Hinter der Fassade der Macht - »Vom Webstuhl zur Weltmacht«
Hinter der Fassade der Macht
»Vom Webstuhl zur Weltmacht«
Der Journalist und Schriftsteller Günter Ogger (1941 in Ulm geboren) war Redakteur und Journalist bei einer ganzen Reihe bekannter Zeitschriften, insbesondere aus der Wirtschafts- und Technologiesparte. Bereits in den 1970er Jahren veröffentlichte er auch recht erfolgreiche Biografien über bedeutende Persönlichkeiten aus der Wirtschaft und Industrie, zunächst über den Rüstungsunternehmer Friedrich Flick, und schließlich im Jahr 1978 mit „Kauf dir einen Kaiser“ die Familiengeschichte der Fuggers, die vier Jahre später mit großem Aufwand u.a. in der Tschechoslowakei im Auftrag des Bayerischen Rundfunks von Heinz Schirk als Sechsteiler verfilmt wurde. Mit zwei weiteren Sachbüchern hielt sich Günter Ogger dann auch noch einmal in den frühen 1990er Jahren monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste, zunächst mit „Nieten in Nadelstreifen“ und zwei Jahre später dann noch einmal mit „Das Kartell der Kassierer“, in denen der Autor mit der deutschen Manager-Schicht abrechnete und etliche Fälle von Betrug, Korruption und Umweltsünden in den Führungsetagen deutscher Unternehmen entblößte.
Im Jahr 1367 gelingt es dem talentierten und ehrgeizigen Hans Fugger (Dieter Traier), in Augsburg seine Weberei zu einem stattlichen Familienbetrieb aufzubauen, der ihm und den kommenden Generationen Reichtum und die damit verbundenen monetären Möglichkeiten bescherte, mit denen sie sich noch in anderen Feldern profilieren und stetig weiter aufsteigen konnten. Nachdem die Familie durch Heirat das Bürgerrecht erworben und durch Baumwollhandel mit Italien zu den reichsten Bewohnern Augsburgs aufgestiegen war, gelang es Jakob Fugger, genannt „Der Reiche“ (Ernst Jacobi), im späten 15. Jahrhundert ein wahres Imperium zu schaffen, das sich aus dem Südwesten Bayerns bis ans Mittelmeer, bis nach Skandinavien und bis tief in den Osten Europas erstreckte. Seiner Ehe mit Sybille Arzt (Joseline Gassen) waren keinerlei Kinder vergönnt, da Jakob impotent war. Gönnerisch sah er deswegen über die Affäre seiner Frau mit deren Kindheitsfreund Conrad Rehlinger (Volkert Kraeft) hinweg, der ihr geben konnte, was ihr im Ehebett nicht gewährt wurde. Getreu dem Motto „Handel ist ein übles Geschäft“ gelang es Jakob Fugger aber zumindest in unternehmerischer Hinsicht, die Oberhand zu behalten. Man könnte ihn als Urheber des Preisdumpings bezeichnen, durch das er in den Besitz etlicher Kupferminen gelangte, die seinen unbeschreiblichen Reichtum weiter vermehrten. Trotz dieser oftmals unlauteren Mittel war die Familie Fugger angesehen beim Klerus und beim Adel, die sie nach Kräften unterstützten, um im Umkehrschluss danach selbst wieder ihren Nutzen daraus zu ziehen. Jakobs Neffe Antoni Fugger (Dietrich Mattausch), der nach dem Tode Jakobs die Führung des Familienbetriebs übernahm, war im 16. Jahrhundert dann allerdings für deren Rückfall in die Bedeutungslosigkeit verantwortlich.
Mit sichtbar großem Aufwand und einem aus deutschen Fernsehstars und vielen tschechischen Charakterdarstellern bestehendem Cast hat Heinz Schirk die sechsstündige Miniserie 1982 in Szene gesetzt. Die erste Folge reiht die Ereignisse allzu hastig aneinander und handelt darin schon mehr als zwei Generationen der Familie ab. Danach wird das Tempo gehörig gedrosselt, was es dem Zuschauer wesentlich einfacher macht, in dem üppigen Figurengeflecht besser zurechtzukommen. Der charismatische und erfolgreiche Jakob Fugger dominiert vier der sechs Folgen, die auch in Sachen Spannung einiges zu bieten haben. Immerhin geht es hier um die Einflüsse der Unternehmerfamilie auf das politische Geschehen im Land. Auch die Auseinandersetzungen zwischen dem päpstlichen Katholizismus und den Reformationen Martin Luthers werden immer wieder thematisiert. Ein anschaulicher, aber inhaltlich auch sehr vollgepackter historischer Abriss, der mit viel Ausstattungsaufwand und der passenden altertümlichen Sprache in eine überaus interessante Epoche entführt.
Die DVD-Wiederveröffentlichung der Miniserie auf zwei DVDs in der Reihe „Pidax Historien-Klassiker“ dürfte inhaltlich identisch sein mit der Erstveröffentlichung aus dem Jahr 2016 bei „Studio Hamburg Enterprises“ in der Reihe „Große Geschichten“.
Das Bild (im Vollbildformat 1,33:1) ist der Entstehungszeit entsprechend in Ordnung. Der deutsche Synchronton (in Dolby Digital 2.0) liegt bei Folge 3 leider etwas asynchron an, häufig sind auch leise Echoeffekte zu vernehmen, die vermutlich bei der Lagerung des Magnetband-Masters entstanden sein dürften.
Als Extra hat man auch bei dieser Edition wieder einen dreizehnminütigen Drehbericht mit aufgespielt, der bereits einige Monate vor der Erstausstrahlung der Serie in der Sendung „BR Intern“ mit Peter Schäcker Lust auf das kommende Fernsehgroßereignis machen sollte.