einem Experten für bodenständige Berliner Familiengeschichten, die er in Serien wie „Drüben bei Lehmanns“, „Ein Mann will nach oben“ oder später auch mit „Praxis Bülowbogen“ anschaulich abbildete.
Ulla Haferkorn (Ursela Monn) ist eine kecke Ost-Berlinerin, die eines Tages in strömendem Regen die S-Bahn zurück nach Hause verpasst. Thomas Stauffer (Christian Kohlund) hat ein Erbarmen und nimmt Ulla in seinem schicken Mercedes mit. Thomas ist Chefkoch in der Schweizer Botschaft in Ost-Berlin. Die beiden jungen Leute verlieben sich Hals über Kopf ineinander. Vor ihrem strengen Vater Karl (Peter Schiff) verheimlicht Ulla ihre Affäre mit dem Schweizer, da sich beide vertraglich dazu verpflichtet hatten, Kontakte mit Menschen aus dem Westen zu vermeiden. Trotzdem treffen sich die beiden weiterhin heimlich in ihrem Liebesnest, wo Ulla schließlich Thomas ihren sehnlichsten Wunsch offenbart: Sie möchte einmal mit ihm über den Kurfürstendamm in West-Berlin flanieren und mit eigenen Augen erleben, was ihr bislang verwehrt blieb. Thomas ist zunächst skeptisch, weil er vermutet, dass Ulla die Situation ausnützen könnte, um Republikflucht zu begehen. Oder ist sie vielleicht sogar eine Ost-Agentin, die auf ihn angesetzt wurde, um seine Loyalität zu überprüfen?
Auch in dieser liebenswert bodenständigen Mischung aus Romanze und Berliner Typenkomödie gelingt es Herbert Ballmann wieder ausgezeichnet, das damalige Lebensgefühl einzufangen. Da sich die DDR seinerzeit schon in ihrer finalen Phase befand, ist der Film heute darüber hinaus auch ein interessantes historisches Zeitdokument. Der mit beliebten Film- und Fernsehstars trefflich besetzte Film ist durchweg sehr unterhaltsam gestaltet und kann auch mit seinen lebensnahen Dialogen mit Berliner Mutterwitz überzeugen (als Dialogberater war u.a. Rainer Brandt in involviert, der König des Schnodder-Deutsch, der hier aber nicht über die Stränge schlug, sondern nah an den Berliner Typen blieb). Immer dann, wenn die Liebesgeschichte zu seicht zu werden droht, schlägt die Story neue Haken, die das Publikum bei Laune halten. Der DVD-Erstveröffentlichung des Films, die am 10. Dezember 2021 erscheint, diente offensichtlich ein Fernsehmaster als Grundlage, weswegen das recht ordentliche Bild im Vollbildformat 1,33:1 vorliegt. Der deutsche Originalton (in Dolby Digital 2.0) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Als Extras gibt es eine kleine animierte Bildergalerie mit Kinoaushangfotos sowie im DVD-Rom-Teil der Scheibe das Presseheft als PDF-Datei.